„Naturlich nicht. Ich auch nicht. Das erwartet man nicht von dir. Man wei?, da? du nicht zuruck konntest, ohne einen Bericht zu liefern. Es gabe ja keine vernunftige Erklarung dafur, wo du dich aufgehalten hast und warum. Du kannst also erzahlen, was dir passiert ist und was du sehen konntest, aber man mochte sicher sein, da? du bei deinem Bericht gewisse andere Dinge berucksichtigst. Wir mussen sichergehen, da? du daruber Bescheid wei?t.“
Ich sturzte mich auf das Pronomen.
„Du bist von „man“ zu „wir“ ubergegangen.
Hei?t das, du hattest dich entschieden, hier zu bleiben?“
„Ja.“ Das war ein Nicken, kein geschriebenes Wort. „Jedenfalls fur eine Weile“, erganzte er mit seinem Griffel.
„Dann hast du dir die Moral von Menschen zu eigen gemacht, die Tausende Kilowatt verschwenden, nur um den Meeresgrund zu beleuchten? Hast du eine Erziehung vergessen und…“
Er unterbrach mich mit heftigem Kopf schutteln und fing an zu schreiben.
„So ist es nicht. Ich wei?, es sieht schrecklich aus, aber wir verschwenden nicht mehr Energie als die Aufsichtsbehorde, die das Sonnenlicht verschwendet, das auf die Sahara fallt. Vielleicht bleibt Zeit, dir vor deiner Entscheidung mehr zu erklaren, aber du bist schlie?lich Physiker genug, um diesen Vergleich zu verstehen, oder du warest kein Angestellter der Behorde.“
Das mu?te ich erst mal verdauen. Die Sache mit der Sahara war verstandlich. Die Behorde war immer dagegen, diese Unmengen von Sonnenenergie ungenutzt zu lassen. Das Schwierige dabei ist naturlich die Entscheidung, wann sich eine Energieinvestition in ein Projekt lohnt, in der Hoffnung, mehr Energie herauszuschlagen. Jahrzehntelang hatte man der Ansicht angehangen, die einzige Hoffnung des Menschen lage in der Wasserstofffusion, und der Gro?teil der fur Forschung verwendeten Gelder geht in diese Richtung. Von Zeit zu Zeit aber wird sehr beredt das Wort fur ein Solarenergie-Projekt erhoben. Manchmal wird ein besonders vielversprechendes sogar gebilligt, und von diesen haben sich eines oder zwei bezahlt gemacht, seitdem ich fur die Behorde tatig bin.
Dennoch sah ich nicht recht ein, wie naturliches, auf eine Wuste scheinendes Sonnenlicht mit dem kunstlichen Licht auf dem Meeresgrund zu vergleichen sei. Und das sagte ich auch.
Er hob die Schultern hoch und fing an zu schreiben.
„Die hier gebrauchte Energie kommt von unterhalb der Erdkruste — direkte Hitze, obgleich ich es eigentlich nicht vulkanische Hitze nennen kann.
Wenn man das Arbeitsmedium nicht hinunter in den Kollektor zirkulieren lie?e und ihm die Hitze entzoge, wenn es wieder heraufkommt, wurde die Heizflache des Aggregates schmelzen. Deine Beschwerde — falls du eine au?ern mu?t — bezieht sich auf die Tatsache, da? wir nicht an das planetarische Energienetz angeschlossen sind und nicht wie alle anderen die Rationierungsregeln beachten. Wir tun es hier aus guten Grunden nicht, ich habe blo? keine Zeit, mich naher daruber zu verbreiten — dazu bedarf es vieler historischer und technischer Erklarungen, die bei unserem Gekritzel endlos dauern wurden. Ich soll dir nur beibringen, was du wissen mu?t, wenn du zuruckkehrst.“
„Ich nehme an, da? auch Joey und Marie sich zum Bleiben entschlossen haben.“
„Joey war niemals da. Und Marie glaubt mir nicht und streitet mit mir herum. In ihrem Fall ist noch keine Entscheidung gefallen.“
„Wenn aber Marie noch da ist und ihre Zukunft ungeklart, warum mu? ich meine Entscheidung innerhalb von drei?ig Stunden treffen? Sie ist doch schon wochenlang hier unten. Offenbar habt ihr hier Mittel und Wege, unsere Probleme zu losen.“
„Wir ›haben‹ sie nicht. Diese Mittel und Wege wurden eigens fur sie gemacht — was Ernahrung und Luft betrifft. Sie ist noch immer in ihrem U-Boot. Bei deinem Tank, der keine Schleusen oder Luft-Austausch-Dusen hat, wurden wir uns mit den Vorraten schwerer tun. Au?erdem bist du nicht in Maries Lage, da? man sich besonders um sie bemuht.“
„Warum das?“
„Du bist weder weiblich noch hubsch.“ Darauf hatte ich keine Antwort parat.
„Na denn.“ Mehr brachte ich nicht heraus. „Dann gehen wir zum offiziellen Teil uber. Was darf ich wissen, wenn ich zuruckgehe?“
„Du sollst deinen Bo? in der Behorde wissen lassen, da? wir hier unten gro?e Energievorrate haben…“
„Das hatte ich ihm ohnehin gesagt.“
„… und da? diese nicht rationiert werden.“
„Das ist mir klar. Warum soll ich diese Punkte besonders betonen? Ich wu?te keine bessere Methode, um hier eine behordliche Untersuc hung zu konzentrieren.“
„Glaub mir, es wird nicht dazu kommen. Falls die Behorde meint, es handle sich um eine gewohnliche Gruppe von Energiedieben, dann hattest du recht. Aber funfzehntausend Menschen sind nicht einfach irgendeine Bande. Das ist schon eine Nation, wenn du das Wort noch kennen solltest.“
„Ich habe es in keiner angenehmen Erinnerung.“
„Na, diese geschichtliche Periode hat uns jetzt nicht zu kummern. Tatsache ist, da? die Behorde in der Vergangenheit diese Sache hier vertuscht hat und es sicher wieder tun wird.“
„Vertuscht? Du bist verruckt. Es gibt eine einzige Methode, wie man mit einem Kraftwerk, und sei es ein illegal erbautes, verfahrt: man schlie?t es an das allgemeine Verbundnetz an. Der Gedanke, man konnte es unabhangig und nicht rationiert weiterlaufen lassen, ist lacherlich.“
„Warum hast du dann von dieser Anlage noch nichts gehort? Sie besteht seit achtzig oder mehr Jahren.“
„Vermutlich deswegen, weil niemand sie entdeckt hat. Das ist sehr wahrscheinlich. Der Boden des Pazifik ist schlie?lich nicht das am besten erschlossene Gebiet des Planeten.“
„Die Anlage wurde schon mehrmals entdeckt. Allein im vergangenen Jahr ein paar Mal, wenn du dich erinnerst. Zwolfmal seit ihrem Bestehen wurde die Anlage der Behorde als betriebsbereites und in Betrieb gegangenes Projekt gemeldet, soviel ich wei?. Aber nichts hat sich bis heute getan.“
„Soll das hei?en, die Behorde wu?te, wo die Anlage ist, und schickt mich auf die Suche nach dir und…“
„Vielleicht kennt man den genauen Standort nicht. Ich bin nicht sicher, ob die gegenwartigen Amtstrager davon wissen. Ich wei? nicht, was ihre Vorganger mit den fruheren Berichten machten.
Das letzte Mal liegt mehr als funfzehn Jahre zuruck.“
„Sind das gesicherte Tatsachen?“
„Objektiv gesehen nicht. Ich habe es in glaubwurdigen Berichten gelesen. Ich bin als Historiker kein Experte und habe keine sachgema?en Uberprufungen vorgenommen. Mir erscheint das alles jedoch sehr wahrscheinlich.“
„Mir nicht. Hast du Marie davon gesagt?“
„Ja.“
„Glaubt sie es?“
„Sie glaubt mir uberhaupt nichts, seitdem ich sagte, Joey ware nicht hier gewesen. Sie behauptet, ich ware ein dreckiger Lugner, ein Verrater an der Menschheit, ein unmoralisches Stinktier. Wir hatten uns Joeys entledigt, weil er unsere lacherlichen Lugen nicht schlucken wollte.“
„Konnte ich mit ihr sprechen?“
„Meinen Segen hast du, aber ich wu?te nicht, wie sich das machen lie?e. Sie befindet sich sehr weit entfernt von hier, da ihr Boot bei einem anderen Eingang ankam. Ich glaube nicht, da? man deinen Tank dorthin schaffen konnte, ohne dich herauszunehmen. Das alles braucht mehr Zeit, als du dir leisten kannst, und ich hatte Schwierigkeiten, ausreichend Leute zu finden, die dich befordern.“
„Kann denn der, der hier das Reden hat, keine Mannschaft zusammenstellen?“
„Wie stellst du dir denn vor, wie das hier lauft?
Hier gibt es niemanden, der einem anderen einen solchen Befehl geben konnte, da der Auftrag ja nicht dem