angefertigt hatte.

Seine Manner hatten das Areal zweimal durchsucht, doch es war so zugewachsen, dass es fast ein Ding der Unmoglichkeit war, einen akkuraten Stadtplan anzulegen. Es gab mehrere Pyramiden sowie Dutzende von Tempeln und andere Gebaude: mehrere hundert Stellen, an denen sich Grabkammern verbergen konnten. Wenn ihnen das Gluck nicht zu Hilfe kam, konnte es Wochen dauern.

Ein Soldat trat in den Turrahmen und salutierte.

»Meldung.«

»Die Sohne sind noch drei?ig Kilometer entfernt, Sir, hinter der Rio-Ocata-Furt.«

Hauser legte den Stadtplan langsam hin. »Sind sie gesund und munter?«

»Sie erholen sich von einer Krankheit. Bei ihnen ist ein Tara-Indianer, der sich um sie kummert.«

»Waffen?«

»Die Frau hat ein nutzloses altes Jagdgewehr. Pfeil und Bogen, und naturlich ein Blasrohr ...«

»Ja, ja.« Hauser empfand eine Art neidischen Respekt fur die Sohne, besonders fur Philip. Normalerweise hatten sie alle tot sein mussen. Max war so gewesen wie sie: ein sturer Gluckspilz. Es war eine starke Mischung. In Hausers Geist blitzte ein Bild von Max auf: Er war bis zur Taille nackt und bahnte sich mit einer Machete seinen Weg durch den Ur-

wald. Holzspane, Astchen und Blatter klebten ihm am ver-schwitzten Leib. Sie hatten sich monatelang einen Weg durch den Dschungel gebahnt. Sie waren gestochen worden und hatten sich infiziert und geschnitten. Trotzdem hatten sie nichts gefunden. Dann hatte Max ihm den Laufpass gegeben, war flussaufwarts gezogen und hatte endlich das entdeckt, wonach sie uber ein Jahr lang gesucht hatten.

Hauser war pleite nach Hause zuruckgekehrt und hatte sich freiwillig melden mussen ... Er schuttelte den Kopf, um seinem Arger Luft zu machen. Das war Vergangenheit. Die Zukunft gehorte ihm -und Broadbents Vermogen auch.

Der Teniente meldete sich zu Wort: »Soll ich einen Trupp in Marsch setzen, um sie zu toten? Ich bin mir ganz sicher, dass wir sie diesmal erledigen konnen, Jefe.«

»Nein«, sagte Hauser. »Sie sollen ruhig nach Hause kommen. «

»Ich verstehe nicht.«

Hauser schaute den Teniente an. »Tun Sie ihnen nichts.

Lassen Sie sie in Ruhe. Sie sollen ruhig kommen.«

53

Philip erholte sich zwar langsamer als die anderen, doch nach drei weiteren Tagen unter Borabays Pflege konnte er wieder gehen. An einem sonnigen Morgen brachen sie das Lager ab und setzten sich in Richtung Tara- Dorf in Bewegung. Es lag im Vorgebirge der Sierra Azul. Borabays Krau-tersude, Salben und Tees hatten auf sie alle eine bemerkenswerte Wirkung gehabt. Borabay ging mit seiner Machete voran und gab ein rasches Tempo vor. Gegen Mittag erreichten sie den breiten Fluss, an dem sie Philip gefunden hatten. Sie legten in funf Stunden eine Strecke zuruck, die sie wahrend ihres verzweifelten Ruckzuges funf Tage gekostet hatte. Hinter dem Fluss, in der Nahe der Sierra Azul, bewegte Borabay sich vorsichtiger. Sie kamen ins Vorgebirge und stiegen langsam hinauf. Der Wald verlor an Finsternis, es schien sonniger zu werden. An den Asten der Baume wuchsen Orchideen. Frohliche Sonnenflecken sprenkelten den vor ihnen liegenden Weg.

Sie verbrachten die Nacht in einer alten Tara-Siedlung, einem Halbrund aus mit Palmwedeln gedeckten Hutten, die in wild wucherndem Grunzeug versunken waren. Borabay schlug sich durch die hufthohe Vegetation, schwang seine Machete und bahnte ihnen einen Pfad zu den am besten erhaltenen Behausungen. Er ging gebuckt hinein. Tom horte zuerst in der einen, dann in der anderen Hutte das Ratschen der Machete, das Stampfen von Fu?en und ge-murmelte Verwunschungen. Dann tauchte Borabay mit einer zuckenden kleinen Schlange auf. Er hatte sie mit der Spitze seiner Machete aufgespie?t und warf sie in den Wald. »Hutten jetzt sauber. Ihr gehen rein, hangen Hangematten auf und ruhen aus. Ich machen Essen.«

Tom schaute Sally an. Er glaubte, dass sein Herz so laut in seinem Brustkorb schlug, dass alle es horen mussten. Obwohl sie kein Wort wechselten, wussten beide, was nun kommen wurde.

Sie betraten die kleinere Hutte. Innen war es warm und es roch nach Heu. Sonnenstrahlen stachen durch kleine Locher im Blatterdach und sprenkelten den Raum mit nachmittag-lichem Licht. Tom hangte seine Matte auf und schaute Sally zu, die das Gleiche mit der ihren tat. Die Lichtflecke waren wie uber ihr Haar verstreute Goldmunzen, die bei jeder Bewegung aufblitzten. Als Sally fertig war, trat Tom vor und nahm ihre Hand. Sie bebte leicht. Er zog sie an sich, streichelte ihr mit den Fingern ubers Haar und kusste sie auf den Mund. Sally kam naher, ihr Korper beruhrte den seinen, und er kusste sie erneut. Diesmal offneten sich ihre Lippen. Er spurte ihre Zunge. Dann kusste er ihren Mund, ihr Kinn und ihren Hals. Sally zog ihn an sich und schlang die Arme um seinen Rucken. Tom kusste sie oben am Hemd, glitt nach unten und kusste jeden Knopf, den er offnete. Er enthullte ihre Bruste und kusste auch sie, zuerst seitlich, dann rings um die harten und erigierten Warzen.

Dann lie? er die Hand uber ihren glatten Bauch gleiten. Er spurte, wie Sallys Hande seine Lendenmuskeln massierten.

Er offnete ihren Hosengurtel, kniete sich hin, kusste ihren Bauchnabel und umschlang sie mit den Handen, um sie, wahrend sie ihre Hose herunterzog, festzuhalten. Sally schob das Becken vor und spreizte die Schenkel. Dabei atmete sie flach, und als er sie pausenlos kusste und ihr Gesa? festhielt, spurte er, wie ihre Finger sich in seine Schultern gruben und sie jah Luft holte. Ein plotzliches Stohnen.

Ihr ganzer Korper erbebte.

Dann zog Sally ihn aus, und sie legten sich in die warme Finsternis und liebten sich, wahrend drau?en die Sonne unterging. Das Licht, das durch die kleinen Astlocher der Hutte schien, farbte sich rot und verblasste. Dann versank die Sonne hinter den Baumen, und die Hutte lag in dammeri-ger Dunkelheit. Das einzige Gerausch waren die leisen Schreie, die diese seltsame Welt erfullten, die sie umgab.

54

Borabays frohliche Stimme weckte sie. Es war Nacht, die Luft war kuhler. Der Geruch gebratenen Fleisches wehte durch die Hutte.

»Abendessen!«

Tom und Sally zogen sich an und traten ins Freie. Sie waren verlegen. Der Himmel war voller Sterne. Uber ihnen spannte sich die Milchstra?e wie ein Fluss aus Licht. Tom hatte noch nie eine so schwarze Nacht und einen so hellen Sternenhimmel gesehen.

Borabay sa? am Feuer und wendete die Fleischspie?e. Nebenbei bearbeitete er einen trockenen Kurbis, in den er Locher bohrte. Ein Ende versah er mit einer Kerbe. Als er fertig war, hob er den Kurbis an den Mund und blies hinein.

Er brachte einen lieblichen, leisen Ton hervor, dann noch einige andere. Borabay horte auf und grinste.

»Wer mochte Musik horen?«

Er fing an zu spielen. Die umherschweifenden Klange ver-banden sich zu einer gespenstischen Melodie. Der Dschungel verfiel in Schweigen, als die reinen, klaren Tone, die er dem Kurbis entlockte, schneller, hoher und wieder tiefer wurden. Die Akkorde platscherten so deutlich und eilig dahin wie ein Gebirgsbach. Dazwischen gab es Momente der Stille, in denen die Melodie rings um sie her schier in der Luft zu schweben schien. Dann nahm Borabay das Lied wieder auf. Es endete mit einer Reihe von tiefen Klangen, die so gespenstisch waren wie das Achzen des Windes in einer Grotte.

Als er aufhorte, hielt die Stille eine Minute an. Dann fullten die Dschungelgerausche nach und nach die Leere aus, die seine Musik hinterlassen hatte.

»Wunderschon«, sagte Sally.

»Das Talent musst du von deiner Mutter geerbt haben«, meinte Vernon. »Vater hat namlich Blechohren.«

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