»Bisher ja.«
»Ich bleibe dabei, diese Gwyddel und ihr Gefahrte konnten unsere Plane durchkreuzen.«
»Keine Angst, Iestyn. Bald geht es los. Das Volk von Dyfed traut den Angelsachsen doch alles zu. Ich habe einen meiner Manner mit der Nachricht von den sachsischen Uberfallen zur Abtei Dewi Sant geschickt. Wenn das keine Wirkung tut bei dem alten Narren Gwlyddien und er nicht in den Krieg zieht, dann werden seine Leute die Dinge selbst in die Hand nehmen. Ganz gleich, wie, wir werden die Sieger sein. Sorge du nur dafur, da? ein paar Leute von hier die Leichen und das sachsische Schiff bald in Augenschein nehmen.«
»Was ist, wenn es nicht klappt?«
»Es wird klappen. Sobald Gwlyddien gezwungen ist, gegen die Sachsen anzutreten, wird Artglys von Ceredigion von Suden in das Konigreich einfallen und innerhalb von ein, zwei Tagen werden wir zu dem neuen Konig aufschauen.«
»Vergi? nicht das alte Sprichwort, Clydog: Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben«, erwiderte Ie-styn pessimistisch.
»Sorge du nur dafur, da? genug Leute das Schiff und die Leichen sehen«, fuhr ihn Clydog barsch an, gab seinem Pferd die Sporen und ritt seinen Mannern voran uber die Brucke in die Walder zuruck.
Fidelma und Eadulf warteten, bis Iestyn die Schmiede verlassen hatte und in Richtung seines Bauernhofes verschwunden war. Eadulf stie? einen Pfiff aus.
»Nun kapiere ich gar nichts mehr«, gestand er und trat aus ihrem Versteck hervor.
Fidelma schuttelte den Kopf. »Ganz im Gegenteil, jetzt treten die Dinge klar zutage.«
»Klar?«
»Jetzt ist klar, da? Prinz Cathens Vermutung in bezug auf Dyfeds Nachbar, Konig Artglys von Ceredigion, Hand und Fu? hat. Ceredigion versucht, eine Lage zu schaffen, die Gwlyddien und seine Truppen dazu bringen soll, die Hwicce anzugreifen. Sind die Krieger erst einmal fort, will Artglys in Dyfed einmarschieren und eine Marionette als Herrscher einsetzen, der ihm horig ist.«
»Meinst du damit Clydog?«
»Das ist schon moglich.«
»Du gehst also davon aus, da? die Vorgange in Llanpadern inszeniert wurden, um Gwlyddien herauszufordern? Da? Morgan in Llanpadern eingeruckt ist, weil Gwlyddiens Sohn Rhun Monch dieses Klosters ist?«
»So ist es.«
»Ganz begreife ich das immer noch nicht ... Warum hat man alle Monche des Klosters verschleppt und dann ein, zwei Tage gewartet, ehe man ein paar von ihnen umbrachte? Und all das mit viel Aufwand, um es so aussehen zu lassen, als handele es sich um einen Uberfall der Hwicce?«
Fidelma nickte nachdenklich.
»Ich glaube, das la?t sich erklaren. Man hatte nicht damit gerechnet, da? Bruder Cyngar und Idwal an jenem Morgen in Llanpadern vorbeischauen wurden. Wer immer fur den Uberfall verantwortlich ist, er hat nicht einmal gewu?t, da? Bruder Cyngar und Idwal in Llanpadern waren und entdeckten, da? das Kloster verwaist lag. Warum zogerten diejenigen, die das Kloster uberfielen, es hinaus, ihre Gefangenen umzubringen? Weil man erst auf das sachsische Schiff warten mu?te, ehe man den ersten >Angriff< inszenieren konnte. Cyngar und Idwal haben den Plan ganz unerwartet durchkreuzt, da sie zu fruh auf der Bildflache erschienen sind.«
»Was hat das aber mit der Ermordung von Mair zu tun?«
»Das mussen wir in unser Mosaik noch einpassen.« Fidelma wollte jetzt weg von hier. »Es gibt zwei Leute, die wir noch befragen mussen, dann sehen wir vielleicht klarer. Komm.«
Sie liefen weiter, die Pferde lie?en sie zuruck. Ein paar Bewohner waren schon in ihre Hauser zuruckgekehrt; man hatte ihnen versichert, da? das sachsische Schiff weitergesegelt war.
»Sollten wir Iestyn davon abhalten, mit Leuten aus dem Ort ans Meer zu gehen, um das Auslaufen des Schiffes der Hwicce zu beobachten?« fragte Eadulf.
»Bist du sicher, da? ihr die Leichen der Monche gut verborgen habt?« Eadulf nickte. »Dann uberlassen wir die Sache eine Weile sich selbst und verfolgen lieber unsere Absichten.«
Sie waren an ein kleines Haus gelangt, vor dem sich eine Steinskulptur befand, die eine Frau mit einem Korb voll Fruchten auf einem Pferd darstellte. Das war die alte heidnische Pferdegottin Epona, die fruher als Symbol der Fruchtbarkeit und Gesundheit galt. Das Haus gehorte dem Apotheker von Llanwnda. Hinter den dicken undurchsichtigen Fensterscheiben brannte Licht, und es war offenbar jemand zu Hause.
Fidelma trat ein. Eadulf folgte ihr leicht irritiert. Ein alterer Mann sa? auf einer Bank und tat getrocknete Krauter in einen Morser mit einem holzernen Sto?el. Er schaute auf.
»Ah, du bist die
Aufregende Zeiten, wie? Zum erstenmal mu?ten wir alles stehen- und liegenlassen und in die Walder fliehen. Ich habe schon ofter erlebt, da? die Ceredigion in die Bucht eingefahren sind, ganz zu schweigen von den Sachsen.« Der Alte war zweifellos eine redselige Natur.
»Ich vermute, da? du Elisse, der Apotheker, bist?« fragte Fidelma.
»So ist es. Worum geht es?«
»Hat dich Bruder Meurig aufgesucht, ehe er umgebracht wurde?«
»Ach, eine traurige Sache dieser Tod. Und noch trauriger ist, da? die Leute au?er Rand und Band gerieten und den jungen Burschen ermordeten. Gerechtigkeit sollte nicht ein blo?er Racheakt sein.«
»Hat dich Bruder Meurig nach deiner Meinung uber Mairs Tod gefragt?«
Der Apotheker schuttelte den Kopf. »Nein, aber man hat mir berichtet, da? er mit mir sprechen wollte.«
»Ich glaube, ich wei?, was er dich fragen wollte.«
Der Apotheker sah sie erwartungsvoll an. »Ganz zu deinen Diensten, Schwester. Frag nur los«, forderte er sie auf.
»Man hat dich gerufen, um Mairs Leiche zu untersuchen, nicht wahr?«
Elisse nickte. »Traurig, wenn ein so junger Mensch aus dem Leben scheidet. Sehr traurig.«
»Was war die Todesursache?«
»Ich wurde sagen, da? Mair zuerst erwurgt wurde.
Die blauen Flecke und die Abschurfungen an ihrem Hals wiesen darauf hin.«
»Die anderen Wunden wurden ihr nach ihrem Tod zugefugt, wie in einem Anfall von Wahnsinn.«
Fidelma beugte sich neugierig vor. »Die anderen Wunden? Was fur andere Wunden?«
Uberrascht musterte Elisse sie eine Weile. »Man hat dir doch sicher von den Messerstichen berichtet, wie?«
Fidelma schaute zu Eadulf. »Davon haben wir nichts gehort. Aber an ihren Unterkleidern soll sich Blut befunden haben. Und man sagte uns, da? dies auf eine Vergewaltigung hindeute und sie noch Jungfrau gewesen sei.«
»Nein, das war allein Gwndas Schlu?folgerung. Er und Iorwerth haben behauptet, da? Mair vor ihrem Tod vergewaltigt worden sein mu?. Iorwerth hat geglaubt, seine Tochter sei noch Jungfrau gewesen.«
»Was genau willst du damit sagen? Da? sie nicht mehr Jungfrau war?«
»Ich furchte nein. Ich habe mir Mairs Leiche sehr grundlich angesehen. Meine Frau sauberte Mair fur das Begrabnis, und sie machte mich besonders auf die Wunden am inneren Oberschenkel aufmerksam. Mir sind zwei langliche Stiche aufgefallen, die wohl von einem breiten Messer stammten. Daher ruhrte die starke Blutung.«
Fidelma schwieg, sie dachte uber seine Worte nach.
»Ich habe erklart ...« - der Apotheker zuckte verlegen mit den Schultern -, »da? es keinerlei Hinweise fur sexuelle Gewalt gab. Und ich lege meine Hand dafur ins Feuer, da? sie keine
»Hast du das selbst festgestellt?«
»Das hat meine Frau gemacht. Sie sagte mir auch, es uberraschte sie nicht weiter, denn vor einem Jahr hatte sich Mair an sie gewandt und gefragt, wie sie verhindern konne, schwanger zu werden. Ich spreche gewagte Dinge aus, Schwester, doch du mu?t wissen, wie Frauen solches Wissen weitergeben.«
»Mair hat deine Frau danach gefragt?«
»Du kannst selber mit ihr sprechen.« Der Apotheker wollte nach seiner Frau rufen, doch Fidelma hielt ihn