putzmunter fuhlte, lie?en bei Murchison die Krafte allmahlich merklich nach. Sobald sie ihre Patientin an Bord gebracht hatten, wollte er ihr befehlen, sich sofort ins Bett zu begeben.

Langsam fuhren sieben TLTUs in ihren Schutzkugeln vorbei. Diese waren auf Tragbahren befestigt worden, die von schwei?gebadeten Pflegern mit angespannten Gesichtern gesteuert wurden. Auf diesen Kugeln sammelte sich jedoch, anders als bei denen der methanatmenden Lebensformen, kein Rauhreif an. Statt dessen ging von ihnen ein hoher, zitternder Pfeifton aus, der durch den Betrieb der Generatoren erzeugt wurde, die die Innentemperatur auf fur die Insassen behagliche funfhundert Grad Celsius hielten. Folglich war jede dieser vorbeifahrenden Kugeln von einem Hitzering umgeben, den Conway noch in sechs Metern Entfernung spuren konnte.

Wenn hier und jetzt ein zweiter Sprengkopf einschlagen wurde und dabei eine dieser Kugeln platzte. Conway glaubte nicht, da? es eine schlimmere Art zu sterben gab, als wenn einem das in einer extrem hei?en Dampfwolke gekochte Fleisch von den Knochen fiel.

Als sie schlie?lich die Patientin an der Schleuse dem medizinischen Offizier des Schiffs ubergeben hatten, fiel es Conway schwer, die Augen auf einen Punkt zu richten, und seine Beine waren weich wie Gummi. Jetzt war es eigentlich angebracht, ins Bett zu gehen, dachte er, oder aber sich noch eine Aufputschspritze geben zu lassen. Er hatte sich gerade fur die erste Moglichkeit entschieden, als ihn ein Offizier des Monitorkorps hoflich abfing, dessen schwerer Schutzanzug noch die Kalte des Alls ausstrahlte.

„Die Opfer sind hier, Sir“, sagte der Offizier in dringlichem Ton. „Wir haben sie einfach mit einem Versorgungsschiff hergebracht, weil die Anmeldezentrale mit der Evakuierung beschaftigt ist. Wir haben an der Schleuse zur DBLF-Abteilung angedockt, aber da ist niemand. Sie sind der erste Arzt, dem ich begegnet bin. Konnen Sie sich um die Opfer kummern?“

Conway wollte schon fragen, um welche Opfer es sich dabei handelte, konnte sich aber gerade noch rechtzeitig zuruckhalten. Schlie?lich hatte es einen Angriff auf das Hospital gegeben, wie ihm plotzlich wieder einfiel. Den Angriff hatte man abgewehrt, und die Hauptsorge dieses Offiziers galt offensichtlich den dabei Verwundeten, egal, ob die Verletzungen schwer oder gering waren. Wenn er geahnt hatte, da? Conway viel zu beschaftigt gewesen war, um an das Gefecht und dessen Opfer zu denken.

„Wo haben Sie die Verletzten hingebracht?“ fragte Conway.

„Die sind noch auf dem Schiff“, antwortete der Offizier, wobei er sich etwas entspannte. „Wir hielten es fur besser, da? sich erstmal jemand die Verwundeten ansieht, bevor wir sie transportieren. Denn einige sind. ich meine. ehm. wurden Sie mir bitte folgen, Sir?“

Da lagen achtzehn Verwundete, die zertrummerten Korper von aus Schiffswracks herausgefischten Mannern. Sie steckten in Anzugen, die sich noch kalt anfuhlten. Lediglich die Helme hatte man ihnen abgenommen, um festzustellen, ob sie uberhaupt noch am Leben waren. Conway zahlte drei Falle von Dekompression. Bei den restlichen Verletzungen handelte es sich um unterschiedlich komplizierte Frakturen, von denen ein Fall ganz sicher ein eingedruckter Schadelbruch war. Glucklicherweise gab es keine Falle von Strahlenverseuchung. Bisher war es also ein sauberer Krieg — sofern man Kriege uberhaupt als sauber bezeichnen konnte.

Conway spurte, wie er langsam wutend wurde, unterdruckte aber seinen Zorn. Es war einfach nicht der geeignete Zeitpunkt, sich uber blutende, asphyktische Patienten mit Knochenbruchen oder die fur ihren Zustand verantwortlichen Ursachen aufzuregen. Statt dessen stand er auf und wandte sich an Schwester Murchison.

„Ich brauche noch eine Aufputschspritze“, sagte er in schroffem Ton. „Das hier wird eine lange Behandlung. Aber zuerst mu? ich das DBLF-Band loschen lassen und versuchen, Hilfe zusammenzutrommeln. Wahrend ich weg bin, konnten Sie sich ja vielleicht schon mal darum kummern, diese Manner aus den Anzugen rauszuholen und zum DBLF-Operationssaal funf zu bringen. Danach sollten Sie Ihren Schlaf nachholen.

Und vielen Dank fur alles“, fugte er verlegen hinzu — er wollte nicht zu viel sagen, weil der Monitor immer noch dicht neben ihm stand. Hatte er versucht, all das auszusprechen, was er Murchison sagen wollte, wahrend achtzehn dringende Falle um ihre Fu?e herum lagen, ware der Offizier sicherlich emport gewesen, und Conway hatte ihm deswegen nicht einmal Vorwurfe machen konnen. Aber der Monitor hatte ja auch verdammt noch mal nicht seit drei Stunden an der Seite von Murchison gearbeitet, und das auch noch unter der Wirkung von Aufputschmitteln, die samtliche Sinne steigerten.

„Falls es Ihnen helfen wurde, konnte ich ja auch eine Aufputschspritze nehmen“, schlug Murchison unvermittelt vor.

Dankbar antwortete Conway: „Sie sind zwar ganz schon verruckt, meine Liebe, aber insgeheim hab ich gehofft, da? Sie so etwas sagen wurden.“

17. Kapitel

Am achten Tag hatte man alle extraterrestrischen Patienten evakuiert, und mit ihnen waren fast vier Funftel des Hospitalpersonals abgeflogen. Auf den Ebenen, wo sonst extreme Temperatur-, Druck- und Schwerkraftverhaltnisse herrschten, war die Energiezufuhr abgestellt worden. Deshalb gingen die extrem kalten festen Stoffe in flussigen oder gasformigen Zustand uber, und die dichten oder extrem hei?en Atmospharen schlugen sich als schlammige, dickflussige Masse auf den Fu?boden nieder. Wahrend die Tage verstrichen, trafen schlie?lich immer mehr Monitore der technischen Abteilung ein, rusteten die ehemaligen Stationen in eine Art Kaserne um und rissen gro?e Teile der Au?enwande heraus, um ins All herausragende Fundamente fur Pressor- und Traktorstrahlenprojektoren und Abschu?rampen errichten zu konnen. Dermod vertrat namlich die Ansicht, das Orbit Hospital musse sich auch selbst verteidigen konnen und durfe sich nicht vollkommen auf die Flotte verlassen, da diese erwiesenerma?en keinen ganzlichen Schutz bieten konnte. So war bereits am funfundzwanzigsten Tag aus dem einst ungeschutzten Orbit Hospital ein schwerbewaffneter Militarstutzpunkt geworden.

Wegen der enormen Gro?e und der gewaltigen Energiereserven des Hospitals — die um ein Vielfaches gro?er als die der mobilen Streitkrafte waren, die jetzt zur Verteidigung des Krankenhauses zur Verfugung standen —, konnte eine ungeheure Menge wirklich furchterregender Waffensysteme installiert werden. Das war auch notwendig, denn am neunundzwanzigsten Tag erfolgte der erste Gro?angriff des Feinds, und die Wehrhaftigkeit des Krankenhauses wurde bis aufs au?erste auf die Probe gestellt.

Der Angriff dauerte drei Tage.

Conway wu?te zwar, da? es seitens des Monitorkorps vernunftige und logische Grunde fur die vorgenommene Befestigung des Hospitals gegeben hatte, aber es gefiel ihm trotzdem nicht. Selbst nach diesem absurden, dreitagigen Angriff, in dessen Verlauf das Hospital viermal getroffen worden war — glucklicherweise wiederum nur mit chemischen Sprengkopfen — fand er das nicht richtig. Immer wenn er daran dachte, da? das gewaltige, den hochsten Idealen der Humanitat und Medizin gewidmete Gebaude zu einer schrecklichen und vollkommen unnaturlichen Vernichtungsmaschinerie umgerustet worden war, mit der es auch noch seine eigenen Opfer produzierte, wurde Conway zornig und traurig. Er war von dieser ganzen scheu?lichen Geschichte zutiefst angewidert, und manchmal war er auch versucht, seine Meinung zu au?ern.

Seit Beginn der Evakuierung waren mittlerweile funf Wochen vergangen, und Conway sa? mit Mannon und Prilicla beim Mittagessen zusammen. Die Hauptkantine war jetzt zu den Mahlzeiten langst nicht mehr uberfullt, und an den Tischen waren die grununiformierten Monitore den ETs zahlenma?ig stark uberlegen, obwohl sich immer noch uber zweihundert Extraterrestrier im Hospital befanden, und das war es auch, woran sich Conway zur Zeit am meisten storte.

„.und ich behaupte trotzdem, da? es eine Verschwendung ist“, sagte er wutend. „Eine Verschwendung von Leben, von medizinischen Talenten, einfach von allem! Es handelt sich doch bei samtlichen Patienten um Verletzte des Monitorkorps, und so wird es auch in Zukunft sein, und jeder einzelne davon ist Terrestrier. Deshalb gibt es fur unsere Extraterrestrier uberhaupt keine interessanten ET-Falle zu behandeln. Ich finde, man sollte dieses Personal nach Hause schicken!

Ubrigens einschlie?lich der gegenwartig hier Anwesenden“, schlo? er mit einem vielsagenden Blick auf Prilicla. Dann wandte er sich Mannon zu.

Dr. Mannon schnitt sich gerade ein gro?es Stuck von einem saftigen Steak ab und fuhrte es mit der Gabel zum Mund. Da samtliche seiner unter geringer Schwerkraft lebenden Patienten evakuiert worden waren, hatte er die LSVO- und MSVK-Bander aus dem Kopf loschen lassen und unterlag deshalb bei seiner Ernahrung keinen geistigen Einschrankungen mehr. In den funf Wochen seit der Evakuierung hatte er merklich an Gewicht

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