Skizze der ganzen Anlage wollte.
Auch dies wurde verstanden, dessen war ich sicher, aber die gestikulierend gefuhrte Unterhaltung wollte kein Ende nehmen. Ich hoffte, man diskutierte nur die Art und Weise, wie man mir das Wissen ubermitteln und nicht, ob man es mir uberhaupt weitergeben sollte. Am liebsten ware mir naturlich ein richtiger Lageplan der Anlage gewesen und nicht nur eine Freihandzeichnung.
Die Auseinandersetzung, falls es eine war, wurde durch Berts Ruckkehr beendet. Es war eine Erleichterung, sich verstandlich, wenn auch langsam, unterhalten zu konnen, aber Bert hatte da seine eigene Vorstellung. Er nahm dem Madchen das Schreibzeug ab und loschte das Geschriebene, ohne einen Blick darauf zu werfen.
„Hast du Marie zur Mitarbeit bewegen konnen oder hat sie dich sofort mit den ubrigen Hiesigen in einen Topf geworfen?“ fragte er.
„Ich glaube, sie raumt mir eine Bewahrungsfrist ein“, gab ich zuruck. „Aber sie wird sich nur zufrieden geben, wenn sie eine endgultige Nachricht uber Joey bekommt.“
„Die konnen wir ihr nicht geben. Meines Wissens war er nie da.“
„Und ihr habt sein Boot nicht mal irgendwo in der Nahe gesichtet?“
„Daruber liegt keine Meldung vor.“
„Und was ist mit euren Sonar-Einrichtungen?“
„Die wenden wir nur unter besonderen Umsta nden an. Man konnte sie zu leicht orten. Wir sind bereit, uns von der Welt entdecken zu lassen, aber nur fur den Fall, da? man von uns wirklich alles in Erfahrung bringen will. Begreifst du noch immer nicht? Wir mochten nicht mit den Energieklau-Typen, hinter denen die Behorde her ist, in einen Topf geworfen werden, und du wei?t sehr gut, da? dies genau der Eindruck ist, den die Menschen von uns bekommen, wenn man uns keine Chance fur weitere Erklarungen einraumt.“
„Das durfte stimmen. Es ist der Eindruck, den Marie jetzt hat, und sie scheint ihn nicht aufgeben zu wollen. Ich frage mich, ob da einfache Erklarungen genugen werden.“
„Wenn die Menschen die Erklarungen glauben, genugt es.“ Uber die Tiefe dieser Bemerkung lie? ich mich nicht weiter aus.
„Du lieferst Marie seit sechs Wochen Erklarungen, und sie glaubt kein Wort.“
„Nein, das stimmt nicht. Wir wollen seit sechs Wochen mit ihr ins Gesprach kommen, und sie hort gar nicht hin. Das ist ein gro?er Unterschied. Sie will von nichts anderem reden als von Joey. Ich glaube, der gro?te Dienst, den du uns und der Behorde erweisen konntest ware, wenn du sie dazu brachtest, ihre Aufmerksamkeit einer Beschreibung der Gesamtsituation zu widmen.“
Das mu?te ich erst verdauen. Einige der Schwimmer hatten sich davongemacht, aber das Madchen und zwei oder drei andere beobachteten uns noch immer voll Interesse. Sie konnten sich an unserem Geschreibsel nicht sattsehen und guckten uns neugierig uber die Schulter. Dabei ergatterte das Madchen immer den besten Platz. Verglichen mit den meisten Zonen der Erdoberflache war hier das Benehmen noch reichlich altmodisch.
„Vielleicht hast du recht“, schrieb ich schlie?lich, nachdem ich das, was er gesagt hatte, mit dem fur mich ausgearbeiteten Plan in Einklang gebracht hatte. „Das soll wohl hei?en, da? ich mir die ganze Anlage ansehen mu?, damit ich mich auf Wissen aus erster Hand berufen kann.“
„Genau. Komm jetzt. Mit dieser Aufgabe kommst du vielleicht um die landwirtschaftliche Betatigung herum, aber du solltest die Farmen wenigstens sehen. Au?erdem habe ich Hunger, und bei dir liegt die letzte anstandige Mahlzeit sicher schon langer zuruck.“
Dagegen hatte ich nichts einzuwenden. Ich folgte ihm, als er auf einen Gang zuschwamm. Das Madchen und drei andere folgten uns nach dem Austausch von ein paar Handbewegungen.
Wie vorhin erwies es sich als unpraktisch gleichzeitig schreiben und schwimmen zu wollen. So blieb mir wenigstens wahrend des Schwimmens reichlich Zeit zum Uberlegen. Sehr konstruktiv waren meine Uberlegungen nicht, und uber unseren Anmarschweg oder vielmehr Anschwimmweg kann ich nicht mehr sagen, als da? er an die funfzehn bis zwanzig Minuten dauerte. Es passierte absolut nichts Interessantes und meines Wissens nichts Wichtiges, bis wir einen Eingang erreichten, der nicht so regelma?ig geformt war wie die runden und eckigen, die ich bis jetzt gesehen hatte.
Das Licht auf der anderen Seite war schwacher als in den Tunnels, aber heller als im Ozean jenseits der regelma?ig geformten Eingange. Ich folgte Bert mit neuerwachtem Interesse und stellte Mutma?ungen uber das an, was ich nun zu sehen bekommen wurde.
XV
Ich war nicht weiter erstaunt, als ich mich plotzlich einige Yards uber dem Meeresboden befand.
Ich war „im Freien“.
Der Gang, den wir eben verlassen hatten, war in eine schrage Felswand geschlagen — und auch der Gang selbst war nicht horizontal, wie ich jetzt sehen konnte. Wahrend des Schwimmens hatte ich nicht bemerkt, da? es leicht aufwarts ging. Wie hatte ich es auch merken sollen?
Unter mir erstreckte sich eine Riesenflache, die sich in der Ferne verlor. Alles war hell erleuchtet.
Etwa funfzig Fu? uber mir konnte ich die leuchte nde Flache eines „Zelt“-Daches sehen. Der Boden unter mir hatte ebenso gut unter funf statt unter funftausend Fu? Wasser liegen konnen. Er war namlich bedeckt mit Vegetation.
Von den hier vorkommenden Pflanzen erkannte ich keine einzige, aber das war ganz naturlich. Ware ich in eine Zeit hineingeboren worden, in der die genetische Manipulation noch nicht allgemein praktiziert wurde, so hatte ich in der Schule gewi? Biologie oder Naturgeschichte oder ahnliches gelernt, aber dies war nun nicht der Fall gewesen.
Diese Pflanzen hier waren vermutlich so beschaffen, da? sie als Nahrung fur die Bevolkerung dienten, und das helle Licht wurde gebraucht, um das Wachstum der Pflanzen zu ermoglichen.
Das war eine ebenso plausible Erklarung fur die vergeudeten Kilowatt wie die, die Bert mir geliefert hatte. Nur ein einziges Mal, es war vor mehreren Jahren, hatte ich die von einem Energieklau erzeugte und von uns konfiszierte Nahrung gekostet, und schon damals hatte ich dem Kerl meine Symp athien nicht versagen konnen. Noch Wochen nachher hatte ich mir mehrmals taglich unsere moralischen Grundsatze vorbeten mussen. Schlie?lich hatte ich doch noch zu meiner normalen, gesunden Abneigung gegen Menschen zuruckgefunden, die Energie abzweigen, um sich Freuden zu verschaffen, die uns anderen versagt sind, aber es war mir doch sehr schwergefallen.
Bert und die anderen schwammen hinunter zum Boden, der in annahernd rechteckigen Feldern angelegt war, wobei in jedem Abteil eine andere Pflanze gedieh. Wir waren nicht die einzigen, die hier a?en und schwammen. Einige waren an der Arbeit. Die genaue Natur ihrer Tatigkeit sollte mir unbekannt bleiben, teils weil ich sie nur aus der Ferne sah, teils weil ich von Landwirtschaft ebenso wenig verstand wie alle Menschen im letzten Jahrhundert.
Meine Begleiter rissen nun runde grunliche Auswuchse von den Pflanzen ab und bissen hinein. Das Madchen reichte mir ein solches Ding und sah offensichtlich belustigt zu, wie ich das Zeug in Augenschein nahm und schlie?lich probeweise daran knabberte.
Ich konnte mich nicht zu dem Urteil durchringen, ob es mir schmeckte oder nicht. Es schmeckte anders als die gewohnlichen Tank-Algen und war gar nicht zu vergleichen mit jenem verbotenen Genu? vor vielen Jahren, aber es war immerhin interessant. Beim nachsten Bissen entschied ich, da? es wohlschmeckend war und a? es ganz auf. Das Madchen zeigte mir, wie man die Frucht ohne gro?e Kraftanstrengung von der Pflanze loste — man mu?te sie auf besondere Weise drehen, ehe der harte Stangel nachgab — und uberlie? mich dann meiner Geschicklichkeit, wahrend Sie selbst ein paar Fruchte verzehrte.
Dann winkte sie mir, ich moge ihr folgen, und fuhrte mich zu einem anderen Flecken. Dort zeigte sie mir eine andere Frucht. In der nachsten Viertelstunde nahm ich eine hochst zufriedenstellende Mahlzeit zu mir.
Ich fragte mich, welches dieser Gewachse, wenn uberhaupt, die Sauerstoffquelle sein mochte. Vielleicht waren es alle. Sie alle waren grun und vermutlich fotosynthetisch, aber keines gab sichtbare Blaschen ab, wie die