«Du hast uns zum dritten und letzten Mal gerufen. Was befiehlst du jetzt?»

«Sturzt euch auf die Fremdem, die in mein Reich eingedrungen sind, und vernichtet sie alle, au?er dem Lowen, den ich vor meinen Wagen spannen will!»

«Es soll geschehen!» erwiderte der Anfuhrer, und das Rudel flog gerauschvoll nach Westen.

Der Sieg

Mit Entsetzen sahen die Wanderer die riesigen Affen nahen. Gegen diese Ungeheuer waren sie wehrlos.

Heulend sturzten sich die zottigen Tiere auf die verwirrte Schar. Keiner konnte dem anderen zu Hilfe kommen, denn es waren der Feinde zu viele.

Vergeblich hieb der Eiserne Holzfaller mit der Axt um sich. Von allen Seiten fielen die Affen uber ihn her, entrissen ihm die Axt, hoben ihn in die Luft und warfen ihn in einen Abgrund auf spitze Felsen, wo er zerschunden liegenblieb und sich nicht ruhren konnte. Die Axt flog ihm nach.

Ein anderer Teil des Rudels uberrumpelte den Scheuch, ri? ihm den Bauch auf, streute das Stroh in alle Winde, rollte seinen Rock mit dem Kopf, den Schuhen und dem Hut zu einem Bundel zusammen und warf es auf den Gipfel eines hohen Berges.

Der Lowe drehte sich im Kreise und brullte vor Angst so drohend, da? die Affen sich ihm nicht zu nahern wagten. Das dauerte jedoch nicht lange. Die Affen warfen ihm einen Strick um den Hals, mit dem sie ihn zu Boden zerrten. Dann fesselten und knebelten sie ihn, hoben ihn in die Luft und trugen ihn frohlockend zu Bastindas Schlo?, wo sie ihn in einen eisernen Kafig sperrten. Der Lowe tobte, walzte sich auf dem Boden und versuchte, seine Fesseln zu durchbei?en.

Grauen packte Elli. Der Anfuhrer der Fliegenden Affen sturzte sich auf sie und streckte die langen Arme mit den scharfen Krallen nach ihrem Hals aus. Da erblickte er ihre silbernen Schuhe, sprang entsetzt zuruck und stellte sich schutzend vor das Madchen.

«Ihr darf nichts geschehen!» rief er. «Das ist eine Fee!»

Da wurden die Affen freundlich und sogar ehrerbietig. Behutsam fa?ten sie Elli, die Totoschka in den Armen hielt, an und sausten mit ihr durch die Lufte zum Violetten Schlo? Bastindas, wo sie niedergingen. Der Anfuhrer setzte Elli auf den Boden. Als die Zauberin dies sah, schnaubte sie vor Wut und begann ihn heftig zu schelten. Er aber sagte:

«Wir haben deinen Befehl ausgefuhrt. Der eiserne Mann ist zerschlagen, der Scheuch zerrissen, der Lowe gefangen und in einen Kafig gesperrt. Dem Madchen konnten wir aber kein Haar krummen, denn du wei?t ja, wieviel Ungluck einem jeden droht, der die Besitzerin der silbernen Schuhe zu kranken wagt. Wir haben dir das Madchengebracht, tu mit ihm was du willst. Und damit verabschieden wir uns von dir fur immer!»

Mit lautem Geschrei erhoben sich die Affen und flogen davon.

Bastinda schaute auf Ellis Fu?e, und als sie die silbernen Schuhe Gingemas erkannte, begann sie an allen Gliedern zu zittern.

Woher hat sie die Schuhe? fragte sich Bastinda sturzt. Ist es moglich, da? dieses schwachliche Madelchen die machtige Gingema, die Herrscherin der Kauer, uberwaltigt hat? Wie konnte sie aber sonst in den Besitz der Schuhe kommen? Wehe mir! Jetzt darf ich dieses freche Ding nicht anruhren, solange sie die Zauberschuhe anhat.

Barsch sagte sie zu Elli:

«Heda, komm mal her! Wie hei?t du?»

Das Madchen blickte, die Augen voller Tranen, zur Zauberin auf

«Ich hei?e Elli, gnadige Frau.»

«Sag, wie hast du dich der Schuhe meiner Schwester Gingema bemachtigt?» fragte Bastinda streng.

Elli wurde puterrot.

«Glaubt mir, gnadige Frau, es ist nicht meine Schuld, mein Hauschen fiel auf Frau Gingema und erschlug sie…

«Gingema ist tot…», hauchte die bose Zauberin.

Bastinda hatte ihre Schwester nicht gemocht und sie viele Jahre nicht gesehen. Sie furchtete aber, da? das Madchen mit den silbernen Schuhen auch sie, Bastinda, vernichten konnte. Als sie jedoch das gutmutige Gesichtchen Ellis sah, beruhigte sie sich.

Sie wei? nichts von der geheimen Kraft der Schuhe, dachte die Zauberin. Gelingt es mir, sie ihr zu entrei?en, so werde ich noch machtiger sein als fruher, da die Wolfe, die Krahen, die schwarzen Bienen und der Goldene Hut mir zu Gebote standen.

Die Augen der Alten glanzten vor Gier, ihre Finger krummten sich, als zerrten sie schon die Schuhe von Ellis Fu?en.

«Hor, kleine Elli», krachzte sie, «du wirst mir als Sklavin dienen, und falls du schlecht arbeitest, werde ich dich mit einem gro?en Stock zuchtigen und in einen finsteren Keller stecken, wo Ratten — gro?e, hungrige Ratten dich fressen und deine feinen Knochen benagen werden. Hi, hi, hi, hast du kapiert?»

«Oh, gnadige Frau, werft mich nicht zu den Ratten, ich werde Euch gehorchen!»

Das Madelchen war starr vor Schreck.

Da gewahrte Bastinda Totoschka, der sich angstlich an Ellis Beine schmiegte.

«Was ist das fur ein Tier?» fragte die Zauberin.

«Das ist mein Hundchen Totoschka», erwiderte Elli mit zitternder Stimme. «Totoschka ist ein gutes Tier und hat mich sehr lieb.»

«Hm, hm», brummte die Zauberin. «Ich hab solche Tiere noch niemals gesehen. Pa? auf, da? mir dieses Hundchen, wie du es nennst, nicht unter die Augen kommt, sonst werf ich es noch vor dir in den Keller zu den Ratten. Und jetzt folgt mir!»

Bastinda fuhrte ihre Gefangenen durch die herrlichen Gemacher ihres Schlosses, in denen alles violett war: die Wande, die Teppiche, die Mobel. An den Turen standen Zwinkerer in lila Rocken, die sich beim Erscheinen der Zauberin bis zum Boden verneigten und ihr angstlich nachblinzelten. Schlie?lich kamen sie in eine dunkle, schmutzige Kuche.

«Du wirst die Topfe, Pfannen und Kasserollen putzen, den Fu?boden scheuern und den Ofen heizen. Meine Kochin braucht schon seit langem eine Gehilfin.»

Sie lie? das Madchen, das wie versteinert dastand, in der Kuche zuruck und ging, sich die Hande reibend, in den Hinterhof.

Der hab ich einen Schreck eingejagt! Nun will ich mir den Lowen vornehmen, und beide werden mir von jetzt ab auf den Wink gehorchen.

Der Feige Lowe hatte inzwischen seine Fesseln durchgebissen und sich in einer Ecke des Kafigs hingekauert. Als er Bastinda erblickte, begannen seine gelben Augen bose zu funkeln.

'Wie schade, da? ich noch keinen Mut hab. Wie wurde ich den Tod des Scheuchs und des Eisernen Holzfallers an der alten Hexe rachen!' dachte er und duckte sich zum Sprung.

Die Alte trat durch die kleine Tur in den Kafig.

«Du, Lowe, hor mal», murmelte sie mit zahnlosem Mund, «du bist jetzt mein Gefangener! Ich werde dich an den Festtagen vor meinen Wagen spannen, damit die Zwinkerer sagen: 'Ei, ei, seht, wie machtig unsere Herrscherin Bastinda ist. Sogar den Lowen hat sie sich unterworfen!'»

Wahrend Bastinda so schwatzte, sperrte der Lowe seinen Rachen auf, straubte die Mahne und warf sich ihr entgegen.

«Jetzt fre? ich dich!» brullte er.

Er verfehlte Bastinda nur um ein Haar. Entsetzt sturzte die Hexe aus dem Kafig und schlug die Tur hinter sich zu. Keuchend vor Schreck schrie sie durch das Gitter:

«Verfluchtes Biest! Du sollst mich noch kennenlernen! Du wirst vor Hunger krepieren, wenn du dich nicht einspannen la?t!»

«Ich werde dich fressen», brullte der Lowe und warf sich mit aller Wucht gegen das Gitter.

Die Alte trippelte fluchend dem Schlo? zu.

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