Jahren und eine unfa?bar schone Frau. Sie streckten die Arme nach ihr aus, winkten sie zu sich heran, bedeuteten ihr, sie moge zu ihnen laufen, um Schutz zu finden. Sie wollte auf sie zu, aber plotzlich quoll ein machtiger schwarzer Schatten aus dem Strudel herauf und schob sich zwischen sie und das Paar. Ein riesiger, engelhafter Umri? in wei?-wallendem Gewand, lachelte das Wesen sie an, wahrend es selbst die Arme weit ausstreckte.

Sie zogerte, dann begann sie sich zu nahern, aber die gutige Gestalt erlebte eine grauenhafte Verwandlung, veranderte sich von ihrer menschlichen Vollkommenheit in ein furchterliches, ha?liches Froschwesen, das lallte und sabberte und sich von ihr abwandte, um ihre Eltern in der Ferne zu verschlingen, wobei es gellend lachte.

Sie fuhlte, wie sie hinabsturzte, immer tiefer hinab in eine Art Grube; auch diese war erfullt von der Flussigkeit, die jetzt der Faulnis verrottenden Abfalls glich.

Sie wehrte sich noch starker gegen den giftigen Gestank, streckte die Hande aus, um irgend etwas zu packen, aber da war niemand, uberhaupt niemand. Sie versank immer tiefer in Schleim und Dreck, und die grausigen Wesen umschwebten sie immer noch lachend, hohnend, witzelnd und zusto?end.

Ein hart aussehendes, fahlgelbes Gesicht mit fast wei?en Haaren erschien am Rand, lachelte sie an und streckte eine Hand hinunter. Aber die Hand verrottete, als Mavra sie beruhrte, wurde zu einer Skeletthand.

Die Infektion verzehrte schlie?lich die alte Frau ganz, und als das geschehen war, fuhlte sie sich noch tiefer in Schleimschichten versinken. Sie war immer uberzeugter davon, da? sie ewig in dieser bodenlosen Grube von Qual und Faulnis bleiben mu?te.

Nun tauchte ein anderes Gesicht auf, ein gutiges Gesicht, ein Gesicht, das fur alle Rassen der Alten Erde bezeichnend war, ein gutaussehendes Gesicht, das Hilfe zu bringen versprach. Er streckte die Hand aus und ergriff sie, zog sie herauf aus Schmutz und Schlamm, und einen Augenblick lang glaubte sie frei zu sein. Sie konnte vor sich Luft sehen und Sterne, Millionen funkelnder, flackernder Lichter, uberall vor ihr ausgebreitet.

Dann kam ein Gerausch, eine laute Explosion irgendwo in ihrer Nahe, und als sie voller Entsetzen wieder hinsah, schien das Gesicht ihres Retters zu zerspringen, in grotesker Weise zu explodieren, und der Griff loste sich.

»Gimball!« kreischte sie. »Nein! Nein! Mein Mann… «

Aber er war fort und sie war wieder allein, versank wieder im Unrat, nie frei von der strudelnden Flussigkeit, und es schien, als genossen die schnatternden Wesen das jetzt um so mehr.

Schwarze Umrisse naherten sich, fesselten sie, zerstuckelten ihren Korper, machten sie zu einem mi?gestalteten, hilflosen Ungeheuer. Noch immer wehrte sie sich, kampfte gegen die dunklen Krafte an, die sie tiefer und immer tiefer in den Kot hineinzogen. Ein anderes Wesen, verunstaltet, verstummelt wie sie, naherte sich, als die Geschopfe, die sie umkreisten, herandrangten, um sie zu ersticken. Ein Damon hob den Speer und stie? ihn auf sie zu, den Blick von Ha? erfullt, aber das andere Wesen warf sich dazwischen, ergriff den Speer und verschwand ebenfalls in der Faulnis.

Ein violettes Licht brach durch den Unrat, und sie horte Obies Stimme, die nach ihr rief. Sie erreichte das Licht.

»Ich bin dein Zaubergeist«, erklarte er ihr. »Wo im Universum willst du hingehen?«

»Uberallhin!« rief sie, und in blitzschnell vorbeizuckenden Szenen tat sie es. Und doch stimmte dabei etwas auf furchtbare Weise nicht. Jeder Ort, den sie besuchten, wies noch mehr von der fauligen Scheu?lichkeit auf, der sie sich entronnen geglaubt hatte. An jedem Ort wurde es immer mehr stinkender, faulender Abfall.

Das violette Licht verglomm, und wieder stand Nathan Brazil vor ihr. Er zog die Schultern bedauernd hoch und lachelte sie schief an.

»Na, was haben Sie erwartet?« fragte er. »Schlie?lich habe ich das alles nach meinem Bild geschaffen.«

Und da waren nur noch die wirbelnde, verschlingende Flussigkeit und der Gestank und die Faulnis, die Empfindungen von Eiseskalte und sengender Hitze, der Schmerz, und nichts sonst. Nichts. Nichts.

Allein. Sie war allein. Fur immer allein im Schlamm… Sie ha?te den Schlamm, ha?te den Gestank, und vor allem ha?te sie ein von Leben wimmelndes Universum, in dem sie so vollig, so absolut allein sein konnte. Wenn das Universum so eingerichtet war, dann war es besser, wenn es vernichtet wurde, dachte sie wild. Weg mit dem Schmutz, hinaus mit dem Abfall, rein und sauber, saubern… Aber so leer jetzt, so allein, so vollig allein…

Doch auf irgendeine Weise war sie nicht allein, nicht jetzt, nicht in diesem Augenblick. Sie hatte den Eindruck, da? jemand sie umarmte, Warme und Fursorge ubertrug, ihr erklarte, alles sei gut, es sei jemand bei ihr. Sie muhte sich mit aller Kraft, die Augen zu offnen, um zu sehen, wer oder was das sein mochte, und das gelang ihr schlie?lich auch, aber die Welt wollte keine scharfen Umrisse annehmen. Eine Gestalt, nur eine Gestalt, nicht mehr, nicht weniger. Eine Gestalt, die sich sorgenvoll und fursorglich herabbeugte. Ein wettergegerbtes, hartes, gutaussehendes Gesicht, dessen Augen uralte Weisheit und Gute verrieten, die er zu verbergen versuchte, was ihm aber nicht gelang.

Plotzlich fuhlte sie sich unendlich mude, unendlich verbraucht, und sie sank zuruck, nicht ins Koma, nicht in den Schlamm, sondern in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

* * *

Sie erwachte, schaute sich dumpf um und versuchte sich zu bewegen. Sie lag in einer Art Gurtzeug und konnte sich davon nicht ganz befreien.

Im Kamin knisterte ein Feuer. Zwei von der Gruppe befanden sich wie sie in Schlafstallen, gestutzt durch kompliziertes, aber offenkundig provisorisch angebrachtes Gurtzeug aus Gurteln, elastischen Bandern, Pelzstreifen, allem gerade Verfugbarem.

Zwei andere Zentauren gingen herum. Einer legte im Kamin nach und blickte in einen Topf, der andere stand an einem kleinen Tisch und uberflog irgendwelche Papiere. Auch die beiden schienen korperlich nicht in der besten Verfassung zu sein; der am Feuer, ubersat mit Verbanden und tiefen Narben, schonte sein rechtes Vorderbein, der andere am Tisch war Colonel Asam, dessen humanoider Rumpf mit angeschwollenen Striemen ubersat war. Auch er trug an verschiedenen Stellen seines Korpers glatte Verbande.

»Asam?« rief sie und nahm selbst wahr, wie schwach ihre Stimme klang. »Asam, was ist geschehen?«

Die beiden Manner drehten sich um, und der Colonel kam rasch auf sie zu, ein Lacheln im Gesicht. Eines seiner Augen war fast vollig zugeschwollen, sein Gesicht war so zerschlagen und verquollen, da? sie erschrak, aber er lachelte, griff in einen Beutel und zog eine Zigarre heraus.

»Na! Willkommen im Land der beinah Lebenden«, witzelte er. Sie lachelte ebenfalls.

»Was — wer waren diese Wesen?«

»Tilki. Sehr weit von ihrer Heimat entfernt. Abscheuliche Dinger. Wenn das nicht ein nicht-technologisches Hex gewesen ware, hatten sie uns erledigt. Mit Nahkampf-Waffen sind diese Kerle aus einem Hochtech-Hex aber meistens miserabel.«

»Banditen?« meinte sie.

Er schuttelte den Kopf.

»Nein. Sie trugen Uniformen. Militar. Ein hubsch organisierter Hinterhalt.«

»Also… gedungene Morder?« fragte sie und dachte an Asams Bericht uber die Blutrache.

»Ja, aber nicht nach mir ausgeschickt«, sagte er. »Wir haben sie alle erwischt — das glaube ich jedenfalls. Es sei denn, sie hatten noch welche in Reserve gehabt, die das Weite suchten, als wir die Oberhand gewannen. Das bezweifle ich aber. Noch einer oder zwei mehr, und wir waren unterlegen.«

»Nicht nach Ihnen? Aber —«

»Ich habe einen Ubersetzer-Kristall, wenn Sie sich erinnern«, erwiderte er. »Ich habe ihr Geschnatter verstanden. Fur mich gibt es keinen Zweifel daran, da? sie es auf Sie abgesehen hatten. Ich habe Ihren Namen ein paarmal gehort. Sie hatten Sie auch erwischt, wenn wir weniger Leute gewesen oder sie nicht durch die erste Jagdgesellschaft gestort worden waren. Sie haben sich die Stelle gut ausgesucht — das ist das logische erste Nachtlager, und im Flug konnten sie es erreichen, ohne die hohen Gipfel uberqueren zu mussen. Der Haken war nur, als sie hier ankamen, waren die Jager schon da. Sie wu?ten, da? Sie nicht dabei waren. Ich glaube nicht, da? sie eine genaue Vorstellung von Ihrem Aussehen hatten, aber die anderen waren alle Manner, und sie wu?ten, da? Sie eine Frau sind. Nur eine Vermutung, wohlgemerkt — es sind keine Zeugen mehr vorhanden. Ich wurde meinen, sie lockten die Jager heraus, die keinen Grund hatten sich zu furchten, und hochst neugierig waren, weil

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