konnte man kaum etwas verstehen, doch Elen meinte, Fidelmas Stimme zu horen, wie sie auf die Pferde einredete. Nach einer Weile kehrte sie vollig durchna?t zuruck. Eadulf fand in der Hutte ein paar trockene Holzscheite. Mit Hilfe der Zunderbuchse, die er stets bei sich trug, hatte er bald ein Feuer angefacht. Fidelma legte ihren Mantel ab und stellte sich vor die lodernden Flammen, um ihre Kutte zu trocknen. Der Donner klang ferner, und der Regen war in ein leichtes Tropfeln ubergegangen. Das Unwetter zog nun auf das Landesinnere zu.

»So«, sagte Fidelma nach einer Weile, »vielleicht konnen wir jetzt noch einmal zur Sache kommen.«

»Ich habe Elen gefragt, warum sie sich entschieden hat, uns ihr Erlebnis im Wald anzuvertrauen ...«, fing Eadulf an.

»Ja, genau«, sagte Fidelma, an Elen gewandt, die sich wieder auf die Bank gesetzt hatte. »Warum hast du uns all das gebeichtet und nicht deinem Vater?«

»Ich hab es ja meinem Vater erzahlt.« Elens Stimme klang ganz ruhig.

»Wei? er, da? du uns ins Vertrauen ziehst?«

Sie nickte. »Ich habe es ihm gesagt.«

»Also Gwnda wei?, da? du uns triffst und uns diese Dinge erzahlst?« fragte Eadulf ein wenig fassungslos.

»Ja.«

»Und warum luftest du das Geheimnis ausgerechnet jetzt?« wollte Fidelma wissen.

Elen blickte sie mit erschrockenen Augen an. »Ich habe den Krieger wiedergesehen, der, der damals bei Clydog war. Ich glaube, er hat mich erkannt.«

»Wann war das?« fragte Fidelma.

»Heute nachmittag, als ich aus Cilau zuruckkehrte.«

»Und wo?«

»In Llanwnda. Versteht ihr denn nicht?« Ihre Stimme war vor Verzweiflung laut geworden. »Er war in Llanwnda. Ich bin mir sicher, da? er mich wiedererkannt hat. Mein Leben ist in Gefahr. Er wird es Clydog berichten, und Clydog wird merken, da? er die Falsche umgebracht hat.« Wieder begann Elen zu schluchzen.

»Wo hast du den Krieger in Llanwnda getroffen?«

»Bei Iorwerths Schmiede.«

Rasch blickte Fidelma zu Eadulf. »Bei Iorwerths Schmiede, sagst du?«

»Auf dem Ruckweg aus Cilau bin ich dort vorbeigekommen. Da sa? der Krieger in der Nahe der Schmiede und trank einen Becher Met. Ich bin mir sicher, da? er mich vorbeigehen sah und mich erkannt hat. Ich lief zugig vorbei, doch als ich mich kurz umsah, bemerkte ich, da? er aufgestanden war und sich mit Iorwerth unterhielt. Beide blickten mir hinterher.«

»Und das hast du alles deinem Vater erzahlt?«

»Er sagte, da? ich ein paar Tage verschwinden sollte, wahrend er die Dinge wieder ins rechte Lot bringen wollte.«

»Wirklich?« murmelte Fidelma.

»Ich sagte, da? ich euch davon erzahlen wurde.«

»Und er hatte nichts dagegen einzuwenden?« fragte Eadulf erstaunt.

»Er sagte, da? es so am besten sei.«

»Ich verstehe«, erwiderte Fidelma nachdenklich.

»Wirklich?« Elen war sehr aufgewuhlt. Ihre Stimme klang auf einmal ein wenig hysterisch. »Merkt ihr denn nicht, da? Iorwerth irgendeine Verbindung zu den Leuten haben mu?, die seine Tochter ermordet haben? Er hat sogar dafur gesorgt, alles zu vertuschen, indem er sich dem Pobelhaufen anschlo?, der den armen Idwal umbrachte.«

Kapitel 16

»Du vermutest doch nur, da? Iorwerth in die Sache verwickelt ist«, sagte Fidelma und versuchte Elen zu beruhigen.

Elen schuttelte trotzig den Kopf.

»Du mu?t logisch denken«, redete ihr Fidelma zu. »Der Krieger kann ebensogut in der Schmiede gewesen sein, um sein Pferd neu beschlagen zu lassen. Wieso glaubst du, da? er und Iorwerth etwas miteinander zu tun haben?«

»Weil sie miteinander gelacht und getrunken haben, als ich vorbeilief. Was sollte das sonst bedeuten, au?er da? sie unter einer Decke stecken? Ich wei?, da? er mich erkannt hat und Iorwerth gefragt hat, wer ich bin.« Das Madchen war offenbar sehr von seiner Sicht der Dinge uberzeugt.

»Wei?t du denn, was dein Vater inzwischen unternommen hat? Wollte er Iorwerth zur Rede stellen?«

»Ich wei? nicht, was er vorhat. Er sagte, ich solle verschwinden, bis er alles erledigt hatte.«

»Und er hatte nichts dagegen, da? du uns einweihst?« wollte Fidelma noch einmal wissen. Sie wandte sich Eadulf zu. »Ist es nicht eigenartig, da? er uns gegenuber nichts davon erwahnte, als wir bei Iorwerth in der Schmiede waren?«

»Vielleicht wollte er nicht, da? Iorwerth etwas davon erfahrt«, gab Eadulf zu bedenken.

»Vielleicht«, stimmte ihm Fidelma widerwillig zu. »Sag mir, Elen, meinst du, da? Iestyn auch damit zu tun hat?«

»Er ist Iorwerths Freund.«

»Doch was fur eine Art Mann ist er?«

»Heute ist er Bauer. Aber fruher hat er als Krieger an vielen Kampfen teilgenommen. Jetzt ist er alt, alt und verbittert, und meint, da? die Jugend ihm nicht genugend Respekt zollt.«

»Wo genau liegt sein Hof?« fragte Fidelma interessiert.

»Kennst du die Brucke uber den Flu?, die in die Ortschaft hineinfuhrt? Dort, wo sich Iorwerths Schmiede befindet?«

»Ja.«

»Ehe man die Brucke uberquert, biegt man nach rechts ab und folgt dem Pfad. Ungefahr eine Meile am Flu? entlang. Am Ende des Weges liegt sein Gehoft.«

»Ist er verheiratet?«

»Er war verheiratet.«

»Kinder?«

»Sind alle in den Grenzkriegen fur Gwlyddien gefallen. Das ist ein Grund fur seine Verbitterung.« Elen schwieg kurz und blickte von einem zum anderen. »Es ist spat geworden. Wi?t ihr jetzt genug von mir?«

Fidelma nickte.

»Was hast du vor?« fragte Eadulf das Madchen, als es aufstand und sich den Mantel um die Schultern warf.

»Ich will fort von hier. Ich habe den Dienern meines Vaters gesagt, da? ich in Cilau bei meiner Cousine bleibe. Doch dorthin werde ich nicht gehen.«

»Wohin denn dann?« fragte Fidelma. »Mach dir keine Gedanken, du kannst uns voll vertrauen. Falls ich diesen Fall lose, was ich vorhabe, mu? ich wissen, wo du dich aufhaltst. Du konntest als Zeugin gebraucht werden.«

»Du wirst es niemandem verraten?« fragte das Madchen unsicher.

»Nein.«

Elen blickte zu Eadulf, der ebenfalls nickte.

»Sudwestlich von hier liegt ein Ort namens Llanrhian. Dort habe ich eine Freundin. Da will ich hin.«

»Etwa noch heute nacht? Bei diesem Wetter?«

»Besser nachts. Ich kenne den Weg sehr gut, niemand wird mich sehen.«

In der Ferne rollte der Donner. Elen zuckte zusammen. Dann fuhr ihre Hand in eine Tasche ihres Kleides, holte etwas hervor und reichte es Fidelma.

»Ich mochte, da? du das aufbewahrst. Idwal hat es mir gegeben, damit ich es fur ihn hute. Es war das einzig Wertvolle, was er besa?. Er furchtete, die Leute, die ihn gefangengenommen hatten, wurden es ihm

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