bevor Conway etwas sagen konnte. „Alles, was ich wissen will, ist also, wie Sie Ihren ursprunglich erhaltenen Auftrag ausgefuhrt haben.“

Ganz nach O’Maras Weisung lieferte Conway nun einen so knapp wie moglich gehaltenen Bericht. Er spurte, wie er sich wahrend des Rapports langsam entspannte. Zwar spukte ihm noch immer ein wirres und au?erst erschreckendes Bild von den Auswirkungen eines Krieges auf unzahlige Millionen von Lebewesen, auf das Hospital und auf ihn selbst im Kopf herum, aber wenigstens fuhlte er sich nicht mehr fur die Kriegsursache mitverantwortlich. Genau das hatte ihm O’Mara zu Anfang des Gesprachs aber vorgeworfen, dann hatte er ihm allerdings ohne allzu viele Worte klargemacht, wie albern dieses Schuldgefuhl war. Als Conway mit seinem Bericht bei der Zerstorung von Lonvellins Schiff anlangte, kehrte dieses Gefuhl jedoch mit voller Starke zuruck. Wenn er damals die einzelnen Teile fruher zusammengefugt hatte, ware Lonvellin heute noch am Leben.

O’Mara mu?te seinen Gefuhlswandel wohl bemerkt haben, lie? Conway aber seinen Bericht beenden, bevor er sagte: „Bei der ganzen Sache wundert mich nur, da? Lonvellin den Stand der Dinge nicht schon vor Ihnen erkannt hat. Er war doch schlie?lich der Kopf, der hinter der ganzen Operation gestanden hat. Wo wir gerade von Kopfen sprechen: Ihrer scheint ja von den Problemen, die eine gro?e Anzahl von unterschiedlich zu behandelnden Wesen aufwirft, uberhaupt nicht durcheinandergebracht worden zu sein. Und deshalb hab ich auch eine neue interessante Aufgabe fur Sie. Und dieser Job hat gleich mehrere Vorteile — er ist weniger umfangreich als der Auftrag auf Etla, Sie mussen dazu nicht das Hospital verlassen, und mit etwas Gluck werden Sie ihn ohne gro?e Probleme erledigen.

Ich mochte namlich, da? Sie die Evakuierung des Orbit Hospitals organisieren.“

Conway schluckte. Und dann schluckte er noch ein zweites Mal.

„Also, nun gucken Sie bitte nicht so, als ob ich Ihnen einen Schlag in die Magengrube versetzt hatte!“ sagte O’Mara. „Sonst mache ich das namlich wirklich. Auch Ihnen mu? klargeworden sein, da? wir hier keine Patienten gebrauchen konnen, wenn die Streitkrafte des Imperiums anrucken. Genausowenig sollte sich im Hospital nichtmilitarisches Personal aufhalten, wenn es nicht freiwillig hierbleibt. Auf jeden Fall mussen samtliche Wesen, die detaillierte Informationen uber die Position irgendeines Planeten der Foderation besitzen, aus dem Orbit Hospital verschwinden. Dabei spielt es uberhaupt keine Rolle, welchen Rang oder welche Stellung diese Wesen haben. Aber bestimmt erschreckt Sie die Vorstellung sowieso nicht mehr, Ihren nominellen Vorgesetzten Befehle zu erteilen, wo Sie ja schon einen Colonel des Monitorkorps herumkommandiert haben.“

Conway spurte, wie ihm das Blut in den Kopf scho?. Er lie? O’Mara jedoch den Seitenhieb uber Williamson durchgehen und erwiderte: „Ich hab eigentlich gedacht, wir sollten dem Imperium das Hospital am besten leer hinterlassen.“

„Nein“, entgegnete O’Mara trocken. „Dafur ist der ideelle, finanzielle und strategische Wert zu gro?. Wir hoffen, durch Unterstutzung der Verteidigungseinheiten ein paar Ebenen zur Behandlung von Opfern funktionsfahig halten zu konnen. Colonel Skempton befa?t sich bereits mit dem Problem der Evakuierung und wird Ihnen helfen, wo er kann. Wie spat ist es denn jetzt bei Ihnen, Doktor?“

Conway erklarte O’Mara, da? es fur ihn zwei Stunden nach dem Fruhstuck gewesen sei, als er von Bord der Vespasian gegangen war.

„Schon“, entgegnete O’Mara. „Dann konnen Sie sich ja mit Skempton in Verbindung setzen und sich anschlie?end sofort an die Arbeit machen. Fur mich ist die Schlafenszeit zwar schon lange uberschritten, aber ich schlafe eben hier, falls Sie oder der Colonel irgend etwas wollen. Gute Nacht, Doktor.“

Kaum gesagt, zog er auch schon seine Uniform aus, legte sie zusammen, stieg aus den Schuhen und legte sich hin. Innerhalb von Sekunden ging sein Atem tief und regelma?ig. Conway mu?te plotzlich lachen.

„Es ist doch irgendwie fast schon ein traumatisches Erlebnis, wenn man den Chefpsychologen auf seiner eigenen Couch liegen sieht“, stellte Conway zwischen dem Gelachter fest. „Nach diesem Anblick bezweifle ich doch sehr, ob unser Verhaltnis jemals wieder dasselbe sein wird, Sir.“

Als er hinausging, murmelte O’Mara schlafrig: „Da bin ich ja heilfroh. Eben hab ich noch befurchtet, Sie wurden wegen mir noch ganz melancholisch.“

13. Kapitel

Sieben Stunden spater verschaffte sich Conway zwar lustlos, aber doch mit einem gewissen Ma? an Triumph einen Uberblick uber seinen schwerbeladenen Schreibtisch. Er rieb sich die Augen und blickte zum gegenuberstehenden Schreibtisch hinuber. Einen Augenblick lang fuhlte er sich, als ob er wieder auf Etla ware und ein rotaugiger Major Stillman aufschauen und ihn fragen wurde, was er denn wolle. Doch statt dessen blickte ihn Colonel Skempton mit seinen rotunterlaufenen Augen an, als ihn Conway ansprach.

„Die Aufgliederung der Patienten, die evakuiert werden mussen, ist jetzt vollstandig“, sagte Conway mude. „Die Patienten sind zuerst nach Spezies eingeteilt, woraus man die Anzahl der zum Abtransport benotigten Schiffe sowie die auf jedem Schiff zu reproduzierenden Lebensbedingungen ablesen kann. Aus diesem Grund sind fur einige der exotischeren Arten sogar Konstruktionsanderungen an den Schiffen erforderlich, und das braucht naturlich Zeit. Dann sind auf der Liste die Patienten der einzelnen Spezies noch einmal nach dem Grad ihres jeweiligen Gesundheitszustands aufgeteilt, wodurch letztendlich die Reihenfolge des Abflugs bestimmt wird.“

Es sei denn, dachte Conway verargert, der Zustand eines Patienten war so ernst, da? ein Transport sein Leben gefahrden wurde. In so einem Fall mu?te man namlich den betreffenden Patienten als Letzten statt als Ersten evakuieren, damit man die Behandlung so lange wie moglich fortsetzen konnte. Das wiederum wurde bedeuten, spezialisiertes medizinisches Personal zuruckhalten zu mussen, das man andernfalls schon langst evakuiert hatte, wobei sich das Leben des Patienten zu diesem Zeitpunkt bereits durch Raketen eines feindlichen Kriegsschiffs in viel gro?erer Gefahr befinden konnte. Im Orbit Hospital schien nichts mehr ordentlich und schon der Reihe nach abzulaufen.

„.dann wird es noch ein paar Tage dauern, bis O’Maras Abteilung das Pflege- und Wartungspersonal abgefertigt hat“, fuhr Conway fort. „Obwohl O’Mara ihnen naturlich nur ein paar Fragen in einem bestimmten Rahmen stellen mu?. Bevor ich hier angekommen bin, hatte ich eigentlich schon mit einem Angriff auf das Hospital gerechnet. Im Augenblick wei? ich nicht, ob ich mich auf eine panikartige Evakuierung einstellen soll, die wenigsten achtundvierzig Stunden benotigen wird und durch die wir wahrscheinlich mehr Patienten toten als retten wurden, oder ob ich mir mehr Zeit lassen und allenfalls mit einer ubersturzten Evakuierung rechnen mu?.“

„Ich kann den Transport jedenfalls nicht innerhalb von achtundvierzig Stunden organisieren“, erwiderte Skempton knapp und senkte den Kopf wieder. Als Chef der Wartungsabteilung und rangaltester Offizier des Monitorkorps im Hospital hatte man ihm die Aufgabe ubertragen, die Transportschiffe zusammenzuziehen, sie umzubauen und ihre Routen festzulegen. Und damit hatte man ihm wirklich eine unvorstellbare Menge Arbeit aufgeburdet.

„Ich will von Ihnen lediglich wissen, wieviel Zeit uns Ihrer Meinung nach noch bleibt“, hakte Conway nach.

Der Colonel blickte wieder auf. „Entschuldigen Sie, Doktor“, entgegnete er. „Hier ist eine ziemlich genaue Berechnung, die ich vor ein paar Stunden erhalten hab.“ Er nahm ein Blatt von der obersten Papierschicht auf seinem Tisch und begann, davon abzulesen.

Unterzog man alle bekannten Faktoren einer genauen Analyse, so legte der Bericht dar, dann wurde, sobald das Imperium die genaue Position des Orbit Hospitals herausgefunden hatte, wahrscheinlich noch eine kurze Zeit bis zur ersten Reaktion vergehen. Denn zuerst einmal wurde das Imperium die Angaben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch ein Aufklarungsschiff oder eine kleine Aufklarungstruppe uberprufen lassen. Die gegenwartig um das Orbit Hospital herum stationierten Einheiten des Monitorkorps wurden naturlich versuchen, diese Truppe zu vernichten. Und ob sie damit nun Erfolg hatten oder nicht, der nachste Schritt des Imperiums ware dann auf jeden Fall entschlossener, vielleicht sogar eine gro? angelegte Offensive, deren Vorbereitung allerdings mehrere Tage in Anspruch nehmen wurde. Inzwischen hatten jedoch zusatzliche Einheiten des Monitorkorps das Gebiet erreicht.

„.sagen wir also acht Tage“, schlo? Skempton, „vielleicht sogar drei Wochen, wenn wir Gluck haben. Ich glaube aber nicht, da? wir Gluck haben.“

„Danke“, entgegnete Conway und machte sich wieder an die Arbeit.

Als erstes bereitete er einen grob umrissenen Situationsbericht vor, der in den nachsten sechs Stunden an

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