sicher niemand mehr so spat hier vorbeikommen, oder?«

Iestyn lachte bitter.

»Niemand kommt hier in einer solchen Nacht vorbei. Das da vorn ist der einzige Weg vom und zum Ort. Das wei?t du. Und uberhaupt, warum macht ihr euch solche Sorgen? Ich hatte mir mehr Gedanken daruber gemacht, am hellichten Tag in den Ort zu reiten. Man hatte dich erkennen konnen.«

Der dritte Mann lachte auf. »Ich glaube nicht, da? man mich erkannt hat. Dagegen habe ich das Madchen wiedererkannt. Doch ich bin mir sicher, da? sie nicht wu?te, wer ich bin. Egal, ich wei? ja nun, wer sie ist. Gwndas Tochter.«

»Genau«, warf Corryn ein. »Was ist, wenn sie jemandem etwas erzahlt hat? Das Ganze war sehr gefahrlich. Es konnte alle unsere Plane zunichte machen.«

»Doch nur, wenn sie etwas aufgeschnappt hat. Sie hat wahrscheinlich gar nichts mitbekommen. Dennoch geht alles viel zu schleppend voran. Ceredigion kann nicht langer hingehalten werden.«

»Wenn Artglys mit Dyfed ein Bundnis eingehen will, mu? er warten«, hielt ihm Corryn vor. »Wir haben soviel Zeit damit zugebracht, den Plan heranreifen zu lassen, da werden wir ihn doch jetzt nicht einfach aufgeben. Und welche Wahl hatte Artglys denn? Er hat keine.«

Der andere zuckte mit den Schultern. »Die Krieger von Ceredigion sind gut ausgebildet und bereit zum Kampf. Wir konnen sofort in den Krieg ziehen.«

Corryns Stimme klang herausfordernd. »Glaubst du denn etwa, da? in Dyfed Schwachlinge leben? Wie oft ist Ceredigion schon gegen Dyfed in den Krieg gezogen? Seit Ceredigs Zeiten habt ihr immer neidisch auf dieses Konigreich geschaut. Oft habt ihr versucht, es zu erobern, aber es hat euch widerstanden. Es wird sich nicht bezwingen lassen, nur weil Ceredigion in die Schlacht zieht; es wird nur durch eine List zu erobern sein. Also wollen wir uns schon an den Plan halten, den wir so sorgfaltig ausgearbeitet haben.«

Der Dritte schob zornig die Kinnlade vor. »Der Plan wird befolgt, solange mein Lord Artglys es sagt!«

»Dann solltest du besser deinen Konig fragen, ob er an dem Bundnis noch interessiert ist oder nicht.« Corryn wandte sich ab.

»Und du solltest Clydog nach seinen Absichten fragen!« rief ihm der Krieger zu.

Corryn drehte sich rasch um. »Clydogs Absichten sind nicht die meinen!« fuhr er ihn barsch an. »Geh nur und teile Artglys’ Handlanger, dem guten Morgan, mit, da? er mit der nachsten Stufe des Plans beginnen sollte. Wir mussen dafur sorgen, da? Gwlyd-dien selbst bald loslegt. Offensichtlich braucht es noch ein paar Leichen mehr, um seine Wut zum Uberkochen zu bringen. Noch ein paar niedergemetzelte Monche am Strand konnten ihn vielleicht in Rage versetzen. Verstehst du?«

Der dritte Mann schien zu zogern. »Nun gut«, sagte er dann. »Ich begreife jetzt, warum man dich die Spinne nennt, mein Freund. Warten, Ranke schmieden, beobachten, und dann ... Wollen wir hoffen, da? wir Geduld bewahren. Ich werde Artglys sagen, was du wunschst.«

Ohne ein weiteres Wort lie? er die anderen beiden stehen und ging zu seinem Pferd. Er sa? auf und verschwand im Dunkel der Nacht, ohne sich noch einmal umzusehen.

Iestyn stand noch neben Corryn und hielt die Laterne hoch, so als wurde er dem Davonreitenden hinterherblicken.

»Ist das ein arroganter Kerl, mein Herr«, sagte der Bauer abschatzig.

»Ein wahres Wort«, stimmte ihm Corryn zu. »In den kommenden Tagen sollten wir uns ein Urteil uber ihn bilden. Denk daran, da? es sich hier nicht um einen foedus amorum handelt, sondern um einen Vertrag zu unserem Nutzen, der aufgelost werden kann, sobald das Ziel erreicht ist.«

»Vertraust du Clydog, Herr?«

»Uberhaupt nicht.« Corryn lachte laut. »Sein Vater tut das wohl auch nicht, wie mir scheint. Hat er Cly-dog nicht losgeschickt, um in Dyfed Unruhe zu stiften und nicht in seinem Haus? Da fallt mir ein, da? ich zu ihm mu?. Gibt es sonst noch etwas Neues von dieser Frau ... der Gwyddel und ihrem sachsischen Freund?«

»Sie sind wieder da und haben sogar mich und Ior-werth ausgehorcht. Die Gwyddel interessiert sich aber mehr fur Mairs Morder als fur unsere Machenschaften.«

»Konnte Iorwerth etwas ausgeplaudert haben, was sie auf unsere Spur fuhrt? Dieser Idiot aus Ceredigion hatte nicht sein Pferd in Iorwerths Schmiede beschlagen lassen durfen.«

Iestyn schuttelte schnell den Kopf. »Was sollten sie erfahren haben? Geheime Informationen uberbringen wir im geheimen. Iorwerth hat damit nichts zu tun; es besteht keine Moglichkeit, unserem Plan zuvorzukommen.«

Corryn schwieg eine Weile. »Du hast vielleicht recht, mein Freund. Doch die Schwester ist keine Narrin. Ich habe gehort, da? diese Richter an den Gerichten von Ei-reann sehr listenreich und findig arbeiten. Sie sicher auch. Und der Sachse ebenso. Mir ist es unbegreiflich, wie leicht sie Clydog reinlegten und aus seinem Lager fliehen konnten. Doch es ist ihnen gelungen!«

»Wenn die Zeit reif ist, wirst du mit ihnen abrechnen konnen, Herr«, sagte Iestyn. »Jedenfalls haben sie keine Ahnung.«

»Trotzdem, Iestyn, mir gefallt es nicht, da? sie hier die Leute verhoren.«

Iestyn lachte in sich hinein. »Mich mogen sie befragen, Herr. Hab keine Angst. Der Plan ist sicher. Sie scheinen sich nur fur Mairs Tod zu interessieren.«

»Ich verlasse mich auf dich, Iestyn«, erwiderte der andere, »denn du wei?t, was dir Verrat einbringt.«

Auf einmal herrschte Schweigen zwischen ihnen. Dann ging Corryn zu seinem Pferd und sa? auf.

»Halte mich uber die ublichen Kanale auf dem laufenden, Iestyn. Wenn Morgan seine Anweisungen befolgt, wird Gwlyddien bald etwas unternehmen. Wenn er erst einmal angestachelt ist ... Das Konigreich gehort uns!« Er hob zum Abschied die Hand und ritt in die Nacht hinein.

Iestyn sah ihn in der Dunkelheit verschwinden und ging zu seinem Hund. Der lag vor der Scheune, den Kopf zwischen den Pfoten; er jaulte.

»Gib Ruhe, Ci, du dummes Tier.«

Der Hund stand auf und bellte.

Iestyn sah sich zogernd um. Fidelma und Eadulf duckten sich tief hinter die Schweinestallwand.

»Oh, ich wei?«, sagte Iestyn. »Ich habe vergessen, dich zu futtern. Keine Sorge. Ich habe einen Knochen fur dich.« Er ging zum Haus zuruck.

Fidelma packte Eadulf am Arm, und kurz darauf waren sie beide uber die Mauer geklettert. Der Hund hatte sie bemerkt und fing wieder an zu bellen. Sie horten Iestyns verargerte Stimme.

»Halt die Schnauze, du dummer Koter! Ich bringe den Knochen sofort!«

Fidelma und Eadulf eilten, so schnell sie konnten, zu den Pferden. »Komm, blo? fort von hier«, flusterte Fidelma.

Als sie von der Scheune fortritten, schob sich plotzlich der Mond zwischen den Wolken hervor. Doch er konnte die stockfinstere Nacht kaum erhellen.

»Auf den Weg konnen wir nicht zuruck«, sagte Fidelma. »Falls Iestyn den Hund losbindet, wird er uns einholen, und Corryn ist auch noch nicht weit genug weg. Vielleicht kehrt er noch einmal um.«

Eadulf sondierte den Flu?. »Hier ist eine Furt. Da ist er flach genug. Geh du voraus, Fidelma.«

Folgsam fuhrte sie ihr Pferd ins Wasser und trieb es voran. Das Gerausch, das dabei entstand, wurde vom Rauschen des Flusses ein wenig weiter aufwarts gedampft, denn dort drangte das Wasser uber eine Barriere aus Felsen und Steinen, fast einem Wasserfall gleich. Eadulf folgte Fidelma dichtauf. Er konnte immer noch das Bellen des Hundes hinter ihnen horen.

Die Pferde stiegen mit Leichtigkeit die Uferboschung hinauf und verschwanden mit ihren Reitern bald in dem Baumdickicht, das den Flu? saumte. Dort einen Weg ausfindig zu machen war nicht einfach, doch schlie?lich gelangten sie auf einen schmalen Pfad. Er schien in die Ortschaft zu fuhren.

Als sie eine ziemliche Strecke geritten waren, brach Eadulf das Schweigen.

»Warum sind wir nicht dort geblieben und haben Iestyn zur Rede gestellt?«

Fidelma gonnte ihrem Pferd eine Pause. »Das ware der falsche Zeitpunkt gewesen«, sagte sie.

»Corryn war doch fort«, meinte Eadulf. »Unser Erscheinen hatte Iestyn vielleicht uberrascht, ihn zu einem Gestandnis veranla?t.«

Sie schuttelte den Kopf. »Ganz im Gegenteil, ich glaube, da? selbst Iestyn dann gewu?t hatte, warum sein Hund so laut angeschlagen hat. Jetzt haben wir die besseren Karten in der Hand. Wir kehren mit Kenntnissen zuruck, die Iestyn uns nicht zutraut.«

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