zu geben. Braun und wei? gefleckt, besa? sie alle au?eren Eigenschaften eines Rindes und war, obschon ein wenig zottig und im Besitz von zwei kleinen Hornern, die wie bei den Hakaks spiralformig gewunden waren, dieselbe Art von Tier wie zuvor. Sie hatte sein Mitgefuhl. Im Lichtschein drehte sie den machtigen Kopf, um sie mit Augen zu betrachten, die, wie er wu?te, sehr kurzsichtig und farbenblind waren.
Die Ubertragung hatte sie weniger tief getroffen, als das bei den meisten anderen Leuten der Fall gewesen ware; sie hatte dergleichen schon ofter erlebt, und es war nicht immer mit Absicht oder schmerzlos geschehen. Sie hatte gewartet, bis man im Morgengrauen erschienen war, um die Kuhe auf die Weide zu treiben. Es war ihr leichtgefallen, der Herde zu folgen, indem sie der Kuh in sich das Kommando uberlie?, und hinaus in die Berge zu laufen. Von diesem Augenblick an hatte es einen innerlichen Kampf mit dem Kuhhirn gegeben, als sie versuchte, die Kontrolle zu ubernehmen und das dumpfe Tiergemut abzudrangen, bemuht, so langsam und bedachtig vorzugehen, wie sie konnte.
Die Gedemondaner hatten sich mit ihr an einer vorher bezeichneten Stelle getroffen, an einem kleinen Teich, den Kuhe und anderes Vieh au?erhalb der Sichtweite der Ranch benutzten. Sie hatten sie begleitet, den Zaun fur sie aufgebrochen und mit ihr uber einen verlassenen Pfad den Weg zur Grenze eingeschlagen.
Die Gedemondaner wirkten schwach, wie ihr auffiel, schienen sich oft nicht zurechtzufinden und mu?ten haufig rasten. Zuerst hatte sie geglaubt, das liege an der nervlichen Belastung dieser Nacht, bis sie begriff, da? viel mehr dahintersteckte. Was sie auch getan haben mochten, um sie in dieses Tier zu versetzen, es hatte ungeheure Kraft und Konzentration erfordert. Sie wirkten alle in irgendeiner Weise gealtert.
Ihre Verfassung besserte sich in der Dunkelheit nach Mitternacht nicht. Selbst Brazil und die anderen, die mit Gedemondanern keine Erfahrung und also auch keine Vergleichsmoglichkeit besa?en, stellten eine Veranderung fest. Brazil dachte an die Murnies vor so langer Zeit und erinnerte sich, da? die Altesten, die zur Ubertragung imstande waren, ihr halbes Leben damit verbrachten, die Fahigkeit zu erlernen, und trotzdem vollig ausgelaugt waren, wenn sie sich des Verfahrens auch nur ein- oder zweimal bedienten. Immerhin regte sich ein Gedanke in seinem Gehirn, der mit einem winzigen Lichtfunkchen begonnen hatte, als er das erstemal von Mavras Verwandlung erfuhr. Obwohl es sich durchaus lohnte, dergleichen zu versuchen, wunschte er sich jetzt doch, das nicht so leichtfertig verlangt zu haben, seitdem er den Preis kannte, der dafur zu entrichten war.
»Wie viele von euch sind hier?« fragte er den Sprecher der Gedemondaner.
»Zwolf im ganzen«, erwiderte das zottige Geschopf, »mich und den anderen Sprecher dort eingeschlossen.«
»Und es mussen mindestens drei von euch sein, damit ihr die Ubertragung bewaltigen konnt?«
Der Gedemondaner nickte.
»Ja, drei.«
Er schaute hinuber zu den erschopften Begleitern des Sprechers, die an den Baumen lehnten.
»Wurde es, ah, leichter fallen, wenn mehr von euch sich damit befassen wurden?«
Der Sprecher erkannte, worauf er hinauswollte.
»Nein, das glaube ich nicht. An wen von euch denkst du?«
Er zog uberrascht die Brauen hoch.
»Du meinst, ihr konntet sie noch einmal versetzen? Ich dachte, die Anstrengung ware zu gro?.«
»Es ware sogar eher leichter«, erklarte der Gedemondaner. »Sie ist kein naturlicher Bestandteil des Wesens und befindet sich noch nicht lange genug darin, um ihm vollig verhaftet zu sein. Das Problem besteht zum Teil darin, die ganze Seele zu erfassen und zu sammeln — es geht viel leichter bei einem ihr fremden Korper als bei einem damit verwachsenen.«
Brazil nickte, zogerte aber und blickte wieder auf die erschopften, ausgelaugten Gedemondaner, die so viel von sich eingesetzt hatten, um die Rettung zu ermoglichen. Er verlangte nicht gerne von anderen, das uber sich ergehen zu lassen.
Der Sprecher verstand ihn.
»Es ist gut«, trostete er leise. »Siehst du, wir glauben an das, was ihr tut. Es ist notwendig, es ist wichtig. Wir haben Abstand vom Rest der Sechseck-Welt gehalten, gewi?, und wurden es noch tun, wenn alles seinen normalen Gang ginge. So ist es aber nicht. Selbst so waren wir vielleicht imstande gewesen, uns fernzuhalten, wie wir das bei allen anderen Konflikten getan haben, aber hier besteht ein Grund von uberragender Bedeutung. Er zwingt uns, alles zu tun, um dafur zu sorgen, da? du Erfolg hast.«
Brazil sah verwundert zu dem Wesen auf.
»Ein Grund von uberragender Bedeutung?«
Der andere nickte.
»Wir haben die ganze Energie unserer Rasse der Aufgabe gewidmet, die Eigenschaften des Universums und die des Schachtes zu erkunden, und vor allem, was das Wichtigste ist, das Innerste jedes denkenden Wesens, die Seele, zu erforschen. Wir haben viel gelernt, aber auch erfahren, da? es Dinge gibt, die sich uns entziehen, weil wir hier auf der Sechseck-Welt festsitzen. Eine ganze Welt fur uns allein, eine riesige Rasse, die Muhen, Schwierigkeiten und die Wirklichkeit des restlichen Universums au?erhalb dieses winzigen kunstlichen Kugelchens hinaus kennen und begreifen lernen — das ist der einzige Weg zum Fortschritt, dazu, die echte Wahrheit uber uns zu erlangen.«
»Aber irgendwo habt ihr doch eine solche Welt«, wandte Brazil ein.
»Nein«, sagte der Gedemondaner traurig. »Es gab einen Fehler oder irgend etwas in dieser Art, einen Faktor, der bei unserer Vorbereitung hier fur ein echtes Dasein au?erhalb ubersehen wurde. Wir sind ausgestorben — und zwar sehr rasch. Es scheint nicht einmal eine zweite Generation gegeben zu haben.«
»Woher wi?t ihr das alles?« fragte Brazil. »Ich meine, das wei? nicht einmal
»Wir wissen es«, versicherte ihm das Wesen. »Jedes entworfene Gebilde im Universum verfugt uber seine eigenen komplizierten mathematischen Verschlusselungen. Wir konnen diese Codes spuren, sie sozusagen lesen. Wir wissen, da? sie ubereinstimmen, und konnen einzelnen Rassen von ihren Modellen auf der Sechseck-Welt aus drau?en nachspuren, sogar eine gro?e Zahl von Rassen erkennen, die es auf der Sechseck-Welt uberhaupt nicht mehr gibt, zumindest in mathematischem Sinne. Und wenn die Rasse nicht mehr existiert, besteht eine Lucke, eine merkbare Diskontinuitat.«
Brazil war fasziniert.
»Sie meinen, ihr konnt den Code des Schachtes tatsachlich
»Bis zu einem gewissen Punkt, ja«, gab der Gedemondaner zu. »Infolge dieser Fahigkeit konnen wir einen kleinen Teil vom Potential des Schachtes selbst nutzen, mehr oder weniger auf die Art und Weise der Markovier. Daher kommt es, da? wir manchmal Zukunftsstromungen wahrnehmen, Schlusselfiguren erkennen und Dinge bewaltigen konnen, wie die Ubertragung und Blendung vom Denken anderer. Du kannst dir vorstellen, wie enttauschend das ist. Den markovischen Fahigkeiten und Erkenntnissen so nah zu sein — so nah und nicht naher, denn wir breiten uns nicht aus, wachsen nicht, gelangen nicht in eine Lage, wo wir die Situation vom anderen Ende, vom Universum aus betrachten konnen. Und das ist der Grund, versteht sich, weshalb wir euch in jeder moglichen Beziehung helfen mussen.«
Nathan Brazil dachte eine Weile nach, dann lachelte er schwach. Er schuttelte langsam den Kopf und richtete vorwurfsvoll den Zeigefinger auf den Sprecher.
»Ihr
»Horen Sie«, sagte er, »wir haben es hier mit zwei Problemen zu tun. Zum einen ist Mavra zur Zeit nicht reisefahig, und wenn sie bleibt, was sie ist, wird sie vermutlich an irgendeinem Bratspie? landen. Zweitens wird Gunit Sangh darauf warten, da? ich jetzt einen Ausbruchsversuch unternehme, und es wird deshalb von Streifen und allen moglichen Sperren nur so wimmeln. Ware nicht plotzlich alles auseinandergefallen, dann hatte ich es wohl mit nur kleinen Schwierigkeiten schaffen konnen. Der Anfangsplan, soweit er reicht, ist immer noch haltbar. Wir kommen nur hinein, wenn wir fliegen.«
»Sie wollen also, sagen wir, Agitar werden und Mavra zu Ihrem Pegasus machen?« erriet Zigeuner. »Keine schlechte Idee, wenn sie einverstanden ist.«
Mavra drehte den Kopf und gab einen tiefen Muhlaut von sich, bei dem man sich denken konnte, was man