„Ja, an die funfzig Grundsymbole — schatzungsweise.“

„Du hast mit den Leuten hier gesprochen. Ich hatte den Eindruck, du gabst ihnen Anweisungen.“

„Ja, allerdings reichlich oberflachlich. Meine paar Dutzend Geste n beinhalten die gebrauchlichsten Verben, aber auch die beherrsche ich nicht besonders gut. Drei Viertel der Leute verstehen mich uberhaupt nicht — dieses Madchen gehort noch zu den besten. Und verstehen kann ich sie nur, wenn sie ihre Gesten ganz langsam machen.“

„Wie kommt es dann, um alles in der Welt, da? du ihnen Anweisungen geben kannst? Und wie stimmt das mit deiner Behauptung uberein, hier konne niemand einem anderen etwas befehlen?“

„Da habe ich mich wohl falsch ausgedruckt. Die Regierung hier ist nicht sehr autoritar, doch werden die Anweisungen des Rates meist befolgt, wenigstens in Angelegenheiten, die auch nur im entferntesten mit der physikalischen Erhaltung der Anlage zu tun haben.“

„Und dieser Rat hat dich mit Autoritat ausgestattet? Warum das? Hei?t das, da? Marie mit ihrer Annahme recht hat, du hattest der Behorde und der Menschheit den Rucken gekehrt und warest fur immer zu diesen Verschwendern ubergelaufen?“

„Nur eine Frage auf einmal“, kritzelte er hastig.

„Der Rat hat mich eigentlich nicht mit besonderer Autoritat ausgestattet. Meine Vorschlage mache ich als Mitglied.“

Ich nahm die Tafel, loschte das Geschriebene, wobei ich ihn nicht aus den Augen lie?. Schlie?lich schrieb ich: „Bitte noch einmal. Ich mu? mich verlesen haben.“

Er grinste und wiederholte den Satz. Meine Miene mu?te ihn wohl ernuchtert haben. Er schrieb weiter.

„Ich werde hier nicht“ — dick unterstrichen — „fur immer bleiben, egal, was Marie glaubt und ungeachtet dessen, was ich dir fruher sagte. Es tut mir leid, da? ich dich anlugen mu?te. Ich bin hier, um eine Aufgabe zu erfullen. Was nachher kommt, wei? ich nicht. Wie du wei?t, bist du in derselben Lage.“ In diesem Punkt konnte ich ihm nicht recht geben. „Ich gehore dem Rat aufgrund meiner Sprachbegabung und meines allgeme inen Hintergrunds an.“ Ich war so sehr damit beschaftigt, daraus einen Sinn zu filtern, da? mir beinahe der nachste Satz entging. Ich mu?te Bert aufhalten, als er das Geschriebene loschen und weiterschreiben wollte. „Ich habe meine Meinung geandert und werde dich weiter in die Einzelheiten dieser Anlage einweihen. Du darfst dir alles ansehen und kannst sodann selbst entscheiden, wie und ob du dein Wissen anwenden willst, wenn du Marie zu einer Entscheidung uberredest. Ich habe naturlich meine Meinung daruber, wie es angewandt werden sollte, aber du hast das Recht auf eigene Meinung. Komm jetzt. Ich mochte, da? du den Ingenieur kennen lernst, der hier die Entwicklung uberwacht.

Er schwamm davon, und ich ihm hinterher, die anderen im Schlepptau. Ich hatte kein Verlangen zu sprechen, auch wenn es moglich gewesen ware. Ich versuchte noch immer dahinterzukommen, wie ein Mensch der den hiesigen Wortschatz beherrschte wie ein leicht zuruckgebliebener Zweijahriger, sich eine Position aufgrund seiner sprachlichen Fahigkeiten ergattert haben konnte.

Zweifellos ist dem geneigten Leser die Sache bereits klar, da ich alles klar und deutlich zu berichten trachtete, aber fur mich war es einfach zuviel. Ich war hinter den Tatsachen so weit zuruckgeblieben, da? mir jemand eine n enormen Schrecken einjagen konnte, den der aufmerksame Leser vielleicht schon langst erwartet hat. Wir schwammen in eine Art Buro am anderen Ende des Steuerzentrums, und da sah ich vor einem Mikrofilmprojektor schwimmend, taub seiner Umgebung gegenuber, meinen guten Freund Joey Elfven.“

XVII

Dieser Anblick bewirkte in mir eine Veranderung.

Bert war seit Jahren mein Freund. Ich hatte ihm vertraut. Zugegeben, Marie hatte ihm nicht uber den Weg getraut und hatte versucht, mich auf ihre Seite zu bringen, doch ich hatte geglaubt, sie ware eine Schwarzseherin.

Vor wenigen Minuten hatte es mich wie ein Schlag getroffen, als Bert seine Unaufrichtigkeit eingestanden hatte, und doch hatte ich mir seine Ausfluchte angehort. Ich ware sogar bereit gewesen anzunehmen, ich hatte ihn beim ersten Mal einfach mi?verstanden.

Doch ebenso hatte er mir mitgeteilt — es mir in einfachen Worten unmi?verstandlich aufgeschrieben —, da? er nicht wu?te, wo Joey sich aufhielte, und da? Joey seines Wissens niemals hier heruntergekommen ware.

Bert Whelstrahl hatte klar und unbestreitbar das Blaue vom Himmel gelogen. Er hatte gewu?t, da? Joey hier unten war. Er hatte es gewu?t und ebenso gewu?t, was er machte. Warum aber hatte er mir und auch Marie diese Luge aufgetischt? Und warum prasentierte er mir nun unverblumt den Beweis dafur, da? er ein gemeiner Lugner war? Und hatte Marie sich ihre Meinung gebildet, weil sie einen Beweis gesehen hatte, der mir entgangen war?

Eines jedenfalls war mir klar. Was immer Bert nun als Erklarung anfuhren wurde, mu?te durch gewichtige Beweiskraft gestutzt sein, bevor ich es ihm glauben konnte. Dasselbe galt fur alles, was er von nun an au?erte.

Diese Uberlegungen wurden dadurch unterbrochen, da? Joey sich von dem Projektor umdrehte und mich bemerkte. Seine Miene bewies deutlich, da? Bert ihm von mir ebenfalls nichts erzahlt hatte.

Er kam zu mir heruber, schuttelte mir kraftig die Hand und schien so wie ich frustriert von der Unmoglichkeit einer Verstandigung. Er blickte sich suchend um, vermutlich nach dem Schreibzeug, aber Bert war schon eifrig mit dem Griffel am Werk. Er hielt das Geschriebene so, da? wir beide es lesen konnten.

„Joey, wir wissen, da? du fur die nachsten paar Stunden versorgt bist, aber es ist dir sicher recht, wenn ich dir einen Assistenten zuteile, sobald der seine erste Aufgabe erledigt hat?“ Ich wu?te es zu schatzen, da? er taktvollerweise meinen Namen weglie? und war schon eher geneigt, mir seine Ausreden anzuhoren, wenn sie kamen. Joeys fluchtigem Lacheln merkte ich an, da? auch er es zu schatzen wu?te. In den wenigen Wochen, die er weg war, hatte er meine chronische Verlegenheit nicht vergessen, die meine Eltern mir und meinem Selbstbewu?tsein durch die vielen Spitznamen eingebrockt hatten, die mir an Stelle meines eigentlichen Namens angehangt wurden.

„Hocherfreut“, schrieb er. „Uberla? ihn mir mo glichst rasch, Bert. Wir brauchen ihn dringend.“ Fast hatte er mir auf die Schulter geklopft — wenn es die flussige Umgebung zugelassen hatte. Dann wandte er sich wieder seinem Projektor zu.

Ich hatte gern ein ausfuhrlicheres Gesprach gefuhrt, merkte jedoch deutlich, da? jeder, der hier schon langer lebte, kein Verlangen nach mu?igem Geplauder verspurte. Ich konnte mir denken, da? manchen Menschen ein solcher Tapetenwechsel sehr gut bekommen ware.

Ich winkte Joey zum Abschied zu, was dieser ubersah und folgte Bert hinaus in den Kontrollraum.

Ich wollte ihm ein paar unbequeme Fragen stellen, doch er hatte bereits das Schreibzeug zur Hand, und die Umstande waren nicht so, da? ich jema ndem ins Wort hatte fallen konnen. Als ich durch die Tur kam, schrieb er bereits.

„Ich wollte nicht, da? du von Joey etwas erfahrst, ehe du nicht mit Marie gesprochen hast“, lautete seine Mitteilung. „Tatsachlich entschied ich mich eben vorhin, dich einzuweihen. Ich glaube nicht, da? sie von seinem Hiersein wissen sollte, und bin ganz sicher, da? er nicht erfahren sollte, da? sie hier ist.“

Ich fa?te nach dem Tafelchen.

„Warum nicht? Mir sieht das alles ganz nach einem dreckigen Streich aus, der beiden gespielt werden soll.“

„Wenn sie erfahrt, da? er hier ist, wird sie bleiben wollen.“

„Und was ware daran so schlimm? Du wolltest, da? ich bleibe, und ich habe nie geleugnet, da? sie viel dekorativer ist als ich.“

„Sie soll nicht bleiben, weil der einzige Grund dafur Joey ware. Du wei?t so gut wie ich, da? ihr das nicht bekommt. Du wei?t ja, da? er sich aus Marie nichts macht. Er hat sich namlich entschieden, hier zu bleiben. Wenn sie erfahrt, da? er da ist, und wenn sie sich zum Bleiben entschlie?t, steht ihm eine schwere Zeit bevor, und das konnen wir uns nicht leisten. Seine Aufgabe ist zu wichtig. Wenn er abgelenkt wird oder seine Absicht andert, dann gibt es Schwierigkeiten.“

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