tut mir leid, da? ich Sie auf dem Weg herein verpa?t habe, aber Sie werden verstehen, warum ich mich nicht aufgehalten habe, um mit Ihnen zu sprechen. Ich wollte Ihnen das gleich zukommen lassen, damit Sie die unnotige Beseitigung dieser Nathan-Brazil-Kopien unterbinden. Ich bin hier. Sie konnen sich das schenken. Wie man Ihnen vielleicht erklart hat, mache ich das auch gar nicht aus freien Stucken. Offen gesagt, das einzige, was fur die ganze Sache spricht, ist, da? sie ein bi?chen Spa? bringen konnte, ein wenig Abwechslung vom ublichen — aber das wurden Sie verstehen, nicht wahr?

Ich begreife Sie nicht, mu? ich zugeben. Was Sie mir mit Gewalt antun wollen, scheint dasselbe zu sein, was Sie sich angetan haben — sich in ein mit Samt ausgeschlagenes Gefangnis zu verfrachten. Das ist nicht der alte Serge, mit dem ich auf Dutzenden von Welten Bars demoliert habe. Nicht einmal der alte Schweinehund, der mich bei meinem letzten Aufenthalt hier so hereingelegt hat. Wenn Sie das Gefangnis verlassen wollen, dann kommen Sie zu mir, falls Sie das konnen. Im Gegensatz zu Ihrer Meinung wurden Sie nicht plotzlich in eine tausend Jahre alte, eingeschrumpfte Leiche verwandelt werden. Sie wurden einfach da weitermachen, wo Sie aufgehort haben. Wenn Sie beim gro?en Finale also dabeisein wollen, dann kommen Sie einfach zur richtigen Zeit heraus. Falls Sie es sogar schaffen, mit mir in den Schacht zu kommen, kann ich sogar Ihre Probleme beheben. Sie haben mein Wort darauf. Sie haben an meiner Behauptung gezweifelt, da? ich Gott sei, als die meisten Leute das glatt schluckten. Wir sind zwei von einer Sorte, Sie und ich. Wir verstehen einander. Aber ob ich nun Gott bin oder nicht, ich kann mit diesen verdammten Maschinen umgehen. Das wissen Sie, also wissen Sie auch, da? ich es schaffen kann. Uberlegen Sie es sich. Selbst wenn Sie sich so verandert haben, da? wir uns nicht mehr begegnen, nun, es macht immer Spa?, sich geistig mit Ihnen zu messen. Aber wenn Sie sich diesmal gegen mich stellen, mache ich Sie so fertig, da? Ihr langer Schwanz sich ganz von selbst verknoten wird. Trotz allem alles Gute. Das wird lustig werden, nicht? Wie in alten Zeiten… Und in diesem Sinne bin ich stets

Nathan Brazil

Er hielt den Brief in der Hand und las ihn immer wieder, dann griff er in den Schreibtisch, zog Streichholzer und eine kleine Porzellanschale heraus. Er zundete ein Streichholz an, fuhrte die Flamme an den Brief und hielt ihn in der Hand, bis er ihn lodernd in die Schale fallen lassen mu?te. Bald war er vollig verbrannt. Nur ein wenig Asche blieb, noch mit Schriftspuren versehen, und sie war leicht zu zerdrucken.

Hatte er sich wirklich verandert? fragte er sich — und nicht zum erstenmal, obwohl seine Lage und vor allem der Brief ihn dazu zwangen, sich die Frage mit mehr Nachdruck und Dringlichkeit zu stellen.

Ja, entschied er. Er hatte sich verandert — vor der Sechseck-Welt. Jahrzehnte als Schmuggler, Pirat, Soldner, was auch immer, hatten gegen Ende seines Lebens ein Gefuhl gelangweilten Unbehagens erzeugt. Er war zu dem Schlu? gekommen, da? er alles getan hatte, was man tun konnte, alle Welten erobert hatte, die er wurde erobern konnen, mit allen schonen Frauen geschlafen hatte, die er sich wunschen konnte. Er hatte alles getan und viel Spa? dabei gehabt, aber was blieb noch? Deshalb war er mit seinem Raumschiff hinausgeflogen, bemuht, den Mut aufzubringen, sich zu toten, ohne in der Lage sein, uber seinen strengen katholischen Glauben hinwegzukommen, von dem er sich abgewandt hatte, als er noch sehr jung gewesen war, aber der ihn nun wieder verfolgte. Selbstmord, das einzige Verbrechen, das nicht bereut werden konnte… Er war hinausgeflogen, immer weiter hinaus in noch unerforschte, unvermessene Bereiche, und hatte sich bei dem Wunsch ertappt, es moge irgendeine neue Welt geben, neues Erleben fur ihn, das seinem Leben neuen Sinn verleihen konnte. Dann war jenes seltsame Notsignal gekommen, ein Blick auf einen dichten Asteroidengurtel in einem riesigen leblosen System um einen roten Riesen, und ganz plotzlich hatte er sich auf der Sechseck-Welt befunden, der Antwort auf seinen Traum.

Oder doch nicht? fragte er sich. Als junger Ulik hatte er neu angefangen, eine neue Gesellschaft, neue Kultur kennengelernt, wahrend er Macht erwarb, ein ganzes neues Spektrum von Lust erlebt. Aber das war lange her.

Und nun stand er wieder einmal an dem gleichen Punkt wie vor so langer Zeit. Es blieb einfach nichts mehr zu tun. Ein mit Samt bespanntes Gefangnis, hatte Brazil es genannt. Aber diesmal gab es keine markovischen Locher, durch die er sturzen, keine neuen Sechseck-Welten mehr, wo er neu anfangen konnte.

Er dachte wieder an Brazil. Wenn der so alt war, wie er behauptete, war er weit uber vierzehn Milliarden Jahre alt. Vierzehn Milliarden Jahre. Der Verstand konnte das gar nicht erfassen. Er bezweifelte sogar, ob Brazils Gehirn dazu imstande war. Nie verandert, nach einiger Zeit immer wieder dasselbe Leben, eines nach dem anderen. Keine Wiedergeburt, keine neuen Erfahrungen. Dieselbe Form, immer das gleiche, beschrankt sogar durch die Technologie der Leute, bei denen er sich von der Au?enwelt abgeschnitten hatte. Die Verhore bei den Neuzugangen — wenigstens bei den letzten — ergaben, da? man ihn durch Nachforschungen aufgespurt hatte, denn sogar er hinterlie? Spuren.

Brazil war kaum unauffallig gewesen. Er schien an allen Kriegen und Bewegungen auf der Alten Erde beteiligt gewesen zu sein, stets in den Schlagzeilen, immer im Vordergrund, aber doch so klug, da?, selbst wenn seine Tarnung einmal verrutschte, neue Legenden entstanden. Der Fliegende Hollander, der Ewige Jude, Gilgamesch.

Brazil versuchte, der letzten Langeweile und dem Wahnsinn zu entrinnen, begriff Ortega als einziger. Aber was, zum Teufel, tut man, wenn man alles getan hat und nichts mehr zu tun bleibt? Man steuert ein Frachtschiff zwischen Langeweile und Eintonigkeit und versucht zu vergessen, wer man ist, was man ist, schlie?t sich innerlich einfach ab.

Brazil meinte, das konnte lustig werden. Lustig! Und nur fur Ortega ergab das Sinn.

Aber damit stand er vor einem Problem. Sollte er es noch einmal mit Brazil aufnehmen, um festzustellen, ob er immer noch der Meister der schmutzigen Tricks und des Schlages unter den Gurtel war, immer Herr der Lage? Die Verlockung war da — ganz gewi?. Es wurde Spa? machen, wie Brazil gesagt hatte.

Aber wenn er, Ortega, gewann, wurde es einen Sieg geben? Wenn er darauf nur die Antwort gewu?t hatte…

Dillia

Asam und Mavra Tschang blickten auf ihre Armee. Sie war nach den Ma?staben der Geschichte des Universums nicht riesig, aber fur die Sechseck-Welt gewaltig.

»Sechs Wochen«, murmelte Asam vor sich hin, »all das in sechs Wochen.«

Sie horte ihn, drehte sich um und lachelte.

»Wenn wir mehr Zeit hatten, wurden wir noch mehr erreichen«, erwiderte sie. »Die Neuzugange stromen immer noch herein.«

Es war in der Tat zum gro?ten Teil eine Armee von Neuzugangen, eine Armee, bestehend aus Wesen, die flogen, krochen, glitten, wirbelten und sogar quollen. Ungefahr hundertfunfzig bis zweihundert von etwa achtzig Hexagons — achttausend fremde Wesen. Dazu kamen uber tausend Dillianer, die besten von Asam ausgesucht, um die Ehre von Dillia zu rachen, und vielleicht noch einmal tausend einheimische Sechseck-Welt-Bewohner, die von sich aus oder auf Anraten ihrer Regierungen beschlossen hatten, auf dieser Seite am Kampf teilzunehmen.

Eine solche Armee hatte naturlich mit mehreren Problemen zu kampfen, vor allem, was Kommunikation und Logistik anging. Dadurch, da? man einfach dafur gesorgt hatte, die Kommandeure jeder Rassenkompanie mit Ubersetzer-Kristallen auszurusten, und sie dadurch die Kom-Sprache gebrauchen konnten, war die Kommunikation ein wenig erleichtert worden.

Was die Ernahrung der Massen anging, wollte man mitnehmen, was man konnte, und sich im ubrigen aus der jeweiligen Umgebung versorgen. Es war keine Armee zur Eroberung, sondern eine marschierende; immerhin veranla?te ihr Zielbewu?tsein sie dazu, dort, wo man hinkam, Eigentumsrechte nicht sonderlich zu beachten. Nahezu die Halfte der Soldaten waren Pflanzenfresser wie die Dillianer und konnten sich fast uberall durchbringen, auch wenn die Kost nicht so gut schmeckte. Was die ubrigen betraf, so hatten sie Vorrate dabei, aber diese wurden fur den langen Marsch niemals reichen oder auch nur frisch bleiben. Die Frage der Lebensmittel beunruhigte Mavra am meisten, besonders, weil einige Arten fur andere durchaus e?bar waren.

Ein weiteres Problem bestand darin, da? sie zu viele aus dem Westen erhielten; uberflussige Leute, die sie

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