erzahlt, von meinem Leben in Sudafrika und von den letzten zehn Jahren in Kanada, die mir Erfolg brachten.«

»Ach, Geschafte«, meinte Alix wegwerfend.

Plotzlich lachte Gerald auf.

»Ich wei?, was du meinst - Liebesaffaren. Ihr Frauen seid doch alle gleich. Etwas anderes interessiert euch nicht.«

Alix fuhlte, wie ihr der Hals trocken wurde, wahrend sie undeutlich murmelte: »Nun, aber es mu? doch - Liebesaffaren gegeben haben. Ich meine, wenn ich nur wu?te ...«

Wieder trat minutenlang Stille ein. Unwillig runzelte Gerald Martin die Stirn. Als er zu reden anfing, tat er es ernst und ohne eine Spur von seiner vorherigen neckenden Art.

»Alix, haltst du dieses Blaubart-Gehabe fur klug? Es gab Frauen in meinem Leben. Ich streite es nicht ab. Du wurdest es mir auch sowieso nicht glauben. Aber ich kann dir ehrlich versichern, da? keine von ihnen mir etwas bedeutete.«

Es war eine Aufrichtigkeit in seinem Ton, die Alix beruhigte.

»Zufrieden?« fragte er mit einem Lacheln. Dann blickte er sie mit einem Anflug von Neugierde an. »Wie bist du eigentlich ausgerechnet heute abend auf dieses unerquickliche Thema gekommen?«

Alix stand auf und begann ruhelos hin und her zu laufen.

»Ach, ich wei? es nicht«, antwortete sie. »Ich war schon den ganzen Tag uber nervos.«

»Das ist seltsam«, sagte Gerald leise, als sprache er mit sich selbst, »sehr seltsam.«

»Was ist daran seltsam?«

»Aber, mein liebes Kind, ich habe das nur so gesagt, weil du gewohnlich ausgeglichen und nett bist.«

»Heute war alles dazu angetan, mich zu verargern«, beichtete sie. »Sogar der alte George. Er hatte so eine lacherliche Idee im Kopf, da? wir nach London fahren wurden. Er sagte, du hattest es ihm erzahlt.«

»Wo hast du ihn getroffen?« fragte Gerald scharf.

»Er kam statt Freitag schon heute zur Arbeit.«

»Der verdammte alte Dummkopf«, schnauzte Gerald zornig.

Alix blickte ihn uberrascht an. Das Gesicht ihres Mannes war vor Wut verzerrt. Niemals vorher hatte sie ihn so aufgebracht gesehen. Als er ihr Erstaunen bemerkte, bemuhte er sich, seine Selbstkontrolle wiederzugewinnen.

»Na, er ist auch ein verflixter alter Schwatzer«, knurrte er.

»Was hast du denn zu ihm gesagt, da? er auf solche Ideen kommt?«

»Ich? Ich habe uberhaupt nichts gesagt. Wenigstens - ach ja, jetzt erinnere ich mich. Ich habe einen kleinen Witz gemacht und ihm erzahlt, da? ich am Morgen nach London fahre. Das hat er wohl ernst genommen. Vielleicht hort er auch nicht mehr richtig. Du hast ihn naturlich aufgeklart?«

Gespannt wartete er auf ihre Antwort.

»Sicher. Aber er ist einer von der Sorte alter Manner, die sich von einer Idee nicht mehr abbringen lassen.«

Dann erzahlte sie Gerald von Georges Behauptung, das Haus habe nur zweitausend Pfund gekostet.

Gerald war einen Augenblick still, dann sagte er langsam:

»Ames war gewillt, zweitausend Pfund in bar und den Rest in Pfandbriefen zu nehmen. Ich nehme an, da? er das durcheinandergebracht hat.«

»Wahrscheinlich«, stimmte Alix zu.

Dann blickte sie auf die Uhr.

»Wir sollten anfangen, Gerald. Funf Minuten nach dem Plan!«

Ein undefinierbares Lacheln trat in sein Gesicht.

»Ich habe es mir anders uberlegt«, antwortete er ruhig. »Ich werde heute abend keine Fotoarbeiten machen.«

Die Gedanken einer Frau sind eine seltsame Sache. Als Alix an diesem Mittwoch abend zu Bett ging, war sie ruhig und mit sich zufrieden. Der Arger war vergessen und ihr Gluck ungetrubt wie eh und je.

Aber am Abend des folgenden Tages bemerkte sie, da? irgendwelche Krafte wieder daran waren, dieses Gefuhl des Glucks zu unterminieren. Dick Windyford hatte nicht noch einmal angerufen. Trotzdem fuhrte sie es auf ihn zuruck. Immer und immer wieder kamen ihr seine Worte in den Sinn: »Dieser Mann ist ein vollig Fremder. Du wei?t uberhaupt nichts uber ihn.« Und sie sah ihren Mann wieder vor sich, wie er sagte: »Alix, haltst du dieses BlaubartGehabe fur klug?« Weshalb hatte er das gesagt? Eine Warnung hatte in diesen Worten gelegen - ein Anflug von Drohung, so als wollte er sagen: »Schnuffle nicht in meiner Vergangenheit, Alix, sonst kannst du eine peinliche Uberraschung erleben.«

Bis Freitag morgen hatte sich Alix eingeredet, da? es tatsachlich eine Frau in Geralds Leben gegeben hatte, eine Affare, die er eifrig vor ihr zu verbergen trachtete. Ihre Eifersucht kannte keine Grenzen.

War es eine Frau, die er neulich abends um neun Uhr treffen wollte? War seine Geschichte, Negative entwickeln zu wollen, eine Notluge, die er aus dem Augenblick heraus erdacht hatte? Vor drei Tagen noch hatte sie geschworen, da? sie ihren Mann durch und durch kenne. Jetzt hatte sie das Gefuhl, da? er ein Fremder war, uber den sie nichts wu?te. Sie erinnerte sich an seinen Arger uber den alten George. So aufgebracht war er noch nie gewesen. Eine Kleinigkeit, vielleicht, aber sie zeigte ihr, da? sie den Mann, mit dem sie verheiratet war, nicht wirklich kannte.

Am Freitag mu?ten verschiedene Kleinigkeiten aus dem Dorf besorgt werden. Am Nachmittag schlug Alix vor, da? sie dies erledigen werde; Gerald konne im Garten bleiben. Aber zu ihrer Verwunderung war er damit nicht einverstanden und erklarte eigensinnig, da? er sich um die Sachen kummern werde und sie zu Hause bleiben solle.

Alix gab nach, aber seine Beharrlichkeit erstaunte und alarmierte sie. Weshalb wollte er so angstlich vermeiden, da? sie ins Dorf ging?

Plotzlich fiel ihr eine Erklarung dafur ein. War es nicht moglich, da? er Dick Windyford getroffen hatte, ohne ihr etwas davon zu sagen? Als sie heirateten, war Alix nicht eifersuchtig gewesen. Und jetzt? - Konnte es mit Gerald nicht dasselbe sein? Vielleicht wollte er nur verhindern, da? sie Dick wiedersah. Diese Erklarung war so einleuchtend, und sie hatte etwas so Trostliches, da? Alix sich nur zu gern daran klammerte.

Aber spater, nach dem Tee, war sie wiederum ruhelos und nervos. Sie kampfte mit einer Versuchung, die sie seit Geralds Weggehen verspurte. Zu guter Letzt, als sie sich lange genug eingeredet hatte, da? das Ankleidezimmer ihres Mannes eine grundliche Reinigung notig habe, ging sie mit einem Staubtuch hinauf. »Wenn ich nur sicher ware«, wiederholte sie immer wieder, »wenn ich nur ganz sicher ware!«

Vergeblich versuchte sie sich davon zu uberzeugen, da? alles, was kompromittierend sein konnte, gewi? schon vor Jahren vernichtet worden war. Dagegen wiederum argumentierte sie, da? Manner oft die verrucktesten Beweisstucke aus ubertriebener Sentimentalitat aufbewahrten.

Am Ende unterlag Alix. Ihre Wangen brannten vor Scham uber ihr Tun, wahrend sie atemlos in gebundelten Briefpackchen und Dokumenten wuhlte, die Schubladen herauszog und sogar die Taschen der Anzuge ihres Mannes durchstoberte. Nur zwei Schubladen machten ihr einen Strich durch die Rechnung. Die unterste der Kommode und eine schmale Lade rechts im Schreibtisch waren verschlossen. Aber inzwischen hatte Alix jede Hemmung verloren. Sie war nun fest uberzeugt, in einem dieser beiden Facher Beweise fur die Existenz dieser eingebildeten Frau aus der Vergangenheit zu finden, die ihr im Kopf herumspukte.

Ihr fiel ein, da? Gerald seine Schlussel achtlos unten auf die Anrichte gelegt hatte. Sie holte sie und probierte einen nach dem anderen aus. Der dritte pa?te fur das Schreibtischfach. Begierig offnete Alix. Sie fand ein Scheckbuch und eine prall mit Geldnoten gefullte Brieftasche und dann, ganz hinten, ein Bundel Briefe, sauberlich mit einem Band zusammengeschnurt. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen, als sie das Band loste.

Brennende Schamrote ubergo? ihr Gesicht, und sie lie? das Bundel zuruck in die Lade fallen, schob sie zu und verschlo? sie wieder. Es waren die Briefe, die sie vor ihrer Hochzeit an Gerald geschrieben hatte.

Sie wandte sich jetzt der untersten Schublade zu, mehr aus dem Gefuhl heraus, nichts auslassen zu wollen, als in der Erwartung, etwas zu entdecken. Argerlich stellte sie fest, da? keiner der Schlussel von Geralds Bund pa?te. Sie ging in ein anderes Zimmer und kam mit einer Auswahl kleiner Schlussel zuruck. Befriedigt fand sie heraus, da? ein Reserveschlussel vom Kleiderschrank pa?te. Sie schlo? auf und offnete. Was sie fand, war nichts als eine Rolle Zeitungsausschnitte, die durch die Zeit bereits verschmutzt und vergilbt waren.

Ein Seufzer der Erleichterung entfuhr Alix. Nichtsdestoweniger las sie die Ausschnitte. Sie war neugierig, was Gerald so sehr interessiert hatte, da? er diese vergilbte Zeitungsrolle aufbewahrt hatte. Es waren fast alles

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