in der Stunde. Auf jeden Fall wurden sie ihr Ziel auf diesem Weg nicht vor dreieinhalb bis vier Tagen erreichen.
Er hoffte, das durchhalten zu konnen.
Nach unruhigem Schlaf in der ersten Nacht und gierigem Grasrupfen von beiden waren sie wieder in der Luft. Diesmal trug Mavra den Gedemondaner, und Brazil empfand gro?e Erleichterung, gedampft nur durch Mitgefuhl bei dem Gedanken an ihre schwere Last. Sie hielt sich aber gut, und auch der Gedemondaner hatte an Erfahrung gewonnen. Sie wirkte ein wenig kraftiger und gro?er als ihr Partner, was Brazil jedoch nicht im geringsten storte.
Der zweite Tag verging ganz wie der erste, obwohl er das Gefuhl hatte, ein wenig zu optimistisch gewesen zu sein, was die zuruckgelegte Strecke anging. Vor ihnen erhob sich Hochland und zwang sie, hoherzusteigen. Das hie?, da? dieselbe Leistung mehr Arbeitsaufwand erforderte und die Atmung schneller wurde.
Plotzlich, am spaten Nachmittag, wurden sie angegriffen. Die Wesen waren riesengro?e, langgezogene Scheiben mit vorquellenden Augen und zahllosen schlangenartigen Tentakeln, die aus der Oberflache ihrer Korper ragten. Sie besa?en keine erkennbaren Kopfe, und es war rasch ersichtlich, da? ihre graue Unterseite in der Hauptsache ein Mund war. Sie zeigten kein Mittel der Fortbewegung, und er vermochte nicht einmal zu vermuten, was sie in der Luft hielt, geschweige denn es ihnen ermoglichte, so abrupt zu wenden, hochzusteigen und hinabzufegen.
Sie reihten sich neben den zwei geflugelten Pferden auf, neun an der Zahl, jedes zwei Meter und mehr breit, an Ha?lichkeit nicht zu uberbieten, und zwangen sie, unten auf einer Bergebene zu landen. Die Wesen selbst landeten nicht, sondern schwebten zwei Meter in der Luft und betrachteten sie.
»Im Namen des Rates halten wir euch auf und fordern, da? ihr erklart, was ihr hier zu suchen habt«, sagte der Anfuhrer. Er besa? keinen Ubersetzer-Kristall, und seine Worte klangen fur sie unverstandlich, aber der Gedemondaner schien sie zu verstehen und antwortete in der gleichen Sprache.
Brazil und Mavra Tschang standen zusammen mit dem Agitar Prola dabei, ohne irgend etwas tun oder auch nur erraten zu konnen. Der Gedemondaner nickte schlie?lich, und die Wesen erhoben sich in die Luft und fegten davon.
»Eine Streife von Khutirs Armee«, sagte das zottige Wesen. »Ich mu?te mir allerhand einfallen lassen, um sie davon zu uberzeugen, da? wir unverdachtig sind. Ihr konnt von Gluck sagen, da? ihr mich dabeihabt. Ware ich nicht in der Lage gewesen, in ihrer Akkokek-Sprache mit ihnen zu reden, dann hatte man uns zu einem Verhor mitgenommen. Fliegen wir weiter, bevor sie es sich anders uberlegen.«
Sie starteten wieder, und die drei anderen fragten sich, was der Gedemondaner den Wesen erzahlt haben mochte. Brazil nahm sich im stillen vor, mit einem Sprecher der Gedemondaner einmal Poker zu spielen.
Wahrend sie Quilst uberflogen, sahen sie wenig von einer gro?en Armee, was sie ein bi?chen beunruhigte. Wo war der General Khutir? War er tatsachlich abgelenkt und so weit fortgelockt worden? Wurde es in der Tat so einfach sein?
Andere Wesen stiegen gelegentlich aus verborgenen Vorposten auf, um sie zu uberprufen, aber der Gedemondaner brachte es jedesmal fertig, ihnen Nachteiliges entweder auszureden oder irgendein Zeichen oder eine Parole zu geben, die das Weiterfliegen erlaubten. Der Gedemondaner lachte nur leise, als sie nach seinen Fahigkeiten fragten, und sagte, nein, er konne keine Gedanken lesen, aber schwachere Gemuter dazu veranlassen, ihm mitzuteilen, was er wissen mu?te. Das war alles, was sie aus ihm herausbrachten.
Das Land war wieder flach geworden, als sie Quilst uberflogen, ein sumpfiges Gelande voller Laub und Vegetation aller Art, dazwischen stehendes Wasser und riesige Schlammteiche. Hier und dort konnte man die gigantischen Wesen sehen, die Brazil an humanoide Flu?pferde erinnerten. Sie trieben dies und jenes, aber es gab praktisch keine Gebaude oder Hinweise auf Industrie. Solche Anlagen mu?ten sich verborgen in den Sumpfen oder unter dem Boden befinden.
Auf jeden Fall gab es ein weitverzweigtes Netz von breiten Stra?en und Wegen, die praktisch jeden Punkt im Hex mit den anderen verbanden.
Sie uberflogen die trockenste Stelle des Hexagons, wo das Land in einer Folge von Steppen wieder anstieg. Hier hatten sich Lager und Stab von Khutir befunden, wie man sehen konnte; die Spuren — und die Ausrustung — waren deutlich sichtbar, und es hielten sich hier noch einige hundert Wesen verschiedener Art auf, die Vorrate bewachten oder wenigstens eine Art Stolperdrahtwache vor dem Zugang zur Avenue nordlich von ihnen hielten.
Sie schwenkten zum Suden des Lagers, in der Hoffnung, unbemerkt zu bleiben, und hatten das Gebiet bald verlassen, um in den Westen der gro?en Avenue zu gelangen, die man in der Ferne schon beinahe zu erkennen vermochte.
Sie hatten nicht die Absicht, von Suden oder Osten heranzukommen, dort durch das feindliche Verion, sondern uber Ellerbanta, sich, wenn das moglich war, stets westlich der Avenue haltend.
Es war nicht die beste Avenue fur ihre Zwecke, und je naher sie herankamen, desto deutlicher gingen Brazil die Nachteile auf. Das Land war gebirgig, glich am ehesten noch Gedemondas, und obwohl es nicht uberma?ig kalt war, nahm die Hohe doch standig zu und erschwerte das Fliegen immer mehr.
Mavra erkannte die Probleme rascher als er. Sie wu?te, da? die geflugelten Pferde in den hoheren Gebieten von Gedemondas nicht flugfahig gewesen waren; fur sie gab es eine eindeutige Obergrenze, die durch starke Gewichtsbelastung noch tiefer sank.
Sie mu?ten jetzt haufiger landen, und dafur geeignete Stellen waren immer schwerer zu finden. Sie flogen uber der Schneegrenze, wo festen Halt zu finden schwierig war.
Sie holten die Karten des Gebietes heraus und betrachteten sie. Mavra konnte die Schrift nicht lesen, aber als man ihr die Karte erklarte, begriff sie rasch, da? sie nicht die Aquatorbarriere entlang zur Avenue fliegen konnten. Nicht zu dieser hier.
Mit Hilfe des gedemondanischen Sprechers, dessen Stimme au?er ihm selbst bei diesen Gelegenheiten auch Mavra und Brazil diente, erklarte sie das Brazil eher vorwurfsvoll.
»Woher sollte ich denn wissen, wie hoch es hier hinaufgeht?« murrte er. »Ich kann mich an die richtigen Wesen uberhaupt nicht erinnern. Auf der Erde uberlebten sie nur als Teil der Kollektiverinnerung, als mythologische Wesen. Aber es bleibt einfach keine andere Wahl. Wir hatten nach Osten fliegen konnen, doch dann waren wir uber Lamotien und Yaxa gekommen — und da hatten wir keine Chance gehabt. Im Westen liegt das nachste Sechseck vollig unter Wasser, was sehr schon ist, wenn man ein Unterwasser-Wesen ist, aber sonst nicht — und wir hatten dort Kampfe bestehen mussen. Weiter ostlich die Avenue unter dem Meer der Sturme. Das war also die einzige, die wir benutzen konnten, und damit mussen wir uns eben abfinden.«
»Aber wir konnen nicht mehr lange und auch nicht hoher fliegen«, wandte sie ein.
Er nickte mit seinem Pferdekopf.
»Richtig. Wir mussen also zur Avenue. Ich vermute, da? sie hinter der nachsten Bergkette da liegt, hochstens drei?ig oder vierzig Kilometer entfernt. Das ist der einzige echte Bergpa?, den es hier gibt. Wir laufen, wo wir mussen, und fliegen, wo wir konnen. Also los!«
Es blieb keine andere Moglichkeit, aber alle waren der Meinung, da? diese Avenue der letzte Ort war, wo sie sich hinwenden sollten. Sie durften damit rechnen, hier auf Widerstand zu sto?en. Niemand zweifelte daran, da? die Befehle von Gunit Sangh und General Khutir fur die hier eingesetzten Patrouillen eindeutig waren:
Selbst der Gedemondaner, der sich in der hohen, wei?en und kalten Bergwelt beinahe zu Hause fuhlte, teilte ihre Sorge, aber es gab keine andere Wahl mehr.
Sie erreichten die Avenue schlagartig; vor ihnen stand eine massive Bergwand, und sie beschlossen, sie zu uberwinden, in der Erwartung, vom Gipfel aus die Avenue wenigstens zu Gesicht zu bekommen.
Sie leisteten mehr. Brazil stemmte seinen gro?en Pegasuskorper hinuber und sturzte beinahe ins Leere. Er blickte hinunter, wahrend die Vorderbeine uber den Rand baumelten, auf einer fast senkrecht absturzenden