scherzen?«
»Wir haben nicht geglaubt, dass du es wortlich meinst«, erwiderte Tom.
»Warum ihr glauben, ich retten euer Leben?«
»Keine Ahnung. Uns bist du wie ein Heiliger erschienen.«
Borabay lachte. »Ich heilig? Du lustig, Bruder! Wir alle Bruder. Wir alle haben gleichen Vater, Masseral Borabay.
Du Borabay, ich Borabay, wir alle Borabay.« Er klopfte sich auf den Brustkorb.
»Broadbent«, korrigierte Philip. »Der Name ist Broadbent.«
»Borabeyn. Ich sprechen gut. Du mich verstehen. Ich bin Borabay schon lange, so ich bleiben Borabay.«
Sallys Lachen stieg plotzlich zum Himmel empor. Sie war ebenfalls aufgestanden und umkreiste das Lagerfeuer. »Als gabe es in dieser Gegend nicht schon genug Broadbents!
Und jetzt gibt's sogar noch einen mehr! Vier Stuck! Kann die Welt das verkraften?«
Vernon, der den Sachverhalt als Letzter verstanden hatte, war nun der Erste, der wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Er stand auf und ging zu Borabay hinuber. »Ich freue mich, dich als meinen Bruder willkommen zu hei-
?en«, sagte er und druckte Borabay an sich. Borabay schaute leicht erstaunt drein, dann umarmte auch er Vernon.
Vernon machte Platz, als Tom vortrat und die Hand ausstreckte. Borabay schaute sie verdutzt an.
»Stimmt was nicht mit Hand, Bruder?«
sen, und der Indianer reagierte mit seiner rituellen Umar-mung. Tom wich zuruck, und als er ins Gesicht seines Bruders schaute, konnte er in dessen Zugen seine eigenen erkennen. Und die seines Vaters und seiner anderen Bruder.
Dann war Philip an der Reihe. Er streckte die Hand aus.
»Borabay, ich bin nicht der Typ zum Knuddeln und Kussen. Wir Gringos schutteln uns die Hand. Ich bring es dir bei. Streck die Hand aus.«
Borabay streckte die Hand aus. Philip ergriff und schuttelte sie. Borabays Arm zappelte herum, und als Philip seine Hand freigab, zog Borabay sie an sich und untersuchte, ob sie noch heil war.
»Nun, Borabay«, sagte Philip. »Willkommen im Klub. Im Klub der verarschten Maxwell-Broadbent-Sohne. Die Mit-gliederliste wird taglich langer.«
»Was bedeuten
Philip winkte ab. »Ist nur eine Redensart.«
Auch Sally umarmte Borabay. »Ich bin keine Broadbent«, sagte sie mit einem Lacheln. »Dem Himmel sei Dank.«
Alle nahmen wieder am Feuer Platz. Nun breitete sich verlegenes Schweigen aus.
»Was fur ein Familientreffen«, sagte Philip und schuttelte unglaubig den Kopf. »Unser alter Vater ist auch nach seinem Tod noch immer fur eine Uberraschung gut.«
»Aber das ich wollte erzahlen«, sagte Borabay. »Vater sein
50
Die Nacht war hereingebrochen, doch in den Tiefen der Gruft, in die seit tausend Jahren kein Licht gefallen war, machte das keinen Unterschied. Marcus Hauser trat uber den zerbrochenen Tursturz in den tiefen Raum und inhalierte den kuhlen Staub der Jahrhunderte. Eigenartig, es roch frisch und sauber hier, ohne den geringsten Hinweis von Verfall oder Faulnis. Er leuchtete mit dem starken Ha-logenscheinwerfer um sich. Das verstreute Glitzern von Gold und Jade zwinkerte zu ihm zuruck und vermischte sich mit braunen Knochen und Staub. Das einst uppig geschmuckte Skelett lag auf einer mit Hieroglyphen verzierten steinernen Bestattungsplattform.
Hauser trat vor, hob einen goldenen Ring auf und schuttelte den noch vorhandenen Fingerknochen ab, an dem er befestigt war. Das prachtige Stuck war mit einem Jaguarkopf aus Jade verziert. Er schob den Ring in die Tasche und klaubte die anderen Gegenstande auseinander, die an dem Korper vorhanden waren. Er steckte die kleineren Gold-und Jadestucke ein und machte dann gemachlich eine Runde durch die Grabkammer.
Der Schadel des Toten lag am anderen Ende der Plattform.
Irgendwann im Laufe der Jahrhunderte hatte sein Kiefer sich gelost und war teilweise abgefallen, sodass der Schadel nun irgendwie verblufft wirkte, als konne er seinen Tod nicht ganz fassen. Das Fleisch war zum gro?ten Teil weg, aber ein dicker Haarzopf lag lose auf dem Hinterkopf. Hauser griff nach dem Schadel und hob ihn auf. Der Kiefer klappte weg und hing nur noch an einigen ausgedorrten Knorpelfaden. Die Vorderzahne waren spitz zugefeilt.
Hauser lie? den Lichtstrahl uber die Mauern schweifen.
Stumpfe Fresken, von Kalk und Schimmel verhullt, waren an die Wande gemalt. In einer Ecke lagen Topfe voller Staub, irgendein Erdbeben hatte sie vor Jahrhunderten ge-geneinander geschlagen und zerbrochen. Kleine Wurzeln hatten die Decke durchdrungen und baumelten in einem Gewirr in die tote Luft hinunter.
Er wandte sich dem Teniente zu: »Ist dies das einzige Grab hier drin?«, fragte er.
»Auf dieser Seite der Pyramide, ja. Wir mussen uns noch die andere ansehen. Wenn sie symmetrisch ist, gibt's da vermutlich noch eine wie die hier.«
Hauser schuttelte den Kopf. Er wurde Max in dieser Pyramide nirgendwo finden. Es war zu offensichtlich. Max hatte sich wie Konig Tutenchamun bestatten lassen, an einem Ort, den man nicht sofort als Grab erkannte. Genau so und nicht anders wurde er vorgehen.
»Lassen Sie die Manner antreten, Teniente. Ich mochte zu ihnen sprechen. Wir werden die Stadt von Osten nach Westen durchkammen.«
»Jawohl, Sir.«
Hauser stellte fest, dass er den Schadel noch immer in der Hand hielt. Er schenkte ihm einen letzten Blick, dann warf er ihn beiseite. Er schlug mit einem hohlen Gerausch auf den Boden und zerbrach, als sei er aus Gips. Der Unterkiefer rollte uber den Boden und beschrieb ein paar verruckte Kurven, bevor er im Staub zur Ruhe kam.
Eine brutale Durchsuchung der Stadt mit Dynamit. Einen Tempel nach dem anderen. Hauser schuttelte den Kopf. Er wunschte, sein Spaher wurde von den Broadbents zuruckkehren. Es gab eine bessere Moglichkeit, die Sache durchzuziehen. Eine viel bessere Methode.
51
Vater
»Ja.«
»Hei?t das, er ist noch nicht bestattet worden?«
»Ich Geschichte beenden, bitte. Nachdem Vater bleiben in Tara ein Jahr, meine Mutter mich geboren. Doch Vater reden uber Wei?e Stadt und gehen zu ihr. Viele Tage oder sogar Wochen. Hauptling sagt, ist verboten, aber Vater nicht auf ihn horen. Er suchen und graben nach Gold. Dann er finden Platz von Graber, offnen Grab von alte Tara-Konig und rauben aus. Schlechte Tara-Manner ihm helfen, er entwischen mit Schatz flussabwarts und verschwinden.«
»Und er lie? deine Mutter mit einem Saugling allein zuruck«, sagte Philip ironisch. »Wie auch seine anderen Frauen.«
Borabay drehte sich um und schaute Philip an.