Produkt handelte, erfand man ein Gegenmittel. Das Problem dabei war nur, es gab keinen Morghun-Bewohner, der fahig gewesen ware, auch nur zum Zone-Zugang zu gelangen und das Zeug abzuholen. Aus diesem Grund erboten sich zwei benachbarte Hexagons, das zu ubernehmen. Es stellte sich heraus, da? die Lieferungen uberhaupt nicht ankamen. Kein Zweifel daran, da? jemand sie aufhielt.«

»Und wie sind Sie hineingeraten?« fragte sie gebannt.

»Ich war in Dhutu, nicht weit von ihr. Ortega setzte sich mit mir in Verbindung und machte mir klar, worum es ging. Die Dhutu sind nicht sehr mobil — sie kriechen langsam dahin und brauchen einen ganzen Tag, um durch das Zimmer zu kommen, aber sie sind ungeheuer stark. Es machte keine Muhe, das Serum zu beschaffen, aber dann stellte ich eine Mannschaft auf, und wir begannen eine Reise von viertausend Kilometern nach Morghun. Eine haarige Sache, kann ich Ihnen sagen.«

Von dem Dutzend Angehorigen seines Trupps hatten nur vier uberlebt. Dahbi hatte Soldner angeheuert, um sie zu uberfallen, und als seine Leute sie abwehrten, waren sie selbst aufgetaucht, aus dem Boden oder Gestein gequollen; wenn man beschlo?, eine Rast einzulegen, schlitzten sie still und leise Kehlen auf und verschwanden wieder im massiven Fels.

»Wie haben Sie sich dann doch durchgesetzt?« fragte sie.

Er lachte.

»Eigentlich durch Zufall. Einer kam aus einer Felswand heraus, als ich nicht hinsah, und erwischte mich beinahe, bevor ich ihn aus dem Augenwinkel bemerkte. Ich war nicht in der Nahe meiner Waffen, das einzige, was ich in der Hand hatte, war ein gro?er Eimer Wasser aus dem Flu?, den ich fur Waschzwecke geholt hatte. Ich fuhr herum und schleuderte den Kubel auf den Halunken, verfehlte, traf den Fels uber seinem Kopf, das Wasser schwappte heraus, und der Dahbi wurde von einem Teil getroffen. Es war ganz unheimlich, wissen Sie, ganz so, als ware er dort, wo das Wasser ihn beruhrte, zu festem Fleisch geworden, wie wir. Ohne jede Vorwarnung. Der Teil, der na? wurde, schien ganz glatt zu werden und fiel dann ab. Er kreischte entsetzlich, und was noch von ihm ubrig war, verschwand wieder im Gestein.«

»Aber — Wasser?« meinte sie unglaubig. »Ich meine, die mussen doch in ihrem Hex auch viel Wasser haben, ganz gewi? in den Bergwerken.«

Er zog die Schultern hoch.

»Ich wei? nicht. Ich glaube, sie konnen vielleicht fest sein wie Sie oder ich, oder auch anders, etwa, wenn sie durch Gestein quellen. Vielleicht verandern sie ihre — wie sagt man dazu? — Molekularstruktur, glaube ich. Sie konnen das eine oder das andere sein, aber nicht beides auf einmal. Wenn sie fest sind, reagieren sie auf Wasser genau wie wir — und ich wei?, da? sie trinken.« Er grinste. »Sie bluten sogar — gelb, aber sie bluten. Wenn sie in den anderen Zustand umwechseln, wandelt sich auch das Wasser in ihnen — in ihren Zellen — in die neue Form um. Aber wenn das geschieht, fuhrt eine gro?ere Menge Flussigkeit dazu, da? das Getroffene sich zuruckverwandelt, und sie fallen auseinander. Es mu? wohl ein richtiger Gu? sein, nehme ich an, weil es selbst in Gestein Wasser gibt. Nun, danach nahmen wir einfach Eimer mit und erwischten eine ganze Reihe von ihnen. Erreichten Morghun, und was konnten die Dahbi noch sagen? Offentlich dankten sie uns fur die gro?artige Leistung, ihre lieben Freunde gerettet zu haben. Ganz privat wu?ten sie und wir, wer damit angefangen hatte, und alle anderen wu?ten es auch — aber beweisen konnte man nichts. Sie hatten ihre Spuren zu gut verwischt. Sie scheiterten und lie?en das auf sich beruhen. Aber der alte Gunit Sangh belegte mich mit einem Fluch, und ich sah zu, da? ich nach Hause kam. Ich gebe zu, da? ich seitdem kaum noch in ihre Nahe gekommen bin. Nicht, solange Sangh noch lebt.«

»Sie glauben, da? er Sie nach all der Zeit immer noch ha?t?« fragte sie.

»O ja. Jetzt mehr denn je. Blutrache. Seine Jungs haben es in den vergangenen zwanzig Jahren oft genug probiert. Oft genug. In letzter Zeit hat er aufgegeben, glaube ich, aber das hei?t nicht, da? er vergessen hatte. Wenn er die Gelegenheit dazu bekame, wurde er mir die Kehle aufschlitzen und mich verzehren. Und wenn ich die Gelegenheit hatte, wei? ich ganz genau, da? ich ihn zerschnitzeln wurde. Ich bezweifle jedoch, da? einer von uns beiden je dazu kommen wird. Aber wer wei??«

Der Wind wurde starker; Wolken waren aufgezogen, verhullten teilweise die Sonne, und es war rasch einige Grade kalter geworden. Sie befanden sich jetzt in den unteren Schneefeldern, wo die Temperatur beim oder knapp unter dem Gefrierpunkt lag, und durch den Wind schien es noch viel kalter zu sein.

»Nicht mehr weit den Steig hinauf, und wir erreichen eine Schutzhutte«, erklarte er seinen Begleitern. »Wenn dort nicht schon jemand ist, ubernachten wir da. Es wird spat, und der Wind kommt machtig auf.«

Entlang der wichtigsten Steige in Gedemondas hatten Dillianer ein ganzes Netz von Schutzhutten fur ihre Jagdgesellschaften errichtet. Wenn die einheimischen Bewohner Einwande hatten, waren diese nicht bekannt geworden, und sie hatten die Fremden auch nicht belastigt.

Die Hutte, ein gro?er Holzbau mit dem Kamin an der Ruckseite, sah friedlich genug aus. Wenn die fruheren Benutzer die Vorrate nicht aufgebraucht hatten, wurden sich im Inneren Kornballen befinden, Kochtopfe und Utensilien und sogar einige Klafter Holz, gestapelt von Versorgungsstreifen aus Dillia.

»Kein Rauch«, stellte Asam fest. »Wir scheinen Gluck zu haben.« Trotzdem zog er die Brauen zusammen, und als sie weitergehen wollte, hielt er sie zuruck. Sie schaute sich um und sah, da? die anderen Teilnehmer sich flach auf den ebenen, schneebedeckten Felsboden gelegt hatten und langsam nach ihren Bogen griffen.

»Was ist denn?« flusterte sie, eher verwirrt als angstlich.

Er bewegte den Kopf.

»Dort druben. Drei oder vier Meter hinter der Hutte, direkt am Rand.«

Sie starrte in die angegebene Richtung. Ein dunkler Fleck. Nein, nicht dunkel. Im wolkenverhangenen Spatnachmittagslicht war schwer etwas zu erkennen, erst recht nicht durch die Schneebrille, die sie oberhalb der Schneegrenze sofort aufgesetzt hatte.

Vorsichtig schob sie die Brille hoch, um besser zu sehen. Rot — blutrot, ein roter Streifen im Schnee, ganz nah, nein, eigentlich am Rand. Und Schleifspuren.

»Konnte ein Unfall sein«, sagte sie leise. »Oder Uberreste von der Beute eines Jagers.«

»Das konnte sein«, gab er zu, aber sein Bogen war schon gespannt. »Konnen Sie mit einer Waffe umgehen? Ich hatte vergessen, das zu fragen.«

»So etwa das einzige, mit dem ich halbwegs umgehen kann, ware ein Sabel«, sagte sie seufzend.

»Warum nicht?« meinte er achselzuckend und griff in seine Traglast auf dem Rucken. Er zog eine metallene Scheide hervor — kein kleines, schlichtes Ding, sondern ein riesenhaftes, bedeckt mit fremdartigen, reichverzierten Mustern. Es war offensichtlich ein Breitschwert, der Griff massiv und fest, aber ebenfalls verziert mit den Nachbildungen von Wesen, deren wahre Form sie daraus nicht entnehmen konnte. Er gab ihr die Waffe. »Fruher oder spater ist alles nutzlich«, war seine einzige Erklarung.

Sie schnallte sich die Waffe um die Huften, dort, wo ihr humanoider Korperteil in den pferdeartigen uberging, und zog die Klinge heraus. Sie war gut ausgewogen und lag trefflich in der Hand, schien so vollkommen zu sein, da? mit einer Hand muhelos Schwunge zu vollfuhren waren. Aber fur ernsthafte Arbeit wie das Zerhauen von Schadeln war beidhandiger Gebrauch besser.

»Colonel?« Hodl, einer der Begleiter, flusterte ihm etwas zu. Asam nickte, und der andere Zentaur schob sich langsam vorwarts, die Armbrust im Anschlag, die Augen auf die Huttentur gerichtet.

Alle hatten ihre Traglasten abgelegt; bei einem Kampf wurde Gepack sie behindern. Der Mann, der die Vorhut ubernahm, war vorsichtig, versuchte sich aber nicht zu verbergen. Er war schlie?lich uber zweieinhalb Meter gro? und uber drei Meter lang, wog an die siebenhundert Kilogramm, konnte also kaum wie einer auftreten, der sich heimlich anschleicht.

»An wen denken Sie«, flusterte sie Asam zu. »An einen Ihrer alten Feinde?«

Er antwortete mit einem Achselzucken, ohne den Blick von der Tur abzuwenden. Ein zweiter Mann machte sich auf den Weg, in einigem Abstand hinter dem anderen. Sie gedachten sich der Hutte von allen Seiten zu nahern und dafur zu sorgen, da? nur ein einziger von ihnen zunachst angegriffen wurde — wenn da wirklich Angreifer waren.

»Konnte alles mogliche sein«, sagte er leise. »Gedungene Meuchelmorder, Freibeuter, Verbrecher aus Dillia oder einem anderen Hex. Schwer zu sagen.«

Es erstaunte sie ein wenig, sich Dillianer als Verbrecher oder Morder vorzustellen. Sie waren ein rauhes, aber liebenswertes und nuchtern denkendes Volk. Doch es mu?te auch Ubeltater geben, wie uberall.

Sie waren jetzt auf allen Seiten rings um die Hutte ausgeschwarmt und hielten einen Abstand von mindestens zehn Metern zur Huttentur. Uber andere Angriffsmoglichkeiten machten sie sich weniger Gedanken;

Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату