lange Zeit nicht mehr gesehen hatte, trotzdem aber gut kannte.
Dann begriff er plotzlich, was es war, und seine Hand zuckte zum Schwert. Schu?waffen mochten bei den verdammten Wesen nur oberflachlichen Schaden anrichten, aber zerteilen konnte man sie so gut wie alle anderen.
»Lassen Sie das Schwert, Colonel. Ich bin hier, um mit Ihnen zu reden, nicht, um zu kampfen«, sagte der Dahbi, als er die letzten Zentimeter aus dem Boden quoll und sich vor ihm, keine drei Meter entfernt, verfestigte.
Asams Hand loste sich nicht vom Schwertgriff, aber er spannte nur die Muskeln an, ohne die Waffe schon herauszuziehen.
»Was, zum Teufel, wollen Sie?« krachzte er.
»Was ich schon sagte; mit Ihnen reden, mehr nicht. Ich habe Ihnen in gewisser Weise schon mehr Schaden zugefugt, als hatte ich Ihnen ein Messer ins Herz gesto?en, wie Ihnen klar sein mu?. Sie werden nie wissen, wieviel Befriedigung mir das verschafft hat und wie schmerzhaft es fur mich ist, da? ich Ihnen anbieten mu?, sie zuruckzugeben.«
Asam atmete ein wenig auf, wahrend gleichzeitig die Kalte an seinem Rucken hochkroch.
»Sangh. Gunit Sangh in Person!« stie? er hervor. »Sie haben Mut, das mu? man Ihnen lassen.«
»Die Gefahr ist wirklich sehr gering«, gab der Dahbi zuruck. »Ich kann durch das Gestein schwimmen, wie Sie wissen. Au?erdem wollte ich Ihnen klarmachen, da? ich das kleine Unternehmen vorhin am Abend selbst geleitet habe. Es verleiht allem Nachdruck — und ein bi?chen Gerechtigkeit —, finden Sie nicht?«
»Sie haben Nerven!« fauchte Asam. »Gerechtigkeit!«
»Beherrschung, Colonel, Beherrschung!« sagte Gunit Sangh hohnisch. »Ich habe etwas, das Sie wollen. Sie haben etwas, das ich will. Offensichtlich kann das, was ich habe, nicht weit entfernt sein — die Zeit hat nicht gereicht, und ihr seid, wie soll ich sagen, ah, reichlich umfangreich. Aber Sie werden sie nie finden. Sie konnten es vielleicht schaffen, wenn Sie ein paar Wochen Zeit hatten, aber wir rucken derzeit gegen Sie vor, und in Kurze werden Sie so beschaftigt sein, da? Ihnen dafur keine Zeit bleibt. Au?erdem wurde die Entdeckung nur ihren Tod bedeuten.«
»Sie Dreckskerl«, zischte Asam. »Woher wei? ich, da? ihr sie nicht schon umgebracht habt?«
Der Dahbi wirkte tief getroffen.
»Mein Wort ist nicht gut genug? Nun, mag sein. Aber ich brauche sie — lebend. Tot nutzt sie keinem etwas. Lebend ist sie eine Geisel Ihnen und Brazil gegenuber.«
Asam lachte murrisch.
»Fur Brazil ist sie keine«, erwiderte er. »Der Kerl hat schon seit einer Ewigkeit fur andere nichts mehr ubrig. Er ist so eiskalt wie Sie, Sangh.«
»Sehr bedauerlich«, gab der Dahbi zuruck. »Aber das vereinfacht die Dinge auf andere Weise. Wenn er sogar zu Ihnen unliebenswurdig ist, sollte Ihnen das, was ich verlange, um so leichter fallen.«
Der Zentaur sah den anderen argwohnisch an.
»Was, zum Teufel, meinen Sie damit?«
»Ein Geschaft. Brazil vertraut Ihnen. Ich kann nur vermuten, da? er vorhat, vor dem Kampf Ihre Truppe zu verlassen, wobei er den Tod von Ihnen und Ihren Leuten zur Ablenkung benutzt — vielleicht la?t er noch ein Ebenbild zuruck, um uns zu tauschen. Aber das wird nicht funktionieren. Darauf sind wir gefa?t. Es spricht alles dafur, da? er nie die Avenue erreichen wird, geschweige denn den Schacht selbst.«
»Wozu brauchen Sie dann mich noch?« knurrte Asam.
»Wir konnten ihn trotzdem verfehlen. Alles spricht dagegen, aber es ist moglich. Er ist sehr schlau.« Er schwieg kurze Zeit. »Ah, wissen Sie
»Ich wei?, wer wer ist«, antwortete der Colonel.
»Deshalb berucksichtige ich auch die letzte Moglichkeit, verstehen Sie? Der Tausch ist ein ganz einfacher — Mavra Tschang gegen Brazil. Im Lauf des kommenden Tages. Sagen wir, spatestens bis morgen nacht um diese Zeit. Damit wird nicht nur das Hauptziel erreicht, sondern auch der kommende Kampf verhindert. Es wird nicht notig sein, die Truppen in den Tod zu jagen, begreifen Sie?«
Asam runzelte die Stirn.
»Ich traue Ihnen nicht, Sangh. Seit wann kummert es Sie, wer am Leben bleibt und wer stirbt, wenn es nicht Ihre eigene Person betrifft? Ich habe keine Garantien.«
»Sie haben mehrere«, erklarte Gunit Sangh. »Sie schaffen Brazil zu einem Zone-Tor und schleusen ihn durch. Diplomatische Immunitat, ja? Obwohl der Rat gegen Sie ist, wird man in Zone nichts unternehmen. Bringen Sie ihn zu Ihrer eigenen Botschaft. Wir nehmen dort den Tausch vor. Besser noch, schicken Sie Kuriere voraus. Nehmen Sie Brazil mit, aber schleusen Sie ihn nicht durch, bis ein Kurier mit der Nachricht zuruckkommt, da? sich Mavra Tschang lebend in meiner Botschaft in Zone befindet.«
Asam hatte sich vollig beruhigt und dachte nach. Schlie?lich sagte er:»Warum tun Sie das, Sangh? Warum haben Sie den Oberbefehl uberhaupt ubernommen? Was, zum Teufel, haben Sie davon?«
»Bedenken Sie, welche Ehre sich derjenige erwirbt, der Nathan Brazil dingfest macht«, erwiderte der Dahbi. »Ehre, Macht und Einflu?. Denken Sie an das ideale Gefangnis, Hunderte von Metern unter massivem Granit, der Tunnel, durch den er hinuntergebracht wurde, verschuttet bis auf ein kleines Loch fur Nahrung und Wasser. Der Rat wird Brazil nicht bekommen. Die Dahbi — ich — wir werden Brazil haben. Sozusagen als stumme Geisel. Und ich werde die Dankbarkeit aller erwerben, die ihr Leben nicht in sinnlosen Schlachten verlieren mu?ten. Bedenken Sie die Wirkung auf Ortega, der nicht langer so gefurchtet sein, nicht langer die alleinige Macht besitzen wird. Er wird seine Stellung mir abtreten mussen, und die fette alte Schlange wird endlich sterben, der Einflu? auf Sechseck-Welt und Rat wird gebrochen sein. Es wird bereits gemunkelt, man konne ihm als einem alten Freund Brazils in dieser Sache nicht recht trauen. Die Moglichkeiten sind unabsehbar.«
Asam frostelte ein wenig, als er sich Gunit Sangh ungezugelt an der Macht vorstellte, aber seltsamerweise beruhigte ihn dieser unheilvolle Plan auch. Sangh war aufrichtig zu ihm, teils aus Vertraulichkeit, teils aus seiner grenzenlosen Arroganz heraus.
»Wir bringen sie morgen, wenn es dunkel ist, nach Zone, und zwar so rasch wie moglich«, fuhr der Dahbi fort. »Wir werden jeden Abgesandten von Ihnen in unserer Botschaft dort empfangen, damit er sich vergewissern kann. Dann haben Sie acht Stunden Zeit, um sich an die Abmachung zu halten.«
»Und danach?« fragte Asam stirnrunzelnd.
»Sie konnen gemeinsam nach Dillia zuruckkehren«, erklarte Sangh. »Zwischen uns personlich ist damit aber noch nichts ausgestanden, versteht sich. Das bleibt offen — wie bisher. Sicheres Geleit fur Sie und die Frau zuruck nach Dillia, das ist alles, wofur ich garantieren kann. Danach besteht keine Abmachung mehr.«
Asam seufzte.
»Ich uberlege es mir«, sagte er. »Und wenn ich nicht mitmache?«
»Dann wird die Frau das Hauptgericht eines rituellen Festmahls fur mein Botschaftspersonal sein, und es wird von ihr keine Spur bleiben«, antwortete der Dahbi kalt.
»Sie gemeiner Kerl«, fluchte Asam wutend. »Sie gemeiner Dreckskerl. Sie und ich werden das eines Tages personlich austragen.«
»Eines Tages«, bestatigte der Dahbi. »Aber nicht in den nachsten beiden Tagen.« Er verwandelte sich in den milchigwei?en Zustand und versank langsam im Boden, bis er vollig verschwunden war.
»Gemeiner Dreckskerl«, sagte Asam in die Dunkelheit hinein, aber sein Gehirn arbeitete bereits fieberhaft. Plane, Intrigen, Ideen bildeten sich heraus. Er dachte an Zigeuner — aber nein, das ging nicht. Er konnte nicht sicher sein, ob er dem seltsamen kleinen Mann trauen durfte. Es konnte etwas schiefgehen, sie mochten verraten werden. Sangh kannte den Plan ohnehin und wurde einen fliehenden Brazil verfolgen. Nein, er mu?te sich zwischen Mavra und Brazil entscheiden. Die Wahl fiel leicht.
Dahir
Die Ranch lag kaum zwanzig Kilometer unterhalb der Grenze, aber einsam und weit genug entfernt, um fur ihre Zwecke geeignet zu sein. Zwei waren Dahbi, die anderen Krithier, deren riesige, schlagende Schwingen ihre Zurufe untermalten. Sie trugen zwischen sich eine riesengro?e Decke, in der ihre schwere Last lag, noch immer