Geste. »Ich bin neugierig und wollte wissen, wer sich da mit wem stritt und woruber.

Auf einer kleinen Lichtung abseits des Weges, den ich geritten war, waren drei Manner so in ihren Streit vertieft, da? ich, hinter ein paar Strauchern verborgen, sie aus allernachster Nahe betrachten konnte. Einer von ihnen war ein Monch, ein Mann mit breiten Schultern. Ich mu? ihm schon irgendwo begegnet sein, doch ich wei? nicht, wo.«

»Wieso kam er dir bekannt vor?« fragte Eadulf verwundert.

Das Madchen dachte nach. »Das kann ich nicht genau sagen. Vielleicht habe ich mich auch geirrt. Es war einfach so ein Gefuhl.«

»Erzahl weiter«, forderte Fidelma sie auf. »Hast du die anderen erkannt?«

»Nur einen von ihnen. Das war Clydog Cacynen.«

»Woher kennst du ihn?«

»Vor ein paar Monaten lief ich mit einer Freundin nach Llanferran, und wir kehrten in Goffs Herberge ein, um uns zu starken.«

»Da war ich auch schon«, meinte Fidelma.

»Als wir eintrafen, ritten Clydog und seine Manner vor und verlangten von Goff, da? er ihre Pferde neu beschlagt. Sie hatten es viel zu eilig, als da? sie uns beiden Madchen bemerkt hatten. Da sah ich Clydog zum erstenmal und erkannte ihn folglich im Wald wieder.«

»Was ist mit dem dritten Mann?« wollte Eadulf wissen.

Elen schuttelte den Kopf. »Keine Ahnung, wer das war. Irgendein Krieger.«

»Also einer von Clydogs Mannern?«

»Vielleicht.«

»Trug er einen Helm und hatte blaue Augen?«

»Er trug keinen Helm. Ich glaube, er hatte sandfarbenes Haar, doch seine Augenfarbe . Ich bin mir nicht sicher.«

»Und worum drehte sich die heftige Auseinandersetzung?«

»Ich habe wenig verstanden. Das Eigenartige war .« Sie zogerte. »Das Eigenartige war, da? der Monch Clydog und dem anderen Mann Befehle erteilte.«

»Kannst du dich genau daran erinnern, was gesagt wurde?«

»Nicht so recht. Ich entsinne mich nur, da? Clydog etwas uber einen Plan sagte, der . Wie war doch gleich das Wort? . der zu verworren war, das war es. Verworren und keine Aussicht auf Erfolg hatte.«

»Was fur ein Plan?«

Elen zuckte mit der Schulter. »Das wei? ich nicht. Der Monch wandte sich an Clydog und sagte etwas wie, da? er seine Anweisungen befolgen musse, sonst wurde es ihm schlecht ergehen. Etwas in der Art.«

»Was hat Clydog daraufhin erwidert?«

»Er war trotzig, doch schien er dem Monch gegenuber zu einer gewissen Ehrerbietung verpflichtet.«

»Das klingt nicht nach dem Clydog, den wir kennengelernt haben«, murmelte Eadulf. »Der hatte keinen Respekt vor Nonnen und Monchen.«

Elen lachelte schwach. »Du hast recht, Angelsachse. Clydog respektiert den christlichen Glauben nicht. Daruber erzahlen sich die Leute hier jede Menge Geschichten. Er soll ein grausamer und boser Kerl sein. Der Konig selbst hatte Krieger gesandt, um ihn aus den Waldern zu vertreiben, doch ohne Erfolg.«

»Doch diesem Monch gegenuber zeigte er Ehrerbietung?« sann Fidelma nach. »Sprich weiter, Elen. Was geschah dann?«

»Der andere Mann, der Krieger, schien eher auf Seiten des Monches zu stehen. Er sagte etwas wie, der Konig hatte diesen Plan selbst ausgearbeitet, daran erinnere ich mich. Und der Erfolg sei garantiert, wenn man ihn genau einhielte.«

Eadulf blickte zu Fidelma. »Der Konig? Gwlyd-dien?«

Elen zuckte die Schultern. »Er sagte einfach nur >der Konig<. Gwlyddien ist der Konig von Dyfed. Clydog wies das zuruck. Er sagte etwas wie, unter dem Zwang des Schwertes die Macht ubernehmen. Der Monch meinte, da? sich alle Konigreiche gegen sie wenden wurden, wenn sie nicht einen gesetzlichen Anspruch darauf erkennen konnten. Genau in dem Moment schnaubte mein Pferd und stampfte mit den Hufen.

Clydog und der Krieger blickten beunruhigt in meine Richtung. Ich rannte los. Ich horte, wie sie hinter mir herriefen und mich verfolgten. Ich sprang auf mein Pferd und galoppierte davon. Sie hatten ihre Pferde offenbar ein Stuck entfernt abgestellt, denn sie sind mir nicht weiter auf den Fersen geblieben.«

Fidelma setzte sich nachdenklich auf ihrem Schemel zurecht. »Weshalb bist du uberzeugt davon, da? du und nicht Mair dran glauben sollte?«

»Mair und ich waren gleich alt, wir hatten eine ahnliche Figur und die gleiche Haarfarbe. Manchmal hat man uns fur Schwestern gehalten. Erst als ich uber Mairs Tod nachdachte und mir klar wurde, da? der arme Idwal nie und nimmer ihr Morder gewesen sein kann, da wurde mir das bewu?t.«

»Was wurde dir bewu?t?« fragte Eadulf.

»Da? Clydog mich kurz gesehen haben mu?, als ich vor ihm floh. Er glaubte wohl, ich hatte etwas Wichtiges belauscht, etwas Geheimes. Ich nehme an, da? Clydog Mair im Wald begegnet ist und sie mit mir verwechselt hat. Ich denke, da? Clydog sie umgebracht hat.«

Fidelma reagierte nicht weiter auf Elens Behauptung, sondern fragte: »Hast du jemandem erzahlt, da? du das Gesprach der drei Manner mit angehort hast?«

Elen verneinte.

»Aber deinem Vater hast du es doch sicher gesagt? Als Furst von Pen Caer ist er die oberste Gewalt hier. Er sollte uber alle finsteren Machenschaften auf seinem Gebiet Bescheid wissen.«

Das Madchen schuttelte abwehrend den Kopf. »Ich dachte, es ware besser, die Sache fur mich zu behalten. Ich habe mich vor Clydogs Rache gefurchtet, und das, wie sich spater zeigte, mit gutem Grund.«

»Doch nachdem Mair tot war, hast du es da nicht fur kluger erachtet, deinen Vater einzuweihen?« fragte Eadulf.

»Nein, das habe ich nicht getan. Vielleicht war das selbstsuchtig, vielleicht auch gefuhllos. Ich war der Meinung ...« Auf einmal begann sie zu schluchzen. Nach einer Weile sagte sie: »Ich empfand nur Erleichterung, als mir klar wurde, da? Mair an meiner Stelle das Opfer geworden war. Ich dachte, da? es nun ein Ende hatte. Da? Clydog nicht mehr hinter mir her sein wurde. Da? ich von jetzt an nichts mehr zu befurchten hatte. Das war alles, was ich dachte. Moge Gott mir vergeben.«

Fidelma lehnte sich vor und beruhrte den Arm des Madchens. »Dein Verhalten war ganz normal, Elen. Also hast du dein Geheimnis fur dich bewahrt?«

Elen trocknete sich die Augen und nickte.

»Und warum hast du beschlossen, uns das alles jetzt zu offenbaren?« erkundigte sich Eadulf.

Elen schaute ihn verwirrt an, doch Fidelma lachelte ihr aufmunternd zu. »Das ist eine gute Frage«, sagte sie. »Du hattest ja weiter daruber schweigen konnen. Du hattest es niemandem zu sagen brauchen.«

Elen hielt den Kopf gesenkt.

»Nun komm schon, es mu? doch einen Grund geben, oder?« redete ihr Fidelma zu.

Plotzlich blitzte es, dann folgte ein ohrenbetaubender Donner. Ganz in der Nahe krachte es laut, ein Feuerschein verriet, da? der Blitz in einen Baum gefahren war.

Die Pferde wieherten. Ein dumpfer Schlag traf eine Wand der Hutte, denn eines der Pferde hatte sich aufgebaumt und war mit den Vorderhufen dagegen getreten.

Elen war erschrocken aufgesprungen.

»Beruhige dich. Es ist nur das Gewitter«, erklarte ihr Fidelma. Sie ging zur Tur. Heftiger Regen prasselte herab und verwandelte den Boden um die Hutte herum in einen Schlammflu?. Als Fidelma zum Himmel aufschaute, zuckte gerade ein weiterer Blitz auf. Diesmal war der Abstand zwischen Blitz und Donner gro?er. »Ich sehe besser mal nach den Pferden«, sagte Fidelma.

»Du kannst da jetzt nicht rausgehen«, entgegnete ihr Eadulf. »Ich werde das machen.«

»Eadulf, du sagst immer, da? du dich mit Pferden nicht gut auskennst. Ich kann besser mit ihnen umgehen und werde sie beruhigen.«

Schon wieder blitzte es. In Gedanken zahlte Eadulf die Sekunden zwischen Blitz und Donner.

»Das Unwetter zieht ab«, verkundete er eher voller Hoffnung als mit Gewi?heit.

Fidelma zog sich ihren Wollmantel uber den Kopf und trat hinaus. Durch das Prasseln des Regens hindurch

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