reden nur von Frieden, Liebe und Aufrichtigkeit. Doch du bist ein Mann, der sich einreihen darf bei jenen, die Tiw, dem machtigen Gott des Krieges und der Kriegskunst, dienen.«
Eadulf nahm das Kompliment ohne Widerrede an. Schlie?lich war es gar nicht so lange her, da? er Wotan, Tiw, Thunor, Frigg und den ganzen Kreis der sachsischen Gotter anbetete.
Osric erteilte seinen Mannern ein paar Befehle, und sie ruderten mit dem Boot auf die im Wasser treibenden Toten zu, die sich langsam Richtung Ufer bewegten.
Osric kehrte zu Eadulf zuruck. »Ich werde dir hier helfen.«
Zusammen hoben sie den ersten Toten hoch und kletterten muhsam zum Fu? der Klippen, dort legten sie ihn ab. Eadulf untersuchte die verschiedenen Hohleneingange. Er wahlte jenen, wo einem, der nur fluchtig hineinblickte, die Leichen verborgen blieben. Osric und Eadulf trugen den ersten Toten hinein. Als sie den zweiten holen wollten, waren Osrics Manner schon mit dem nachsten eingetroffen und holten auch noch die beiden anderen Leichen. Eadulf sorgte inzwischen dafur, da? es keinerlei Spuren gab, die Fremde zu der Hohle locken konnten.
»Was machen wir jetzt, Eadulf, der Christ?«
»Jetzt werde ich nach Llanwnda zuruckkehren und versuchen, auf diese oder jene Weise herauszufinden, was hinter alldem steckt.«
Osric schuttelte den Kopf und lachelte. »Du bist ein mutiger Mann, da? du unter diesen Barbaren bleibst.«
»Hast du jemals daruber nachgedacht, Osric«, erwiderte Eadulf lachelnd, »wie verruckt die Welt ist, wenn ein Volk das andere jeweils fur barbarisch halt?«
»Eines Tages werde ich moglicherweise Zeit haben, mich naher mit deinem christlichen Glauben zu beschaftigen, Eadulf. Wer wei?, vielleicht konnen wir davon noch etwas lernen?«
»Vielleicht«, stimmte ihm Eadulf feierlich zu.
Der junge Adlige hob zum Abschied die Hand und lief zum Strand hinunter zu seinem Boot. Eadulf ging raschen Schrittes den Weg zu den Klippen hinauf, dorthin, wo sein Pferd angebunden war. Als er zuruckblickte, bemerkte er, da? der neue hohe Mast aufgerichtet war. Es wurde nicht mehr lange dauern, bis Osrics Schiff aus der Bucht herausfuhr.
Er stieg auf sein Pferd und ritt in raschem Galopp Richtung Llanwnda.
»Du bist aber lange fort gewesen! Ich habe auf dich gewartet!«
Eadulf hatte gerade die kleine Brucke uber den Flu? erreicht, der die Grenze von Llanwnda bildete. Fidelmasa? auf einem umgefallenen Baumstamm, ihr Pferd hatte sie in der Nahe angebunden.
Eadulf hielt an und sa? ab. »Es ist etwas Ungewohnliches passiert, das hat mich aufgehalten«, erwiderte er.
»Mochtest du mir davon erzahlen?« fragte sie.
Er blickte auf die Hauser des Ortes, die offenbar immer noch verlassen waren. »Wo sind sie alle hin?«
»Sie halten sich irgendwo versteckt, schatze ich. Sie trauen den Sachsen nicht. Ich habe einem von Gwndas Leuten gesagt, da? sie nichts zu befurchten hatten, doch er hat mir wohl nicht geglaubt.«
Die Pferde am Zugel haltend, gingen sie uber die Brucke nach Llanwnda hinein. Eadulf berichtete ihr rasch alles, was geschehen war und was er getan hatte.
Fidelma dachte ein ganze Weile nach. »Das ist ziemlich raffiniert«, sagte sie schlie?lich.
Eadulf zog eine Augenbraue hoch. »Raffiniert wurde ich es nicht gerade nennen.«
»Man kann diese Vorkommnisse mit keinem anderen Wort beschreiben. Sag mir - und la? dich nicht von einem falschen Gefuhl der Verbundenheit zu deinen Landsleuten leiten -, traust du diesem Osric?«
Eadulfs Gesicht verfinsterte sich sofort. »Was meinst du mit trauen?«
»Glaubst du seine Geschichte? War es wirklich das Schiff dieses Morgan von Gwent, welches er verfolgte und welches spater in die Bucht gesegelt kam?«
»Soweit es meine Fahigkeit betrifft, jene zu erkennen, die es nicht so genau mit der Wahrheit nehmen, kann ich sagen, da? er die reine Wahrheit sprach. Er hat auch nicht verstanden, warum das rote Drachenschiff ihn und seine Mannschaft nicht vernichtet hat, als es die Moglichkeit dazu hatte.«
Fidelma nickte rasch. »Das ist hochst seltsam. Sicher, wer immer Kapitan auf dem Schiff ist, er hatte gewu?t, da? Osric nicht noch einmal darauf warten wurde, sich angreifen zu lassen, oder? Warum haben sie die Chance nicht genutzt? Du meinst, dieser Morgan wollte einfach nur die Leichen in der Bucht abladen? Da? die Sachsen fur das Gemetzel verantwortlich gemacht werden sollen, liegt klar auf der Hand. Doch aus welchem Grund?«
»Das habe ich mich auch schon mehrere Male gefragt.«
»Wenn es sich bei den Leichen um die Monche aus Llanpadern handelt und wenn es nicht Osrics Manner waren, die das Kloster uberfallen haben, warum sollte es Morgan gewesen sein? Und warum will er den Angelsachsen dafur die Schuld zuschieben?«
»Ich bin mir sicher, da? wir den Namen Morgan erst vor kurzem irgendwo gehort haben, und ich versuche mich zu erinnern, wo es war.«
»Du hast recht, Eadulf. Corryn hat den Namen letzte Nacht erwahnt. Doch handelt es sich um den gleichen Morgan?«
»Gute Frage. Es hangt von uns ab, eine gute Antwort darauf zu finden.«
»So ist es«, sagte Fidelma munter.
Sie standen gerade unweit von Iorwerths verlassener Schmiede. Da sie nun schwiegen, konnten sie Pferdegetrappel horen. Mindestens drei oder vier Pferde schienen sich ihnen zu nahern.
Instinktiv winkte Fidelma Eadulf zu, ihr rasch zu folgen und mit seinem Pferd ebenfalls hinter einem benachbarten Gebaude Schutz zu suchen.
»Was ist das?« fragte Eadulf.
Fidelma legte einen Finger an die Lippen.
Das Pferdegetrappel war verstummt. Fidelma spahte um die Ecke. Eadulf war uberrascht, da? sie sich sofort wieder zuruckzog.
»Clydog!« flusterte sie erschrocken.
Eadulf sah sich nach einem besseren Versteck oder einer Fluchtmoglichkeit um.
»Warte!« flusterte Fidelma und schaute wieder vorsichtig um die Ecke. »Er sitzt noch auf dem Pferd. Bei ihm sind noch zwei Leute.«
Zu ihrer Uberraschung horten sie, wie die Tur von Iorwerths Schmiede aufging und eine wohlbekannte Stimme Clydog begru?te. Es war Iestyn.
»Du bist ein Narr, dich an diesem Ort mit mir zu treffen!« fuhr der Bauer Clydog an.
Clydogs boshaftes Lachen war zu horen. »Begru?t ein Gastgeber so einen Reisenden, Freund Iestyn?«
»Gwnda und die anderen konnten jeden Moment zuruckkehren. Und diese lastige Gwyddel und ihr Kumpan, der Angelsachse, vielleicht auch.«
»Ah, die wurde ich gern wiedersehen. Sie schulden mir noch die Genugtuung, mich an ihnen zu rachen«, sagte Clydog nun.
»Sie sind dir schon einmal entwischt, nicht wahr?« spottete Iestyn. »Unser gemeinsamer Freund Corryn hat mir haarklein davon erzahlt. Unterdessen haben deine groben Fehler fast alles ruiniert. Die beiden stellen zu viele Fragen und kommen der Wahrheit naher und naher.«
»Was bist du da beunruhigt? Artglys von Ceredigion wird dir allzeit Schutz gewahren.«
»Jede Minute, die sich die Gwyddel und der Angelsachse in Llanwnda aufhalten, gefahrdet unser Vorhaben. Deshalb solltest du dich um sie kummern.«
»Keine Sorge. Das werde ich tun. Doch zuvor sind wichtigere Dinge zu erledigen. Wir haben reichlich Zeit.«
»Wann gibt man uns das Zeichen?« fragte Iestyn.
»Sobald wir horen, da? Gwlyddien nach Osten marschiert.«
»Ich kann nicht langer bleiben. Es war dumm von dir, hierherzukommen. Warum hast du mich herbestellt?«
»Um dir zu sagen, da? Morgan seinen Auftrag erfullt hat. Nun mu?t du deinen erfullen«, sagte Cly-dog.
»Keine Sorge. Ich werde das Meinige tun, da? Gwlyddien von den letzten Ausschreitungen der Angelsachsen erfahrt. Ist sonst alles nach Plan gelaufen?«