Sie sich das jetzt vorstellen konnen.«
Marquoz starrte ihn an.
»Das hort sich nicht an nach dem Mann, den ich kannte und der in Kneipen auf den Kom-Randwelten fur Pfennige Flote spielte. Das klingt gar nicht nach Ihnen.« Er sah Brazil argwohnisch an. »Sind Sie wirklich Zigeuner?«
Der andere seufzte, lehnte sich zuruck und schien mit sich selbst zu debattieren. Schlie?lich sagte er so leise, da? man ihn kaum verstehen konnte:»Wenn ich nicht Zigeuner bin, wer oder was bin ich dann?«
Mavra sah ihn plotzlich voller Entsetzen an.
»Sie sind
Die anderen schwiegen geraume Zeit, vor allem deshalb, weil sie nicht wu?ten, was sie sagen sollten. Schlie?lich brach Marquoz das Schweigen.
»Sie
Er nickte.
»Ja, warum nicht? Die Katze ist schon aus dem Sack. Was spielt es noch fur eine Rolle?«
»Eine sehr gro?e, wenn Mavras Reaktion etwas zu bedeuten hat«, stellte Asam fest.
Er seufzte.
»Mavra hat ein Problem. Sie fuhlt sich benachteiligt, verlassen, in einem fruhen Alter ausgesetzt, ungeliebt. Diese Sehnsucht nach Liebe zu einem Vater, nehme ich an, hat sich in bitteren Ha? gegen mich verwandelt. Warum nicht? Ich kam fur sie einer Vaterfigur am nachsten. So, wie sie aufwuchs, ganz allein, bildete diese Bitterkeit eine Schale um sie, die selten aufspringt. Wenn man den Mangel von etwas spurt, dann redet man sich ein, man sei besser dran, es nicht zu haben. Man entwickelt heftigen Stolz auf sein Alleinsein, seine Einsamkeit. Man verwandelt eine Behinderung in einen Vorteil, in den eigenen Augen, versteht sich. Das hat sie getan. Und sie ist jedesmal verletzt worden, wenn sie die Schale hat aufspringen lassen, und sei es nur ein Spalt gewesen.«
»Wenn sie Liebe braucht, die kann ich ihr geben«, erklarte Asam aufrichtig.
»Das konnte nicht genugen«, sagte er warnend. »Sie ist so verletzt worden, als sie sich wirklich an jemanden angeschlossen hatte, da? sie sich vor einer Wiederholung furchtet. Sie konnte verdrehter geworden sein, als Ihnen lieb ist, Asam. Aber ich lasse sie ihre eigene Wahl treffen. Im Inneren des Schachtes kann ich vieles tun. Wenn sie hierbleiben will, bei Ihnen, kann sie das. Ihre Entscheidung.«
Marquoz bewegte verlegen die Schultern. Er hielt es fur besser, auf naheliegendere Themen zu kommen.
»Gut, Brazil. Vielleicht erklaren Sie uns, was, zum Teufel, Sie hier anstelle von Zigeuner machen — und was wir hier uberhaupt vorhaben. Wie wollen Sie auf diese Weise in den Schacht kommen, verdammt noch mal?«
Brazil zog die Schultern hoch.
»Geben Sie mir nicht an allem die Schuld«, erwiderte er abwehrend. »Vergessen Sie nicht, ich wollte ursprunglich uberhaupt nicht herkommen. Es war der verdammte Computer, dem das alles eingefallen ist. Ich bin gegen meinen heftigsten Widerstand aufgespurt und zu Obie geschleift worden. Es war der Computer, der euch alle dazu uberredet hat, so vorzugehen, und der Computer, der den ganzen Verlauf festgelegt hat. Ich gebe zu, da? das eine verdammt verruckte Maschine ist — das liegt wohl an Mavras Einflu?. Aber ein Computer ist und bleibt sie, und als alle Fakten eingegeben waren, die man fand, entschied Obie, da? ich den Schacht reparieren
»Sie eingeschlossen«, betonte Marquoz.
Er nickte murrisch.
»Ja, auch das. Hat ihm aber verdammt wenig genutzt. Hat ihn vielleicht demoliert — und mich auch. Obie war jedenfalls einmal an den Schacht angeschlossen und wei?, wie er funktioniert — wie er programmiert ist, jedenfalls, was mehr ist, als ich von mir behaupten kann. Er beschlo?, die ganze Bevolkerung von Olympus durch die gro?e Parabolantenne zu jagen, damit sie seinen Vorstellungen entsprach, und noch ein paar andere dazu, uns eingeschlossen. Wir sind behandelt worden — auf irgendeine Weise hat Obie beispielsweise Sie und Mavra und Yua so umgebaut, da? Sie, als Sie durch den Schacht gingen, als ganz bestimmte Wesen herauskamen. Ebenso den Rest der ›Nautilus‹-Besatzung, von denen die meisten vorher durchgeschleust wurden, um die Vorbereitungen zu treffen. Wir mu?ten die Schiffe kaufen, das Gelande erkunden, und was so alles dazugehort. Als Schlusselfigur des Planes erwies sich Zigeuner, der unter anderem auf irgendeine Weise imstande war, sich zum Abbild jedes beliebigen Wesens zu machen.«
»Wer — oder was —
Brazil schuttelte langsam den Kopf.
»Ich wei?, ich wei?. Aber um ganz ehrlich zu sein, ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich mochte es selber wissen. Ich glaubte, Obie hat es gewu?t, aber er verriet es keinem. Wenigstens steht Zigeuner auf unserer Seite und ist eine Schlusselfigur in dem Plan. Seine Macht, wenn das der richtige Ausdruck dafur ist, besteht in der Fahigkeit, die Krafte des Schachtes durch reine Willenskraft zu nutzen. Soviel habe ich inzwischen erkannt. Wie ein kleiner Obie kann er alles anzapfen, aber nur im Hinblick auf sich selbst. Er kann nicht Sie oder mich an andere Orte versetzen oder unser Aussehen verandern.«
»Wie ein kleiner Markovier, meinen Sie«, warf Asam ein. »Hort sich fur mich so an, als sei er genau das, was sie meinten.«
Brazil dachte daruber nach.
»In gewisser Beziehung haben Sie wohl recht. Er kann praktisch alles tun, was jeder durchschnittliche Markovier tun konnte, und wenn er ein vollstandiges markovisches Gehirn hatte, das er anzapfen, gewisserma?en als Verstarker gebrauchen konnte, ware er imstande, dasselbe zu tun wie sie.«
»Er hat den ganzen gottverdammten Schacht der Seelen dafur«, wandte Marquoz ein.
Brazil schuttelte den Kopf.
»Nein, nein. So funktioniert das nicht. Das ist eine andere Art von Maschine, auf andere Art und zu einem anderen Zweck betrieben.«
»Als wir erfuhren, da? nicht Sie es gewesen sind, der sie auf dem Markovier-Planeten abgesetzt hatte, meinte Mavra, Obie hatte ein Double von Zigeuner gemacht, wahrend Zigeuner Sie spielte«, teilte ihm Asam mit.
»Wurde nicht gehen«, erwiderte er. »Obie konnte zwar ein Gebilde herstellen, das wie Zigeuner aussieht, aber keines, das sich bei Freunden und Mitarbeitern halten konnte. Nein, ich vermute etwas anderes. Als Sie Zigeuner begegneten, haben Sie gesehen, was Zigeuner Sie sehen und horen lassen wollte. Ich glaube, so viel Macht besitzt er. Und als er den Markovierplaneten erreichte, erhielt er von dessen Computergehirn genug an Reserven, um die Illusion sogar dann noch aufrechtzuerhalten, als er fort war.«
»Sie gelten doch als Markovier«, stellte Asam fest. »Konnten Sie denn einen anderen nicht erkennen? Wenn es einen gibt, warum nicht auch zwei?«
Er schuttelte den Kopf.
»Nein, ich glaube nicht, da? das die Losung ist. Sie ist moglich, aber sehr unwahrscheinlich. Ich habe einfach das Gefuhl, da? die Losung von Zigeuners Ratsel vor unseren Augen steht, einfach, logisch, naheliegend, aber wir konnen sie nicht sehen. Es spielt in Wahrheit auch gar keine Rolle, nur wird es mich eines Tages verruckt machen. Tatsache ist, da? er eben tun kann, was er tut, und Obie das genutzt hat.«
Marquoz sah den kleinen Mann schief an.
»Wenn Zigeuner diese Dinge tun kann, warum Sie nicht?«
»Weil ich kein Markovier bin und nicht die geringste Ahnung habe, wie das System arbeitet«, erwiderte er rasch. »Das hei?t nicht, da? ich den Schaden nicht beheben kann — ich wei? sozusagen, welche Knopfe ich drucken mu?. Abgesehen davon, unterscheide ich mich von Ihnen beiden gar nicht so sehr. Ich kann die markovische Energie nicht sehen, nichts Besonderes spuren und die Kraft auch nicht anwenden. Ich besitze Macht nur im Inneren der Maschine — und selbst dort bin ich derjenige, der den Computer