»Wir haben es offenbar ganz genau erwischt«, stellte Marquoz befriedigt fest. »Ein letztes Zusammentreffen, bevor die Sache abgeschlossen wird.« Er wandte sich an Brazil. »Ich habe Ihnen doch gesagt, da? ich beim Abschlu? dabeisein will.«
Der Schock, die beiden zu sehen, war so gro?, da? Brazil kurze Zeit sprachlos war. Als er sich ein wenig gefa?t hatte, stie? er hervor:»Was, zum
Ortega grinste.
»Ich bin aus dem Rat ausgeschieden, Nate. Ich mu? ja zugeben, bis zum letzten Augenblick wu?te ich selbst nicht, wie ich mich entscheiden wurde, wu?te nicht einmal, ob ich den Nerv hatte, da jemals wegzugehen, aber als es drauf ankam, blieb mir eigentlich nichts anderes ubrig.
Zigeuner sah ihn lachelnd an.
»Und personliche Beweggrunde hatten naturlich uberhaupt nichts damit zu tun, Heiliger Serge.«
Ortega machte ein betretenes Gesicht.
»Na ja, das auch, ganz nebenbei. Ich hatte diesen Dreckskerl Sangh seit funfzig Jahren bekampft, und er setzt diesmal alles auf eine Karte. Wenn er verliert, dann ist es aus mit ihm. Er ist die gro?te Bedrohung fur die Stabilitat dieser Welt, die es je gegeben hat, und er mu? weg. Andere Dahbi sind gar nicht so ubel. Unheimlich, mag sein, aber das sind andere auch. Aber bose von Grund auf? Das gilt eigentlich nur fur Sangh. Und er ging immer davon aus, er konnte alles, wenn er allein zu bestimmen hatte. Nun, er
»Sie haben also die Seiten gewechselt«, sagte Brazil seufzend.
Ortegas buschige Brauen stiegen hoch.
»Aber Nate! Ich mu? mich uber Sie
Mavra lie? sich von dem Gedemondaner mit in das Gesprach aufnehmen.
»Zigeuner, jetzt spricht Mavra«, begann sie, gezwungen, ihm das zu erklaren, weil der Gedemondaner fur sie alle sprechen mu?te. »Was geschah — nachdem wir fort waren? Wie ist Marquoz hierhergekommen?«
»Darauf gebe ich selbst Antwort«, erklarte der Hakazit den anderen. »Es war so, da? wir eigentlich zu rasch aufbrechen mu?ten und Sanghs Armee schon unterwegs war. Sie holte uns in Mixtim ein, und es gab eine blutige Auseinandersetzung. Strenggenommen ging sie unentschieden aus — wir konnten uns vielleicht sogar als Sieger bezeichnen, weil sie viel hohere Verluste hatten als wir. Aber strategisch gesehen, gelang es ihnen, unsere Truppen zu spalten und durchzusto?en. Wir konnten uns auf die Dauer nicht halten, und die Awbrier wurden sudwestlich von uns aufgehalten, ein bi?chen zu weit weg, um uns zu helfen. Gunit Sangh lie? sich von Ihrem Korper nicht wirklich tauschen, Brazil, sowenig wie Ortega. Den behalt er vielleicht in Reserve, um einen moralistischen Sieg zu behaupten, aber das ist schon alles. Er wei? nicht, da? Sie die Erscheinungsform gewechselt haben, aber da? Sie zur Avenue unterwegs sind, war ihm klar, und was mit Mavra hier geschehen ist, brachte ihn vollig aus der Fassung. Er nahm seine schnellsten, vielseitigsten und ubelsten Zweitausend und stie? durch die Lucke vor, direkt hierher. Wir konnten ihn nicht aufhalten; das verhinderte der Rest seiner Armee. Seine Truppe befindet sich jetzt auf der Avenue, und morgen fruh, wenn es hell wird, wird er diese Schlucht da heraufkommen.«
Sie drehten sich alle um und blickten in die angegebene Richtung, obwohl es da nicht viel zu sehen gab. Schlie?lich fragte Mavra:»Er ist durchgesto?en, sagten Sie, Marquoz. Was ist mit Asam?«
Der Hakazit schwieg kurze Zeit.
»Er ist tot, Mavra«, sagte er tonlos. »Er ist aber so gestorben, wie er es sich gewunscht haben mag. Mitten in der Schlacht, als Sanghs Truppen vorstie?en und unsere vorderste Abwehr uberrannten, verlie? er seine Befehlsstelle mit zwei Maschinenpistolen, in jeder Hand eine, um die Soldaten zum Gegensto? anzufuhren. Es gelang ihm auch beinahe. Was fur ein Anblick! Galoppierend, fluchend, brullend, wahrend er mit beiden Waffen gleichzeitig feuerte. Seine Leute gingen mit, und das Blutbad, das sie anrichteten, war furchterlich. Sangh hatte aber bessere Stabsoffiziere als wir, und an der Durchbruchstelle waren einfach zu viele Soldaten. Asam forderte ihnen einen hohen Preis ab, das mu? ich sagen. Sie lagen auf allen Seiten von ihm zuhauf, niedergemaht wie Korn, aber gleichgultig, wie viele er zusammenscho?, es kamen immer mehr. Und als seine Waffen leer waren und er schon viele Wunden davongetragen hatte, ri? er sein altes Schwert heraus und griff damit an, ein prachtvoller Wahnsinniger. Es hat auf dieser kleinen Welt so etwas noch nicht gegeben. Die Dillianer werden ihn fur immer zum Martyrer und zu einer Legende machen, und selbst seine Feinde werden Loblieder auf ihn singen.«
Sie sagte nichts, hatte aber Tranen in den Augen. Sie konnte nur hoffen, da? das wirklich der Wahrheit entsprach, da? es nicht ausgeschmuckt worden war, ihr zuliebe. Aber es war ganz das, was von Asam zu erwarten gewesen war.
»Nach der Schlacht traf ich mich mit Zigeuner, der die Gestalt gewechselt hatte, um nicht gefangengenommen zu werden«, fuhr Marquoz fort, »und wir versuchten Brazils alten Korper als letztes Ablenkungsmittel zu gebrauchen. Es sah beinahe so aus, als wollte es klappen — sie jubelten und feierten, und der Kampf horte praktisch auf. Der Verband, der durchgesto?en war, kehrte aber nicht um; wir kamen zu dem Schlu?, da? Sangh sich nicht vollig hatte uberzeugen lassen. Wir hatten ihn vorher schon zu oft hereingelegt. Diesmal geht er auf Nummer Sicher. Er zieht die ganze Avenue herauf.«
»Ich beschlo?, vorauszugehen und zu sehen, ob ich Sie finden konnte«, fugte Zigeuner hinzu. »Es dauerte nicht lange, bis ich auf Ortegas Leute stie?, die sich hier einrichten, und ich nahm mir vor, festzustellen, was eigentlich gespielt wurde. Als ich erfuhr, da? er nicht hier war, um Sie einzufangen, und da? man Sie nicht gesehen hatte, kehrte ich zu Marquoz zuruck, und mit Hilfe eines der Trublak, die er hatte, gelang es, ihn herzuschaffen, damit er sich mit der Situation befa?te.«
»Das war ein Risiko«, erklarte Brazil. »Sie konnten nicht sicher sein, was Serge im Schild fuhrte. Von ihm wei? man, da? ihm alles zuzutrauen ist.«
Marquoz zuckte nur mit den Schultern.
»Es spielte eigentlich keine gro?e Rolle mehr. Das Spiel ging hier oben zu Ende, nicht weit dahinten. Ich hatte getan, was ich konnte. Und wenn sich jemand etwas einfallen lassen sollte, mochten Zigeuner und ich dagegen vielleicht etwas tun konnen. Es hat jedenfalls geklappt.«
»Ja, es hat geklappt — auf irgendeine Weise«, bestatigte Brazil. »So scheint es immer zu sein. Das gehort zum System. Die Wahrscheinlichkeit, so gering sie auch erscheinen mag, kommt mir immer dann zugute, wenn mein Uberleben auf dem Spiel steht.« Er schwieg einen Augenblick. »Serge, wie viele Leute haben Sie hier?« fragte er dann. »Ich meine, insgesamt, von uns abgesehen.«
»Vierundsechzig«, erwiderte der Ulik. »Wir mu?ten schnell und mit wenig Gepack unterwegs sein, und ich zog alte Schuldscheine ein. Das sind alles gute Leute, Nate, und die Position ist einmalig gut.«
»Vierundsechzig«, wiederholte Brazil. »Gegen Gunit Sanghs kampferprobte Zweitausend.«
Ortega grinste.