„Was los sein soll.?“ polterte Conway auf O’Maras Nachfrage los. „Diese. diese Horde von Genies macht Schwierigkeiten, weil sie die ganze Angelegenheit in vernunftigem Licht betrachtet, das ist los! Und je intelligenter ein Lebewesen ist, desto stumpfsinniger beharrt es darauf zu handeln. Nehmen Sie zum Beispiel Prilicla, ein Wesen, das eigentlich nur aus einer Eierschale mit Streichholzern dran besteht und von einem einzigen starken Luftzug weggeblasen werden kann: Prilicla will bleiben! Oder Doktor Mannon, der schon praktisch ein Diagnostiker ist. Mannon sagt, endlich einmal ausschlie?lich terrestrische Opfer zu behandeln ware so etwas Ahnliches wie Urlaub. Und ein paar der ubrigen Mitarbeiter haben sich geradezu phantastisch anmutende Begrundungen ausgedacht, um hierzubleiben!

Sie mussen Ihnen endlich den Sinn dieser Evakuierung klarmachen, Sir. Sie sind schlie?lich der Chefpsychologe.“

„Drei Viertel des Arzt- und Wartungspersonals sind im Besitz von Informationen, die dem Feind im Fall ihrer Gefangennahme wahrscheinlich helfen wurden“, entgegnete O’Mara in scharfem Ton. „Die werden das Hospital verlassen, egal, ob es sich dabei um Diagnostiker, Computertechniker, Krankenschwestern oder sonstige Stationspfleger handelt, und zwar aus Sicherheitsgrunden. Die haben uberhaupt keine andere Wahl. Dann gibt es im Personal noch eine Anzahl von medizinischen Spezialisten, die sich wegen der Verfassung ihrer Patienten verpflichtet fuhlen, zusammen mit ihren Schutzlingen abzufliegen. Und was den Rest angeht, da kann ich nur sehr wenig tun. Schlie?lich handelt es sich dabei um geistig gesunde, intelligente und vernunftige Wesen, die sich durchaus selbst entscheiden konnen.“

Conway erwiderte nur: „Ha!“

„Bevor Sie die geistige Gesundheit von anderen Leuten in Zweifel ziehen, beantworten Sie mir doch bitte eine Frage“, entgegnete O’Mara trocken. „Wollen Sie denn uberhaupt hierbleiben?“

„Nun, ich.“, begann Conway.

O’Mara brach die Verbindung ab.

Conway starrte noch lange auf den Horer, bevor er ihn wieder aufhangte. Er hatte sich noch immer nicht entschieden, ob er nun bleiben wollte oder nicht. Er wu?te, da? er nicht zum falschen Heldentum neigte, und eigentlich wollte er das Hospital unbedingt verlassen. Aber nicht ohne seine Freunde! Denn das, was Murchison und Prilicla und all die anderen im Hospital verbleibenden Freunde von ihm denken wurden, wenn er sich aus dem Staub machte, konnte er beim besten Willen nicht ertragen.

Wahrscheinlich glaubten sie alle, er wollte im Hospital bleiben, ware jedoch zu bescheiden, um das zuzugeben. In Wahrheit aber brachte er aus purer Feigheit und Scheinheiligkeit nicht das Gestandnis uber die Lippen, schlichtweg Angst zu haben.

Die scharfe Stimme von Colonel Skempton lenkte ihn wenigstens fur einen Augenblick von seinen qualenden Gedanken des Selbstzweifels ab.

„Doktor, das kelgianische Hospitalschiff ist eben eingetroffen und auch ein illensanischer Frachter. Die docken in zehn Minuten an den Schleusen funf und siebzehn an.“

„Gut“, entgegnete Conway. Er verlie? das Buro fast im Laufschritt und begab sich zur Anmeldezentrale auf der Aufnahmestation.

Als er ankam, waren alle drei Kontrollpulte besetzt — zwei von Nidianern und das dritte von einem Lieutenant des Monitorkorps, der sich in Bereitschaft hielt. Conway stellte sich in die Mitte hinter die beiden Nidianer, weil er so beide Repeaterschirme gleichzeitig beobachten konnte. Im ubrigen hoffte er von ganzem Herzen, mit den Dingen fertigzuwerden, die wahrscheinlich unvermeidbar schiefgehen wurden.

Das bereits an Schleuse funf angedockte kelgianische Schiff war ein regelrechtes Ungeheuer, eins der neuesten interstellaren Passagierschiffe, das noch wahrend der Anreise in ein Hospitalschiff umgebaut worden waren. Die Veranderungen waren zwar noch nicht ganz abgeschlossen, doch ein Team von Wartungstechnikern und Robotern ging bereits an Bord. Dabei wurden sie von qualifiziertem Stationspersonal begleitet, das Vorkehrungen fur die Unterbringung und Verteilung der Patienten auf dem Schiff traf. Zur gleichen Zeit bereitete man auch schon auf den einzelnen Stationen die Patienten fur die Verlegung vor und baute in aller Eile die fur ihre Behandlung notwendigen Gerate ab, wobei man nur wenig Rucksicht auf den anschlie?enden Zustand der Wande nahm. Einige der kleineren Gerate, die man auf elektrisch angetriebene Tragbahren geladen hatte, waren bereits auf dem Weg zum Schiff Insgesamt sah es nach einem ziemlich einfachen Unternehmen aus. Die Atmosphare-, Druck- und Schwerkrafterfordernisse der Patienten entsprachen ganz genau denen auf dem Schiff, weshalb keine komplizierten Sicherheitsvorkehrungen notig waren. Daruber hinaus war das Schiff gro? genug, um samtliche kelgianischen Patienten aufzunehmen, und hatte dann sogar noch Platz ubrig. Conway wurde also in der Lage sein, die DBLF-Ebenen vollstandig zu raumen, und zusatzlich gleich noch ein paar tralthanische FGLIs loszuwerden. Doch obwohl diese erste Aufgabe relativ unkompliziert war, schatzte Conway, da? es dennoch wenigstens sechs Stunden dauern wurde, bis das Schiff voll besetzt und abgeflogen war. Er wandte sich dem zweiten Kontrollpult zu.

Auf diesem Repeaterschirm bot sich ihm ein fast ahnliches Bild wie auf dem ersten. Die auf dem illensanischen Frachter reproduzierte Umweltbedingung stimmte zwar in jeder Hinsicht mit der auf den PVSJ- Stationen uberein, doch dafur war das Schiff kleiner als das kelgianische Hospitalschiff und besa? wegen seines sonst ublichen Verwendungszwecks als Frachter keine gro?e Besatzung. Aus diesem Grund waren auch die Vorbereitungen fur die Aufnahme der Patienten nicht besonders weit vorangeschritten. Conway schickte deshalb zusatzliches Wartungspersonal auf das illensanische Schiff, zumal er glaubte, da? die Wartungstechniker sowieso froh sein wurden, zusammen mit den sechzig PVSJs wegfliegen zu konnen. In der gleichen Zeit, die der Frachter fur die Aufnahme dieser sechzig Patienten brauchte, wurden sich auf dem kelgianischen Hospitalschiff schon samtliche Patienten aus drei kompletten Ebenen eingeschifft haben.

Conway versuchte immer noch, eine Patentlosung fur das Problem zu finden, als plotzlich der bislang dunkel gebliebene Bildschirm des Lieutenants aufflackerte.

„Ein tralthanisches Ambulanzschiff, Doktor“, berichtete der Lieutenant. „Es ist voll bemannt und hat bereits samtliche Vorkehrungen getroffen, sechs FROBs, einen Chalder und zwanzig Tralthaner an Bord zu nehmen. Bei diesem Schiff sind also keine weiteren Vorbereitungen notwendig. Die Besatzung sagt, Sie sollen die Passagiere einfach an Bord bringen.“

Die Bewohner von Chalderescol, eine zwolf Meter lange gepanzerte, fischahnliche Spezies der physiologischen Klassifikation AUGL, waren Wasseratmer, die in keinem anderen Medium langer als ein paar Sekunden uberleben konnten. Bei den hudlarischen FROBs hingegen handelte es sich um gedrungene, ungeheuer wuchtige und dickhautige Lebewesen, die den zermalmenden Schwerkraft- und extremen Druckverhaltnisse ihres Heimatplaneten Hudlar angepa?t waren. Genaugenommen atmeten Hudlarer uberhaupt nicht, und durch ihre unglaublich robuste Haut konnten sie lange Zeit auch ohne Schwerkraft und Druck uberleben. Deshalb wurde sie das Wasser in der AUGL-Abteilung uberhaupt nicht storen.

„Lassen Sie den Chalder zur Schleuse achtundzwanzig bringen“, ordnete Conway schnell an. „Und wahrend die Besatzung den Chalder an Bord nimmt, soll man die FROBs durch die ELNT-Abteilung in das Hauptbecken der AUGLs und dann durch die gleiche Schleuse zum Schiff fuhren. Und wenn schlie?lich die FROBs an Bord sind, sagen Sie der Besatzung bitte, sie soll zur Schleuse funf fliegen, weil dann dort die restlichen Patienten warten.“

Allmahlich kam die Evakuierung in Gang. An Bord des illensanischen Frachters bereitete man die Platze fur die ersten genesenden PVSJs vor. Und der langsame Treck aus Patienten und Personalangehorigen setzte sich auch schon durch den giftigen gelben Nebel in der Abteilung der Chloratmer in Bewegung. Gleichzeitig zeigte der dritte Bildschirm in der Anmeldezentrale einen langen Zug von Kelgianern, die sich in ihrer schlangelnden Fortbewegungsart auf das kelgianische Hospitalschiff zubewegten. Und neben diesem Zug liefen Mitglieder des medizinischen und technischen Personals mit den benotigten Geraten hin und her.

Manchem der Beteiligten mag es vielleicht kaltherzig erschienen sein, zuerst die genesenden Patienten zu evakuieren, doch dafur gab es sehr gute Grunde — wenn die fast gesunden Wesen den noch kranken oder verletzten Patienten nicht mehr im Weg waren, dann waren dadurch die Stationen weniger uberfullt, und auch an den Schleusen herrschte kein so gro?er Andrang mehr. Auf diese Weise konnte man spater auch die schwerer erkrankten Patienten mit ihren komplizierten Gestellen und Geschirren leichter bewegen und ihnen daruber hinaus jetzt noch ein wenig mehr Genesungszeit unter den optimalen Bedingungen der Stationen lassen.

„Da kommen noch zwei illensanische Schiffe, Doktor“, meldete der Lieutenant plotzlich. „Kleine Dinger, haben Platz fur ungefahr je zwanzig Patienten.“

„Schleuse siebzehn ist noch besetzt“, sagte Conway. „Sagen Sie ihnen, sie sollen erstmal auf Warteposition

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