Versuch bezeichneten, ein Baby innerhalb eines Monats in die Welt zu setzen, indem man neun Frauen schwangerte. Einige Ergebnisse dieses Programms sind bekannt, beispielsweise der hydroelektrische Tunnel Mittelmeer-Totes Meer, die Damme von Messina, Key, Ore und Arafura, das thermische Kraftwerk von Valparaiso, die vulkanischen Zapfstellen von Bandung und Akureyr. Manche Anlagen erwiesen sich als lohnend, ja sogar als gewinnbringend, andere blieben Denkmaler unfahiger Politik.

Die weiteren Konsequenzen sind bekannt — Diskussionen um Energienutzung, die zu einem Dutzend kleinerer Kriege fuhrten, die wiederum in einem einzigen Jahr mehr Energie verbrauchten, als alle Blitzprogramm-Einheiten in einem Mensche nleben zusammen erzeugen konnten. Ebenso bekannt ist, da? als Folge davon die Aufsichtsbehorde gebildet und die allgemeine Energiebewirtschaftung eingefuhrt wurde.

Wahrend der Periode der Reibereien unternahmen einige Nationen den Versuch, geheime Kraftwerke anzulegen in der Hoffnung, entweder der Habgier ihrer Nachbarn zu entgehen oder sich im Falle einer gewaltsamen Auseinandersetzung selbst mit Energie versorgen zu konnen. Meist waren diese „Geheima nlagen“ fur die allgemeine Offentlichkeit der betreffenden Nation nur vor der Inbetriebnahme geheim — wenn es uberhaupt so weit kam. Einige bestanden auch noch mehrere Jahre nach Einfu hrung der Rationierung. Allgemein herrschte hernach die Annahme vor, die letzten dieser geheimen Anlagen waren aufgespurt und schon vor Jahrzehnten dem allgemeinen Energienetz eingegliedert worden.

Hier aber stand eine dieser Anlagen!

So einfach war das — beinahe.

Ich konnte den Unterlagen nicht entnehmen, welches Land dafur verantwortlich zeichnete. Ich versuchte es gar nicht erst festzustellen. Der Name des Landes ware fur mich, der ich ein halbes Jahrhundert nach der Abschaffung der Landernamen geboren worden war, ohnehin bedeutungslos gewesen.

Es hatte sich hochstwahrscheinlich um ein kleineres Land gehandelt, das Befurchtungen gegen seine Nachbarlander hegte, aber immerhin gro? genug, um hochindustrialisiert zu sein. Die Technik des Lebens in der Tiefsee, wie sie mir im Augenblick so wirkungsvoll und drastisch vor Augen gefuhrt wurde, war nicht das Produkt halbherziger oder gar „Blitz-Programm“-Forschung. Dazu hatte es einer sehr langen Entwicklungszeit bedurft. Da mir die Gepflogenheiten der damaligen Zeit nicht unbekannt waren, konnte ich mich nicht genug daruber wundern, da? dieses Geheimnis bewahrt worden war — obgleich ich mir die Schritte vorstellen kann, die damals zur Erreichung dieses Ziels normal und angemessen schienen.

Wie dem auch sei, die Anlage wurde errichtet, und sie ging in Betrieb, ehe die Behorde und damit die Rationierung Wirklichkeit wurden.

Wie gesagt, es blieb ein Geheimnis. Es mu?te geheim bleiben. Nur eine Handvoll Menschen durfte davon wissen — abgesehen von den Tausenden standiger Bewohner. Diese Handvoll zog sich ganz einfach klammheimlich von der Erde zuruck und brach alle Verbindungen hinter sich ab, als die Rationierung begann und die Energiequellen zum allgemeinen Eigentum erklart wurden. Ein wenig Skrupellosigkeit mag dazu ja notig gewesen sein, aber ich glaube lieber, da? das Schlimmste daran die ein wenig unter Zwang vorgenommene Adressenanderung darstellte.

Jedenfalls gab es plotzlich eine neue Nation mit einer Bevolkerung von funfzehntausend Menschen am Grunde des Pazifiks. Diese Nation verfugte uber Fabriken und chemische Anlagen und hatte Energie in Hulle und Fulle. Funfzehntausend Me nschen. Wie Marie es spater auszudrucken beliebte, funfzehntausend Aristokraten — und uber funfzehn Milliarden Jakobiner.

Realistischer gesehen waren es funfzehntausend Schnittblumen.

Die meisten Berichte die ich las, brachten zum Ausdruck oder deuteten zumindest an, da? die Unterbrechung der Beziehungen mit der Oberflache nicht als endgultig angesehen wurde. Fur alle Beteiligten mu? es namlich klar gewesen sein, da? eine Bevolkerung dieser Gro?e viel zu klein war, um eine hochtechnisierte Kultur am Leben zu erhalten und ebenso klar, da? nur eine hochtechnisierte Kultur unter diesen Umstanden uberleben konnte. Wahrscheinlich hatte man die Absicht, intellektuelle Kontakte mit der ubrigen Menschheit zu pflegen — vielleicht sogar physische Kontakte, da es kaum glaublich ist, da? man glaubte, jedes einzelne Stuckchen Ausrustung, das fur den Betrieb der Anlage notig war, selbst zu fertigen.

Aber diese Kontakte wurden nicht aufrechterhalten. Sie konnten nicht aufrechterhalten werden.

Man hatte es vielleicht trotz aller moglichen auftauchenden Schwierigkeiten geschafft, wenn nicht ein jeder dieser Kontakte notwendigerweise ein Betrug sein mu?te. Und diese Faktoren zusamme ngenommen lie?en die Verbindung nicht wieder aufleben.

Die unerwartet auftretende Schwierigkeit hatte man voraussehen konnen, wenn die Anlage langer als nur ein paar Jahre vor dem Bruch in Betrieb gewesen ware. Man hatte Erfahrungen sammeln konnen, die manchem die Augen geoffnet hatten.

Wie die Dinge nun lagen, sollten die Erfahrungen eben spater kommen.

Eine technisch orientierte Kultur ist notwendigerweise eine auf Buchern beruhende Kultur, solange wenigstens, bis man einen Ersatz fur die Nachschlagewerke gefunden hat.

Ob sich wohl jemals jemand das Problem vor Augen gefuhrt hat, eine phonetische Sprache wie Russisch oder Englisch jemandem beizubringen, der nie ein gesprochenes Wort gehort hat und selbst keinen Laut hervorbringen kann?

Schon und gut, ich wei?, da? ein besonders ausgebildeter Spezialist es fertig bringen kann. Was aber, wenn unter der gesamten Bevolkerung niemand ein einziges Wort hervorbringt und wenn man unter diesen Umstanden der jungen Generation die Lekture von Farrington Daniels „Mathematische Vorubungen fur die physikalische Chemie“

oder irgendein anderes grundlegendes Werk empfehlen mochte? Nun sitzen aber alle in ein und demselben Boot. Die Kinder verstandigen sich beim Spielen mittels selbsterfundener Zeichen, aber konnen diese, fur das Spiel erfundenen Zeichen auch zur Erklarung der Vektoren-Analyse angewandt werden? Auch die elementarsten Fragen der Disziplin sind so nicht zu losen. In diesem Medium hei?t es ohne Prugelstrafe auskommen.

Und dennoch — jede Generation mu? unbedingt eine gewisse Anzahl fahiger Techniker hervorbringen, wenn nicht die gesamte Bevolkerung in der eisigen Finsternis des Ozeans zugrunde gehen soll.

Es mogen sich nun verschiedene Moglichkeiten anbieten. Hier jedenfalls nahm man seine Zuflucht zu Bildern. Die Einzelheiten sind mir nicht bekannt, und in den Buchern stie? ich auf verschiedene Versionen, von denen ich einige als blo?e Mutma?ungen ihrer Autoren einstufe. Hier mussen mehrere Komponenten zusammengewirkt haben: feste Entschlossenheit, tiefe Verzweiflung, ein hoher Intelligenzgrad und dazu eine Portion Gluck.

Die Folge davon war, da? die Enkel der Grunder eine au?erst brauchbare geschriebene Sprache entwickelten, die, wie ich gleich auf den ersten Blick richtig vermutete, aus elektrischen und technischen Diagrammen abgeleitet wurde. Die Schrift war eine Kombination aus Symbol und tatsachlicher Erfahrung und lie? sich den Kindern mu helos beibringen. Die Zeichensprache wiederum war ein Derivat der geschriebenen Sprache. Bewegungsfolgen stehen fur gezeichnete Symbole, ahnlich unseren phonetischen geschriebenen Sprachen, die Derivate ihrer gesprochenen Aquivalente sind. Die Einzelheiten moge sich jeder beliebig ausmalen. Ich halte mich diesbezuglich noch immer fur inkompetent.

Mir war nun folgendes klar: Kinder, die niemals ein gesprochenes Wort gehort hatten und mit einer auf Bildgrundlage entwickelten Sprache aufgewachsen waren, dazu mit einem Code von Handbewegungen als Erganzung, brauchen eine gewisse Zeit, bis sie eine gesprochene Sprache erlernen, die als Erganzung einen Code geschriebener phonetischer Symbole hat.

Da? es unmoglich ist, mochte ich nicht behaupten. Eine intelligente und mit viel Entschlu?kraft gesegnete Person kann erstaunliche Dinge erreichen. Ich wage aber zu behaupten, da? nur ganz wenige den ganzen Energieaufwand fur lohnend halten werden. Die Mehrheit, mag sie auch noch so intelligent sein, wird sich dazu nicht durchringen.

Und von den wenigen, welche die Muhe des Lernens auf sich nehmen, wird keiner den eigenen Fortschritten uber den Weg trauen, da er ja keine Moglichkeit der Uberprufung seiner Kenntnisse hat, ahnlich einer Studentengruppe, die sich das Erlernen von Sanskrit zum Ziel setzt und die Sprache aus Buchern lernt. Diese Unsicherheit wirkt sich naturlich auch beim Vergleich eines technischen Textes mit der darin beschriebenen

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