ublichen Na hrungs-Algen. Ich beschlo?, mir nicht weiter den Kopf wegen des Sauerstoffs zu zerbrechen. Berts Freunde hatten keine Ursache, mich auf so indirekte und praktische Weise zu toten, indem sie mir Sauerstoff versagten.
Sie hatten schon ganz andere Moglichkeiten gehabt.
Plotzlich merkte ich, da? ich Bert immer starker mit den hier Ansassigen in einen Topf warf, und zwar ganz unbewu?t. Ich glaube zwar nicht alles, was ich vom Unterbewu?tsein so gelesen habe — mir hat es zuviel Ahnlichkeit mit Astrologie, Alkohol und ahnlichen Entschuldigungen fur eine nachlassige Denkweise und fur Unfahigkeit —, aber, wenn ich so ganz bewu?t die Ereignisse der letzten Stunde uberdenke, sah es immer mehr aus, als ware meine veranderte Haltung gerechtfertigt. Bert schien sich eher in der Rolle eines hier ansassigen Burgers denn als Beauftragter der Behorde zu sehen, und vielleicht hatte ich seine Haltung mir zu eigen gemacht, ohne die Tatsachen richtig zu sehen. Da war beispielsweise seine Wortwahl. Ich hatte bislang mehr Aufmerksamkeit dem gewidmet, was er sagte, als der Art, wie er es sagte, aber wenn ich es recht uberlegte, kamen sehr viele „Wir“ und „Uns“ darin vor, die eigentlich in den Gedanke ngangen eines guten Behordenbeamten unter den gegebenen Umstanden nichts zu suchen hatten — speziell wenn er sicher sein konnte, da? au?er mir niemand das Geschriebene lesen konnte.
Vielleicht war Marie doch nicht so unvernunftig.
Ich sah zu ihm hinuber. Er a? wie die anderen, schien aber an der Unterhaltung wenig teilzunehmen, die mit Hilfe der unbeschaftigten Hande der Esser abgewickelt wurde.
Damals fiel mir nichts Besonderes dabei auf. Es bewies mir nur eines, namlich da? seine Behauptung stimmte, er hatte von der ortsublichen Sprache nicht viel erlernt.
Aber nach dem Essen uberfielen mich wieder meine Befurchtungen. Er fuhrte mich uberallhin, wo ich nur wollte. Er erklarte mir uberzeugend jede meiner Fragen. Zum Beispiel das Zeltdach. Als ich meine diesbezugliche Frage aufschrieb, nahm sein Gesicht eine seltsam violette Farbung an. Als die verbla?t war, schrieb er: „Vorsicht! Bei wassergefullten Lungen kann Gelachter todlich sein. Bei der Umwandlung wurde ein Hauptnerv des Hustenreflexes durchschnitten, aber lachen kann man immer noch, wenn man nicht achtgibt.“
„Was ist so komisch an der Frage?“
„Ich verstehe, warum du glaubst, es ware ein Material uber dieses Feld gespannt, aber ich versichere dir, da? man sich diese Muhe nicht gemacht hat.
Was du hier siehst, ist einfach eine Trennschicht zwischen den Flussigkeiten.“
„Warum sieht es hier nicht aus wie an den Eingangen — durchscheinend statt durchsichtig? Warum gibt es ubrigens eigene Eingange?“
„Die Eingange halten wir immer frei. Uber den Anbauflachen ist das nicht moglich, da sie mehrere Quadratmeilen gro? sind. Im Meer sinkt dauernd alles auf den Boden ab, und das auf den Farmen gezogene Zeug treibt nach oben. Ein kleiner Prozentsatz hat eine Dichte, die zwischen der unserer Flussigkeit und der des Wassers liegt, es sammelt sich daher an der Trennflache. An dieser Fl ache wachst allerhand an lebender Materie, zum Gluck nur einzelliges Zeug. Wenn es uberhand nahme, mu?ten wir die Flache saubern, damit Licht zu den Pflanzen kann. Ein schones Stuck Arbeit!“
Ich wei?, ich hatte ihn nun auf der Stelle fragen mussen, warum die Lichter oben im Wasser und nicht naher bei den Pflanzen waren. Aber das gehorte zu meinen Unterlassungssunden. Seine Antwort hatte mir sehr viel Peinlichkeiten erspart, obwohl ich gar nicht sicher bin, da? er mir die Frage beantwortet hatte. Jetzt aber, da ich seine Beweggrunde verstehe, glaube ich, da? er geantwortet hatte.
Als ich das Kraftwerk aufs Tapet brachte, ging es sofort los, in Begleitung derselben Gruppe. Ich fragte mich, ob es sich dabei um Wachter, um Geheimagenten oder um harmlose Neugierige handelte, verwendete aber nicht viel Zeit auf diese Frage.
Ich hatte keine Moglichkeit, sie auch nur annahernd richtig einzuschatzen. Da das Kraftwerk als nachster Punkt auf unserer Liste stand, war daneben keine andere Frage interessant.
Nach einiger Zeit kamen wir an die erste gro?e geschlossene Tur, die ich seit meinem Aussteigen aus dem Tank gesehen hatte. Sie ahnelte stark jener Tur, die meinem Container den Eintritt in den Umwandlungsraum gestattet hatte. Bert winkte unseren Begleitern zu. Die fingen eine langere Unterhaltung untereinander an, er aber wartete nicht ab, sondern offnete kleine Schranke in der Tunnelwand, in denen Coveralls aufbewahrt waren, die ahnlich aussahen, wie die drau?en im Ozean benutzten. Sie waren komplett und mit Helmen ausgestattet.
„Warum? Temperatur?“ schrieb ich, als er mich anwies, einen anzuziehen.
„Nein. Du hast es wohl noch nicht selbst herausgefunden, und ich hoffe um deinetwillen, da? du es nie merken wirst, aber wir sind wegen unserer flussigen Umwelt gegenuber Schallwellen sehr empfindlich.“ Diesmal war ich sicher, da? er mir die ungeschminkte Wahrheit sagte. „Das Kraftwerk ist sehr leistungsfahig, dafur aber sehr gerauschvoll — der Larm reicht aus, um einen Me nschen zu toten.
Zieh den Anzug an und gib acht, da? er gut abschlie?t.“
Ich gehorchte. Beim Anziehen allerdings ging es nicht ganz glatt. Das Zeug war nicht so einfach gehalten, wie es aussah. An der scharfen Kante einer Schnalle schnitt ich mich in die Hand. Ich fragte mich, wie wohl die Qualitatskontrolle beschaffen sein mu?te, die das durchgehen lie?. Die Blutstropfen sahen seltsam aus, hellrote Kugelchen, die aus der Wunde stiegen, doch die Ve rletzung war nur geringfugig. Bis Bert mein Problem mit der Schnalle gelost hatte, hatte auch die Blutung aufgehort.
Er kontrollierte meinen Coverall, besonders die Helm— und Gelenkverbindungen. Die anderen hatten sich ebenfalls umgezogen und kontrollierten einander gegenseitig, Gesten, die sogar ich begriff, zeigten an, da? die Kontrollen beendet waren und Bert ging an die Tur.
Er bewegte eine Scheibe an der Seite und das gro?e Ventil — genugend gro?, um ein kleines Arbeitsboot durchzulassen — schwang auf. Er winkte uns durch, wartete, bis wir alle an ihm vorbei waren, und schlo? die Tur hinter uns. Wieder fiel mir auf, da? sein Gehaben nicht nur auf Vertrautheit, sondern gar auf Autoritat schlie?en lie?. Wie hatte ein Behordenagent es in einem einzigen Jahr geschafft, das Vertrauen dieser Menschen zu gewinnen? Ein Behordenagent, der mit Entschiedenheit gegen sie und ihre Lebensweise vorgehen mu?te?
Hatte er gar schon Kontakte zu ihnen gehabt, ehe er vor einem Jahr von der Erdoberflache verschwand?
Hatte Marie recht? Und wenn ja, was stand mir nun bevor? Als ich Bert Whelstrahl hier unten begegnete, hatte ich ihm vollig vertraut und hatte Maries Behauptungen als Phantastereien einer Frau abgetan, die vor Kummer hysterisch geworden war. Mir war es nicht unwahrscheinlich vorgekommen, da? ihr Joey — nicht da? er seiner eigenen Einschatzung nach je ihr gehort hatte — tatsachlich niemals hier angekommen war. Es gab andere Mo glichkeiten, wie ein Ein-Mann-U-Boot im Pazifik verschwinden konnte.
Zweifel und Fragen bedrangten mich. Doch im Moment wurde meine Aufmerksamkeit auch von anderen Dingen beansprucht.
XVI
Zum ersten Mal befand ich mich in einem Tunnel, dessen Schrage spurbar war — der Zug meines Ballastgurtels machte mir die Beurteilung leicht, ob es „hinauf“ oder „hinunter“ ging, als ich diesem Umstand meine ganze Aufmerksamkeit widmete. Es ging mit einer Neigung von sechzig Grad nach unten. Die Tunnelbeleuchtung, das einzig Erkennbare an den Wanden, glitt mit einer Geschwindigkeit an uns voruber, die anzeigte, da? unserem Tempo mit Pumpen nachgeholfen wurde. Es herrschte eine starke Abwartsstromung. Ich hatte zu gern gewu?t, ob wir auf dem Ruckweg dage gen wurden anschwimmen mussen. Unmoglich, entschied ich. Entweder, man kehrte die Stromung um, oder wir mu?ten einen anderen Tunnel benutzen.
Eine Temperaturanderung fiel mir nicht auf, obwohl wir uns, wie ich sehr wohl wu?te, einer Warmequelle naherten. Womoglich gebot es die hier in bezug auf Energieverschwendung herrschende Moral, da? man leistungsmindernde Leckagen peinlich vermied, egal, wie verschwenderisch man nachher mit der gewonnen Energie umging.
Ich konnte nicht annahernd abschatzen, wie weit es hinunterging, bis wir endlich das Steuerzentrum erreichten. Sicher handelte es sich um eine gro?ere Entfernung. Spater bekam ich den Lageplan tatsachlich zu