der Leibarzt des Patienten, sondern sie entwickelten sich dadurch, da? der EPLH seinem eigenen physiologischen Werdegang keine Beachtung geschenkt hatte.

Meiner Ansicht nach hat sich der Patient in bezug auf seine eigentliche biologische Lebenserwartung bereits sehr fruh solcher Verjungungskuren unterzogen. Ich meine damit, da? er mit der Zellenerneuerung nicht abgewartet hat, bis er ein mittleres oder hoheres Alters erreicht hatte. Bei der letzten Gelegenheit aber alterte er und zog sich diesen Zustand der Haut zu, weil er irgend etwas vergessen hatte, nachlassig gewesen war oder sich mit einem Problem beschaftigt hatte, dessen Losung mehr Zeit als sonst erforderte. Laut Pathologiebericht handelt es sich dabei wahrscheinlich um eine fur diese Spezies ganz normale Erkrankung, wahrend deren Verlauf der EPLH ganz bewu?t die befallenen Hautpartien einfach absto?t, um danach vollig beschwerdefrei weiterzuleben. Da die letzte Verjungungskur bei unserem Patienten aber das Gedachtnis ausgeloscht hat, wu?te er nichts mehr davon und sein Leibarzt naturlich auch nicht.

Dieser. ehm, nennen wir es einmal. ehm. Hausarzt wu?te nur sehr wenig uber die medizinische Vorgeschichte seines Patienten, aber sein Motto mu?te lauten, den Status Quo unter allen Umstanden aufrechtzuerhalten. Als einige Hautpartien des Patienten abzubrockeln drohten, mu?te er das verhindern, weil ihm nicht klar war, da? es sich dabei um einen ganz naturlichen Vorgang handelte wie etwa ein normaler Haarverlust oder die periodische Hautung einiger Reptilien. Vor allem wird der EPLH darauf bestanden haben, da? es sich um krankhafte Veranderungen handelte. Zwischen den vermeintlichen korperlichen Zerfallsprozessen des Patienten und den Gegenma?nahmen des Arztes mu? es zu einem regelrechten Wettstreit gekommen sein, wobei der Verstand des EPLH zudem andauernd dazwischengefunkt hat. Deshalb hielt der Arzt seinen Patienten schlie?lich lieber bewu?tlos, um in Ruhe das tun zu konnen, was er fur richtig hielt.

Als wir das Mittel zum erstenmal getestet hatten, hat der Arzt es sofort neutralisiert. Fur ihn handelte es sich um eine fremde Substanz, die in den Korper des Patienten eingefuhrt worden war. Und was passiert ist, als wir die Hautpartien operativ entfernen wollten, wissen Sie ja selbst. Erst als wir tiefliegende, lebenswichtige Organe mit dem Holzstab bedroht haben, wurde der Arzt gezwungen, seinen Patienten an dieser einen Stelle voll und ganz zu verteidigen.“

„Als Sie nach einem Holzstab verlangt haben, wollte ich Sie schon in eine Zwangsjacke stecken lassen“, bemerkte O’Mara kopfschuttelnd.

Conway lachelte und fuhr fort: „Ich mochte, da? der EPLH seinen Arzt zuruckbekommt. Da ihm die Pathologie mittlerweile ein gro?eres Verstandnis der medizinischen und physiologischen Vorgeschichte seines Patienten beigebracht hat, mu?te er jetzt der ideale Leibarzt sein, und der EPLH ist sicherlich klug genug, das einzusehen.“

„Und ich hatte mir schon Sorgen gemacht, was er alles anstellen konnte, sobald er das Bewu?tsein wiedererlangt hat. Nun, er hat sich ja als ein ausgesprochen freundlicher und sympathischer Zeitgenosse erwiesen. Ich finde ihn sogar regelrecht charmant.“

Conway stand auf und ging zur Tur. Bevor er den Raum verlie?, sagte er uber die Schulter hinweg: „Wahrscheinlich ist er auch deshalb ein so guter und erfolgreicher Psychologe. Er ist namlich stets zu allen Leuten freundlich.“

Conway schaffte es noch gerade, die Tur hinter sich zu schlie?en, bevor O’Mara explodieren konnte.

5. Kapitel

Schon bald konnte der Patient, dessen Name Lonvellin lautete, entlassen werden, und die unaufhorliche Behandlung erkrankter ETs lie? die Erinnerung an den EPLH bei Conway allmahlich verblassen. Er war einfach zu abgelenkt, um sich daruber Gedanken zu machen, ob Lonvellin in seine Heimatgalaxis zuruckgekehrt war oder noch immer rastlos durch das All umherstreifte, um gute Taten zu vollbringen.

Aber Conway war mit dem EPLH noch nicht am Ende, oder, besser gesagt, Lonvellin war mit Conway noch nicht ganz am Ende.

„Wie wurde es Ihnen eigentlich gefallen, wenn Sie das Hospital mal fur ein paar Monate verlassen konnten, Doktor?“ fragte O’Mara, als sich Conway aufgrund einer Dringlichkeitsdurchsage umgehend im Buro des Chefpsychologen eingefunden hatte. „Es handelt sich dabei eher um eine Art Urlaub.“

Conway spurte, wie sich sein anfangliches Unwohlsein augenblicklich zu fast panischem Unbehagen steigerte; schlie?lich gab es dringende personliche Grunde, weshalb er das Orbit Hospital in den nachsten Monaten nicht verlassen wollte, und als Antwort brummelte er nur etwas Unverstandliches vor sich hin.

O’Mara hob den Kopf und musterte Conway mit seinen stahlgrauen Augen, die in Verbindung mit seinem scharfen, analytischen Verstand so viel sahen, da? sie dem Chefpsychologen fast telepathische Fahigkeiten verliehen.

„Bei mir brauchen Sie sich dafur nicht zu bedanken, schlie?lich ist es Ihr eigener Fehler, wenn Sie solche machtigen und einflu?reichen Patienten heilen“, merkte O’Mara trocken an und fuhr dann hastig fort: „Es handelt sich hierbei um eine bedeutende Aufgabe, Doktor, die allerdings zu einem nicht unerheblichen Teil aus wissenschaftlicher Arbeit bestehen wird. Normalerweise ware der Auftrag an einen Diagnostiker vergeben worden, aber dieser EPLH, dieser Lonvellin, macht sich gerade auf einem Planeten zu schaffen, auf dem seiner Meinung nach dringend medizinische Hilfe erforderlich ist. Lonvellin hat diesbezuglich auch die Unterstutzung des Monitorkorps angefordert und ausdrucklich darum gebeten, da? Sie fur die medizinische Seite verantwortlich sind. Anscheinend erfordert diese Aufgabe doch eher praktische als hochgeistige Fahigkeiten, also ware das genau der richtige Job fur Sie.“

„Sie sind wirklich zu freundlich, Sir“, merkte Conway mit leicht sauerlicher Miene an.

Grinsend fuhr O’Mara fort: „Ich hab Ihnen schon des ofteren gesagt, da? ich hier bin, um die Leute auf den Boden der Tatsachen zuruckzuholen und nicht, um sie abheben zu lassen. Nun gut, hier ist jedenfalls der aktuelle Lagebericht.“ Er schob Conway die Akte heruber, die er zuvor selbst durchgelesen hatte, und stand auf. „Sobald Sie an Bord sind, konnen Sie sich die Unterlagen ja in Ruhe durchsehen. Seien Sie um 21:30 Uhr an der Schleuse sechzehn, und begeben Sie sich an Bord der Vespasian. In nehme an, Sie haben in der Zwischenzeit noch einige private wie berufliche Dinge unter Dach und Fach zu bringen. Und noch etwas, Conway. schauen Sie gefalligst nicht so drein, als sei Ihre gesamte Verwandtschaft abgekratzt. Hochstwahrscheinlich wird die Dame Ihres Herzens auf Sie warten. Und wenn nicht, gibt es im Orbit Hospital schlie?lich noch zweihundertundsiebzehn andere weibliche DBDGs, denen Sie hier nachstellen konnen. Auf Wiedersehen und viel Gluck, Doktor.“

Kaum hatte er O’Maras Buro verlassen, uberlegte Conway, wie er die bis zum Abflug verbleibenden sechs Stunden am besten nutzen konnte, um noch alles „unter Dach und Fach zu bringen“, wie O’Mara es genannt hatte.

Bereits in zehn Minuten mu?te er einen Einfuhrungskurs fur Assistenzarzte leiten, und es war schon zu spat, diese Aufgabe jemand anderem zu ubertragen. Allein das wurde bereits drei der sechs Stunden in Anspruch nehmen — wenn er Pech hatte sogar vier, und wie ein Pechvogel kam er sich heute allemal vor. Danach mu?te er noch vor dem Abendessen Instruktionen betreffs der Weiterbehandlung seiner ernsthafter erkrankten Patienten erteilen. Mit Gluck wurde er alles rechtzeitig erledigen konnen, und er beeilte sich, zur Schleuse sieben im hundertachten Stockwerk zu gelangen.

Er erreichte den Vorraum der Schleuse im selben Augenblick, als gerade die Innenluke geoffnet wurde. Wahrend er noch verschnaufte, betrachtete er die Assistenzarzte, die hinter ihm hereinstromten. Dabei handelte es sich um zwei kelgianische DBLFs — die sich wie riesige Raupen mit einem silbrig schimmernden Pelz an ihm vorbeischlangelten —, einen illensanischen PVSJ — dessen spinnenartige Gestalt mit ihren stacheligen, membranartigen Gliedma?en durch den fast undurchsichtigen chlorgeffulten Schutzanzug etwas weicher wirkte — und einen wasseratmenden creppelianischen Oktopoden, Klassifikation AMSL, dessen Anzug laute Blubbergerausche von sich gab. Auf diese folgten funf AACPs, eine Spezies, deren Urahnen einer beweglichen Pflanzenart angehort hatten. Sie bewegten sich sehr langsam, aber als Schutz schienen sie lediglich mit CO2 gefullte Flaschen zu benotigen. Zu guter Letzt kroch noch ein Kelgianer herein.

Als sich alle im Innern der Schleuse befanden und sich die Luke hinter ihnen schlo?, ergriff Conway das Wort. Um das Eis zu brechen, stellte er die mehr als unnotige Frage, ob alle anwesend seien.

Zwangslaufig antworteten alle im Chor, und Conways uberlasteter Translator gab nur noch ein pfeifendes Ruckkopplungsgerausch von sich. Wie ublich stellte er sich zunachst selbst vor und hie? seine zukunftigen Kollegen

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