willkommen. Erst am Ende dieser Hoflichkeitsfloskeln schob er eine freundliche Zwischenbemerkung ein, mit der er die Neuankommlinge an die Funktionsweise der Translatoren erinnerte und auch daran, da? moglichst immer nur einer zur gleichen Zeit sprechen sollte, um die Gerate nicht zu uberlasten.
Auf ihren Heimatplaneten waren diese Wesen zwar allesamt anerkannte medizinische Kapazitaten, im Orbit Hospital aber galten sie als blutige Anfanger. Dieser Ubergang vom geachteten Spezialisten zum Praktikanten fiel einigen bestimmt nicht leicht, so da? man sie zu diesem Zeitpunkt noch mit Glacehandschuhen anfassen mu?te. Sobald sie sich allerdings an ihre neue Situation gewohnt hatten, war ihre Schonfrist vorbei, und sie konnten fur ihre Fehler wie jeder andere zur Rechenschaft gezogen werden.
„Ich schlage vor, wir beginnen unseren Rundgang auf der Aufnahmestation“, fuhr Conway fort. „Dort werden die mit der Unterkunft der Patienten zusammenhangenden Probleme geklart und erste Voruntersuchungen vorgenommen. Falls es die au?eren Umstande zulassen und sich der betreffende Patient in keinem kritischen Zustand befindet, werden wir einige angrenzende Abteilungen aufsuchen, um uns mit den Untersuchungsmethoden an neu eingelieferten Patienten etwas genauer vertraut zu machen. Naturlich steht es Ihnen jederzeit frei, Fragen zu stellen.
Auf dem Weg zur Aufnahme werden wir Korridore und Gange benutzen, die ziemlich uberfullt sein konnten. Im Orbit Hospital herrscht eine komplizierte Rangordnung, die von den medizinischen Hilfskraften bis zu den Chefarzten reicht und mit der geregelt wird, wer vor wem den Vortritt hat. Mit der Zeit werden Sie begreifen, wie dieses System funktioniert, aber gegenwartig mussen Sie sich nur an eine Grundregel halten: Falls das Ihnen entgegenkommende Wesen gro?er ist als Sie, mussen Sie ihm Platz machen.“
Er war kurz davor hinzuzufugen, da? kein Arzt im Orbit Hospital einen Kollegen mutwillig zu Tode trampeln wurde, besann sich aber eines Besseren — sehr viele Extraterrestrier besa?en keinerlei Sinn fur Humor, und ein solch harmloser Scherz, falls er von jemandem wortlich genommen wurde, konnte durchaus zu endlosen Debatten fuhren. Also forderte Conway sie lediglich auf, ihm zu folgen.
Er sorgte dafur, da? die funf AACPs als die Langsamsten der Gruppe direkt hinter ihm gingen, um somit das Tempo fur die anderen zu bestimmen. Ihnen folgten die beiden Kelgianer, deren schlangelnde Fortbewegungsform nur unwesentlich schneller als die der vor ihnen einhertrottenden pflanzlichen Wesen war. Als nachstes kam der Chloratmer, und das Schlu?licht bildete der creppelianische Oktopode, wobei die Blubbergerausche seines Schutzanzugs Conway laut vernehmbar verrieten, da? die fast funfzig Meter lange Prozession noch immer nicht auseinandergebrochen war.
Da sie jetzt im Gansemarsch gingen, war es sinnlos, weitere Anweisungen zu geben, und sie legten die erste Teilstrecke von etwa zweihundert Metern schweigend zuruck, wobei sie der Weg uber drei ansteigende Rampen und durch gerade wie verwinkelte Gange fuhrte. Das einzige Wesen, das aus entgegengesetzter Richtung auf sie zukam, war ein Nidianer, dessen Armbinde verriet, da? er ein Medizinalassistent im zweiten Ausbildungsjahr war. Erwachsene Nidianer wurden nur etwa ein Meter zwanzig gro?, so da? fur niemanden die Gefahr bestand, zu Tode getrampelt zu werden. Schlie?lich erreichten sie die innere Schleuse, die zur Station der Wasseratmer fuhrte.
In dem direkt anschlie?enden Umkleideraum uberwachte Conway die beiden Kelgianer beim Anlegen der Schutzanzuge, dann zog er sich selbst einen leichten Taucheranzug an. Die AACPs wiesen darauf hin, da? sie sich dank ihres pflanzlichen Metabolismus eine ganze Weile unter Wasser aufhalten konnten, ohne irgendwelche Schutzma?nahmen treffen zu mussen. Der Illensaner trug bereits einen luftdichten Anzug, so da? er sich gegen das Wasser, das fur ihn genauso giftig war wie Sauerstoff, nicht mehr extra abzusichern brauchte. Der Creppelianer hingegen war ein Wasseratmer und wollte seinen Schutzanzug ablegen — schlie?lich habe er acht Beine, die er dringend einmal ausstrecken musse, wie er meinte. Conway war jedoch dagegen, da sie sich hochstens eine Viertelstunde im Wasser aufhalten wurden.
Die Schleuse zur AUGL-Station offnete sich — ein riesiger, dusterer Tank, der mit grunlichem, lauwarmem Wasser gefullt war und eine Tiefe von fast siebzig Metern und einen Durchmesser von mehr als hundertfunfzig Metern besa?. Conway mu?te bald feststellen, da? das Unterfangen, die Neuankommlinge von der Schleuse zum Korridoreingang auf der anderen Seite zu bringen, einem dreidimensionalen Herdentrieb durch grunen Klebstoff gleichkam. Mit Ausnahme des Creppelianers verloren alle anderen binnen weniger Minuten ihren Orientierungssinn. Wild gestikulierend und laut die Richtung angebend, mu?te Conway wie ein Wahnsinniger um sie herumschwimmen, und trotz der chemischen Kuhl- und Trockenmittel fuhlte er sich in seinem Taucheranzug allmahlich wie in einer uberhitzten Sauna. Etliche Male geriet er derart in Wut, da? er seine Schutzlinge vor Aufregung in die falsche Richtung dirigierte.
Und ausgerechnet in einem ganz besonders chaotischen Augenblick schwamm einer der AUGL-Patienten — ein etwa zwolf Meter langes, krokodilahnliches Wesen vom Planeten Chalderescol II — schwerfallig auf sie zu. Etwa funf Meter vor ihnen hielt der Chalder inne, wobei er unter den AACPs beinahe eine Panik ausgelost hatte, sagte nur abfallig „Studenten!“ und machte sich wieder davon. Chalder waren besonders wahrend der Genesungsphase alles andere als freundlich, aber auch dieser Zwischenfall konnte nicht dazu beitragen, Conways Wut uber das in seinen Augen undisziplinierte Verhalten seiner Schutzlinge zu zahmen.
Als er schlie?lich alle im Korridor auf der anderen Seite des Tanks beisammen hatte, schien weit mehr als nur eine Viertelstunde vergangen zu sein.
„Etwa dreihundert Meter weiter befindet sich in diesem Korridor die Verbindungsschleuse zur Sauerstoffabteilung der Aufnahmestation. Dort la?t sich das, was in der Aufnahme vor sich geht, am besten beurteilen“, sagte Conway. „Diejenigen von Ihnen, die sich nur gegen das Wasser schutzen mu?ten, werden dort ihre Anzuge ablegen, alle anderen begeben sich direkt hindurch. und wenn das nicht reibungslos klappt, mache ich Ihnen die Holle hei?!“
Wahrend er mit den anderen auf die Schleuse zuschwamm, sagte der Creppelianer zu einem der AACPs: „Nach unserer Vorstellung ist die Holle mit kochendhei?em Dampf gefullt, aber man mu? schon ganz schon bose gewesen sein, um dort hinzukommen.“ Daraufhin antwortete der AACP: „Unsere Holle ist zwar auch hei?, aber dort herrscht leider absolute Trockenheit, und man verkommt sozusagen zu Dorrgemuse.“
Conway wollte sich schon dafur entschuldigen, da? er gerade die Geduld verloren hatte, weil er furchtete, die Gefuhle des einen oder anderen Extraterrestriers verletzt zu haben, aber offenbar hatten sie das, was er zuvor gesagt hatte, nicht sonderlich ernst genommen.
6. Kapitel
Durch eine transparente Wand hindurch konnte man in einen gro?en, dunklen Raum sehen, in dem drei gro?e Kontrollpulte standen, von denen aber zur Zeit nur eins besetzt war. Davor sa? ein Nidianer, ein kleiner Humanoid mit siebenfngrigen Handen, dessen Korper mit einem lockigen, roten Pelz uberzogen war. An einer Reihe blinkender Kontrolleuchten konnte man erkennen, da? er gerade zu einem Schiff Kontakt aufgenommen hatte, das sich dem Hospital naherte.
„Horen Sie einfach mal zu.“, sagte Conway zu seinen Schutzlingen.
„Identifizieren Sie sich bitte“, forderte der rote Teddybar das Schiff auf. Seine abgehackte, bellende Sprache klang durch den Translator, der samtliche stimmlichen Eigenarten „herausfilterte“, fur Conway genauso ausdruckslos wie fur die anderen, die die Ubersetzung in gleichsam emotionslosem Kelgianisch, Illensanisch oder in jeder x-beliebigen anderen Sprache mithoren konnten. „Patient, Besucher oder Mitarbeiter? Und welche Spezies?“
„Pilot, mit einem Patienten an Bord“, kam die Antwort vom Schiff. „Beide menschlich.“
Nach kurzem Zogern sagte der nidianische „Teddybar“: „Bitte nennen Sie mir Ihre physiologische Klassifikation, oder schalten Sie auf vollstandigen Sichtkontakt um“, wobei er zu den neugierigen Zuschauern hinter der Glasscheibe hinuberzwinkerte. „Alle intelligenten Lebensformen bezeichnen ihre eigene Spezies im ubertragenen Sinne Ihrer Muttersprache als menschlich und halten alle anderen fur nichtmenschlich, also ist es vollig belanglos, wie Sie sich selbst nennen, insbesondere was die Unterbringung des Patienten angeht.“
Conway stellte den Lautsprecher, der das Gesprach zwischen dem Schiff und der Aufnahme in den Korridor ubertragen hatte, leiser und sagte: „Das scheint mir der richtige Zeitpunkt zu sein, Ihnen unser physiologisches Klassifikationssystem zu erklaren. Allerdings will ich nur kurz darauf eingehen, da Sie spater uber dieses Thema ausfuhrlich unterrichtet werden.“