verdrehen, bis wir als die eigentlichen Verbrecher dastehen. Und ich konnte wetten, sobald wir hier weg sind, verbreiten die eine Menge neuer Krankheiten, fur die wir dann auch noch die Schuld kriegen!“
Stillman fluchte und fuhr dann fort: „Sie wissen ja, was die Menschen des Imperiums von diesem Planeten denken. Etla ist ihr armer, kranker, verkruppelter Bruder, und wir werden die gemeinen Aliens sein, die kaltblutig uber ihn hergefallen sind.“
Wahrend der Major sprach, brach Conway erneut der kalte Schwei? aus — schlie?lich hatte er seine Schlu?folgerungen uber die Behandlungsart Etlas seitens des Imperiums aus rein medizinischen Anhaltspunkten gezogen, und au?erdem hatte ihn bei der ganzen Sache der medizinische Aspekt am meisten beunruhigt, so da? ihm die allgemeineren Auswirkungen des Ganzen noch gar nicht bewu?t geworden waren. Auf einmal platzte er los:
„Aber das konnte ja Krieg bedeuten!“
„Ja, naturlich“, antwortete Stillman grimmig. „Und das ist vielleicht genau das, was das Imperium will. Wenn man nach dem geht, was wir von ihm wissen und was hier auf Etla passiert, ist es viel zu gro? und unbeweglich geworden und im Innern vollig verrottet. Wahrscheinlich wurde es innerhalb weniger Jahrhunderte von selbst auseinanderfallen, was ja durchaus begru?enswert ware. Aber es geht eben nichts uber einen schonen Krieg, ein Endziel, fur das sich jeder von ganzem Herzen patriotisch engagieren kann und mit dem man ein sich auflosendes Imperium wenigstens vorubergehend wieder zusammenschwei?t. Den Gurtel enger schnallen, die Armel hochkrempeln und all diesen Quatsch. Wenn man es richtig anstellt, dann konnte das Imperium durch diesen Krieg noch einmal hundert Jahre lang fortbestehen.“
Conway schuttelte benommen den Kopf. „Ich hatte schon fruher darauf kommen mussen, was da vor sich geht“, sagte er. „Wenn wir blo? die Zeit gehabt hatten, den Etlanern die Wahrheit zu sagen.“
„Immerhin haben Sie es eher bemerkt als alle anderen, Doktor“, unterbrach ihn der Captain energisch. „Und die Wahrheit hatte weder uns noch den Etlanern etwas genutzt, solange wir diese nicht auch dem durchschnittlichen Burger des Imperiums hatten eroffnen konnen. Sie haben also uberhaupt keinen Grund fur irgendwelche Selbstvorwurfe, nur weil Sie.“
„Hier spricht der technische Offizier“, meldete eine Stimme aus einem der ungefahr zwanzig vergitterten Lautsprecher im Raum. „Wir empfangen ein Echobild von Grunflache zwolf einunddrei?ig, das ich Ihnen auf Ihren Repeaterschirm funf lege. Das Objekt sendet Storsignale gegen Raketenangriffe und behindert durch Stanniolstreifen unsere Radarpeilung erheblich, was auf ein schlechtes Gewissen und eine geringere Gro?e als unsere hindeutet. Irgendwelche Anweisungen, Sir?“
Williamson warf einen kurzen Blick auf den Repeaterschirm. „Unternehmen Sie nichts, bevor das Objekt nichts unternimmt“, erwiderte er und wandte sich wieder Stillman und Conway zu. Dann sprach er in einem beruhigenden und vertrauenerweckenden Ton des ranghoheren Offiziers, der die volle Verantwortung tragt und diese auch freiwillig ubernimmt, in einem Ton also, der mit Nachdruck herausstellte, da? sie sich keine Sorgen zu machen brauchten, weil er die Angelegenheiten schon erledigen wurde.
„Blicken Sie nicht so bekummert drein, meine Herren. Diese Situation, diese drohende Gefahr eines interstellaren Krieges, mu?te ja irgendwann einmal kommen“, sagte er. „Aber wir haben schon lange Plane ausgearbeitet, um mit solch einer Lage fertigzuwerden. Und glucklicherweise haben wir reichlich Zeit, diese Plane in die Tat umzusetzen.
Das Imperium ist raumlich gesehen ein kleiner, dichtgedrangter Verbund von Planeten“, fuhr er beruhigend fort, „andernfalls hatten wir nicht so schnell mit ihnen in Kontakt treten konnen. Die Planeten der Foderation dagegen sind au?erst dunn uber die halbe Galaxis verteilt. Wir mu?ten schlie?lich nur einen Sternhaufen suchen, wo eine von funf Sonnen von einem bewohnten Planeten umkreist wird. Aber das Problem des Imperiums ist bei weitem nicht so einfach zu losen. Wenn diese Leute sehr viel Gluck haben, finden sie uns vielleicht in drei Jahren, aber nach meiner eigenen Schatzung waren es wohl eher zwanzig. Sie sehen also, wir haben massenhaft Zeit.“
Conway fuhlte sich trotzdem keineswegs beruhigt, und er mu?te das auch gezeigt haben, denn der Captain versuchte, seinen Einwanden schon im vorhinein zu begegnen.
„Vielleicht hilft der Agent, der den Bericht abgefa?t hat, dem Imperium“, fuhr Williamson schnell fort. „Moglicherweise gibt er dem Imperium sogar bereitwillig Informationen uber die galaktische Foderation sowie uber die Organisationsform und Starke des Monitorkorps, weil ihm ja bisher die Wahrheit uber das Imperium nicht bekannt ist. Aber da es sich bei unserem Agenten um einen Arzt handelt, ist es unwahrscheinlich, da? er dem Imperium vollstandige oder genaue Informationen liefern kann. Die waren sowieso nutzlos, solange das Imperium nicht unsere Positionen kennt. Denn das wird das Imperium erst nach der Gefangennahme eines Schiffsastronavigators oder nach dem Kapern eines Schiffs mit genauen Karten herausfinden. Und um dieser Eventualitat vorzubeugen, werden wir von diesem Augenblick an sehr strenge Sicherheitsvorkehrungen treffen.
Unsere Agenten sind ausschlie?lich in Sprachwissenschaften, Medizin oder Sozialwissenschaften ausgebildet“, schlo? Williamson zuversichtlich. „Ihre Kenntnisse von interstellarer Navigation sind also gleich null. Das Aufklarungsschiff, das sie absetzt, kehrt unverzuglich zum Stutzpunkt zuruck. Das ist bei Operationen dieser Art das vorbeugende Standardverfahren. Sie sehen also, wir haben zwar ein ernsthaftes Problem, aber eben kein unmittelbares.“
„Ach, haben wir nicht?“ fragte Conway.
Er merkte, wie Williamson und Stillman ihn musterten — mit au?erster Aufmerksamkeit und Vorsicht, als ware er eine Art Zeitbombe, die schon vor einer halben Stunde einmal explodiert war und jetzt wieder kurz davorstand. In gewisser Weise tat es Conway leid, erneut vor ihnen in die Luft gehen zu mussen und sie gleichfalls die Angst und die schreckliche, nagende Sorge mitempfinden zu lassen, die bislang nur er selbst verspurt hatte. Er befeuchtete die Lippen und bemuhte sich, es ihnen so schonend wie moglich beizubringen.
„Ich selbst hab nicht die leiseste Ahnung von den Koordinaten vom Traltha, Illensa oder von der Erde, nicht einmal von dem damals von der Erde aus bevolkerten Planeten, auf dem ich geboren wurde“, sagte er ruhig. „Aber es gibt eine Reihe von Zahlen, die ich kenne, und mit hochster Wahrscheinlichkeit auch jeder andere Arzt, der in diesem Sektor Raumdienst hat. Und diese Zahlen, meine Herren, sind die Koordinaten des Orbit Hospitals.
Ich glaube deshalb nicht, da? uns auch nur noch die geringste Zeit bleibt.“
12. Kapitel
Das einzig Konstruktive, was Conway wahrend seines Ruckfugs zum Orbit Hospital tat, war, Schlaf nachzuholen. Doch allzu oft uberfielen ihn im Schlaf so scheu?liche Alptraume vom aufziehenden Krieg, da? er es als angenehmer empfand, wach zu bleiben. Seine Wachphasen verbrachte er durch Diskussionen mit Williamson, Stillman und den anderen ranghoheren Offizieren auf der Vespasian. Seit er wahrend der letzten halben Stunde auf Etla das Sagen gehabt hatte, schien Williamson samtliche Ideen, die Conway in den Sinn kamen, hoch zu schatzen, selbst wenn Spionage- und Logistikprobleme nicht gerade zu den Spezialgebieten eines Chefarztes gehorten und erst recht nicht die durch Flottenmanover aufgeworfenen Fragen.
Die Diskussionen waren interessant, informativ, und — genau wie Conways Traume — alles andere als angenehm.
Colonel Williamson zufolge war zwar ein interstellarer Eroberungskrieg logistisch unmoglich, doch ein einfacher Vernichtungskrieg konnte von jedem gefuhrt werden, der uber genugend Streitkrafte verfugte und Lust daran empfand, die intelligente Gesamtbevolkerung eines ganzen Planeten zu vernichten. Das Imperium hatte mehr als genug Streitkrafte, und die Starke ihres kollektiven Lustgefuhls an Massenvernichtungen hing von Faktoren ab, die sich der Kontrolle des Monitorkorps entzogen — zumindest bis jetzt.
Hatten sie genugend Zeit gehabt, waren die Agenten des Korps in der Lage gewesen, das Imperium an seinen entscheidenden Stellen zu unterwandern. Ihnen war bereits die Position von einem der Planeten des Imperiums bekannt, und da es Flugverkehr zwischen diesem und anderen Planeten gab, hatten sie auch bald die Position der restlichen in Erfahrung gebracht. Und dann hatte man als erstes Geheiminformationen gesammelt und schlie?lich. Nun, die Monitore waren schlie?lich auch keine schlechten Propagandisten, und in einer Situation, wo der Feind einen Propagandafeldzug auf der Grundlage einer Reihe faustdicker Lugen fuhrte, konnte man sich ja