ganz oben im Haus.«

Hercule Poirot trommelte eine Zeitlang mit den Fingern auf den Tisch. Dann sagte er:

»Ich mochte gern mit Miss Farley sprechen. Wurden Sie sie vielleicht bitten, fur einen Augenblick hierherzukommen?«

Stillingfleet blickte ihn neugierig an und verlie? dann das Zimmer. Bald darauf offnete sich die Tur, und Joanna Farley kam herein.

»Sie haben hoffentlich nichts dagegen, Mademoiselle, wenn ich ein paar Fragen an Sie richte?«

Sie schenkte ihm einen kuhlen Blick.

»Bitte, fragen Sie, was Sie wollen.«

»Haben Sie gewu?t, da? Ihr Vater einen Revolver in seinem Schreibtisch aufbewahrte?«

»Nein.«

»Wo waren Sie und Ihre Mutter - oder vielmehr Ihre Stiefmutter - stimmt's?«

»Ja, Louise ist die zweite Frau meines Vaters. Sie ist nur acht Jahre alter als ich. Was wollten Sie noch sagen?«

»Wo waren Sie und Ihre Stiefmutter am Donnerstag abend in der vergangenen Woche?«

Sie uberlegte eine Weile. »Donnerstag? Einen Augenblick. Ach ja, wir waren im Theater.«

»Und Ihr Vater hatte keine Lust, sich Ihnen anzu-schlie?en?«

»Mein Vater ging nie ins Theater.«

»Womit befa?te er sich abends gewohnlich?«

»Er sa? hier in seinem Zimmer und las.«

»Er war wohl nicht sehr gesellig, wie?«

Joanna Farley blickte ihm fest in die Augen, »Mein Vater«, erklarte sie, »hatte ein selten unangenehmes Wesen. Niemand, der in enger Gemeinschaft mit ihm lebte, konnte ihn irgendwie gern haben.«

»Das, Mademoiselle, ist ein sehr offenes Zugestandnis.«

»Ich erspare Ihnen Zeit, Monsieur Poirot. Ich wei? sehr wohl, worauf Sie hinauswollen. Meine Stiefmutter hat meinen Vater seines Geldes wegen geheiratet. Ich wohne hier, weil ich kein Geld habe, um anderswo ein Domizil aufzuschlagen. Ich kenne einen Mann, den ich heiraten mochte. Es ist ein armer Mann. Mein Vater sorgte dafur, da? er seinen Posten verlor. Er wunschte namlich, da? ich eine gute Partie machte - was ja nicht schwer war, da ich seine Erbin sein sollte!«

»Erben Sie das Vermogen Ihres Vaters?«

»Ja. Das hei?t, er hat Louise, meiner Stiefmutter, eine Viertelmillion Pfund steuerfrei hinterlassen, und es sind noch einige andere Vermachtnisse vorhanden, aber die Universalerbin bin ich.«

Sie lachelte plotzlich. »Sie sehen also, Monsieur Poirot, da? ich allen Grund hatte, den Tod meines Vaters herbeizusehnen.«

»Ich sehe, Mademoiselle, da? Sie die Intelligenz Ihres Vaters geerbt haben.«

Nachdenklich meinte sie:

»Ja, Vater war klug. Man spurte in seiner Gegenwart die gewaltige Triebkraft, die in ihm steckte. Nur hatte sich alles in Kalte und Bitterkeit verwandelt. Alle menschlichen Gefuhle waren atrophiert ...«

Hercule Poirot sagte leise vor sich hin: »Grand Dieu, was fur ein Dummkopf war ich doch!«

Joanna Farley wandte sich zum Gehen.

»Mochten Sie sonst noch etwas wissen?«

»Zwei kleine Fragen. Diese Zange hier« - er nahm die Faulenzerzange in die Hand - »lag sie immer auf diesem Schreibtisch?«

»Ja. Vater buckte sich nicht gern.«

»Und nun die zweite Frage. Konnte Ihr Vater gut sehen?«

»Oh - er konnte uberhaupt nicht sehen - ich meine, nicht ohne seine Brille. Seine Augen waren immer schlecht, schon von Kindheit an.«

»Aber mit der Brille?«

»Damit sah er naturlich ganz gut.«

»Konnte er Zeitungen und kleinen Druck lesen?«

»Doch, ja.«

»Das ware alles, Mademoiselle.«

Sie verlie? das Zimmer.

Poirot murmelte:

»Ich war ja dumm. Die ganze Zeit uber hatte ich es direkt vor der Nase. Aber man sieht ja bekanntlich den Wald vor lauter Baumen nicht.«

Noch einmal lehnte er sich aus dem Fenster. Da unten, auf dem schmalen Weg zwischen dem Haus und der Fabrik, sah er einen kleinen, dunklen Gegenstand.

Hercule Poirot nickte befriedigt und begab sich wieder nach unten.

Die anderen sa?en immer noch in der Bibliothek, und Poirot wandte sich an den Sekretar.

»Mr. Cornworthy, ich mochte, da? Sie mir die naheren Umstande schildern, die mit Mr. Farleys Aufforderung an mich verknupft waren. Wann hat Mr. Farley, zum Beispiel, den Brief diktiert?«

»Mittwoch nachmittag - gegen halb sechs, soweit ich mich erinnere.«

»Haben Sie besondere Anweisungen fur das Absenden erhalten?«

»Er bat mich, ihn selbst in den Kasten zu werfen.«

»Und haben Sie das getan?«

»Ja.«

»Hat er dem Butler besondere Instruktionen fur meinen Empfang erteilt?«

»Ja. Er lie? Holmes - so hei?t der Butler - durch mich bestellen, da? er um neun Uhr drei?ig den Besuch eines Herrn erwarte. Der Butler sollte sich nach dem Namen erkundigen und sich auch den Brief zeigen lassen.«

»Ziemlich seltsame Vorsichtsma?regeln.«

Cornworthy zuckte die Achseln. »Mr. Farley«, sagte er gemessen, »war ein ziemlich seltsamer Mensch.«

»Erhielten Sie noch andere Anweisungen?«

»Ja. Er trug mir auf, den Abend fur mich zu verbringen.«

»Haben Sie das getan?«

»Ja, ich bin sofort nach dem Essen ins Kino gegangen.«

»Wann sind Sie zuruckgekehrt?«

»Gegen ein Viertel nach elf war ich wieder im Hause.«

»Haben Sie Mr. Farley an diesem Abend noch gesehen?«

»Nein.«

»Und am nachsten Morgen hat er die Angelegenheit auch nicht erwahnt?«

»Nein.«

Poirot lie? eine Pause eintreten und fuhr dann fort:

»Als ich kam, wurde ich nicht in Mr. Farleys eigenes Zimmer gefuhrt.«

»Nein. Er lie? Holmes durch mich ausrichten, da? er Sie in mein Zimmer fuhren solle.«

»Warum eigentlich? Wissen Sie das?«

Cornworthy schuttelte den Kopf.

»Ich habe Mr. Farley nie nach dem Grund seiner Anordnungen gefragt«, sagte er trocken. »Das hatte er mir sehr ubel genommen.«

»Hat er Besucher gewohnlich in seinem eigenen Zimmer empfangen?«

»Meistens, aber nicht immer. Manchmal sprach er mit ihnen in meinem Zimmer.«

»War ein besonderer Grund dafur vorhanden?«

Hugo Cornworthy uberlegte.

»Nein. Ich glaube kaum. Ich habe eigentlich nie daruber nachgedacht.«

Poirot wandte sich an Mrs. Farley.

»Gestatten Sie, da? ich nach Ihrem Butler klingle?«

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