„Horen Sie auf damit!“ fuhr Conway sie gereizt an.

Erschreckt blickte ihn die Nidianerin an und bellte dann erneut. Als sie sich ein paar Sekunden spater auf der anderen Seite der Schleuse befanden, kamen die tralthanischen Schwestern heruber und machten Conway mit ihrem wie ein modulierendes Nebelhorn klingenden Tuten fast taub. Und dazu pfiff ihm auch noch die QCQL uber Anzugfunk ins Ohr. Die Monitore, die voll und ganz damit beschaftigt waren, die Verwundeten durch den Bordtunnel vom Schiff ins Hospital zu bringen, sahen lediglich verdutzt aus.

Plotzlich brach Conway der kalte Schwei? aus — das Hospital war bestimmt schon wieder getroffen worden, doch weil er sich nirgends festgehalten hatte, hatte er auch nichts von dem Einschlag gespurt. Trotzdem wu?te er ganz genau, wo das Hospital getroffen worden war. Er fummelte an seinem Translator herum, traktierte ihn mit dem Handballen — eine vollkommen sinnlose Handlung — und stie? sich in Richtung eines Kommunikators vom Boden ab.

Auf jedem Kanal, den er ausprobierte, ertonten bellende Kehllaute, heulte, trompetete, pfiff oder stohnte es: eine wahnwitzige Kakophonie, die Conway durch Mark und Bein ging. Vor seinem geistigen Auge flammte das Bild des Operationssaals auf, den er gerade verlassen hatte: dort operierten Murchison, die Tralthanerin und der kelgianische Arzt zusammen den Verwundeten, und nicht einer der Beteiligten konnte verstehen, was der andere sagte. Instruktionen, lebenswichtige Anweisungen, die Bitten um Instrumente oder Auskunfte uber den Zustand des Patienten, das alles wurde in einem fur das OP-Personal vollkommen unverstandlichem Aliengebrabbel geau?ert werden. Conway sah sich das gleiche Bild uberall im Orbit Hospital wiederholen. Nur Wesen der gleichen Spezies konnten sich noch gegenseitig verstandlich machen, und selbst das traf nicht in allen Fallen zu. Es gab zum Beispiel Terrestrier, die kein Universal sprachen, sondern auf ihrem Heimatplaneten gebrauchliche regionale Sprachen. Diese DBDGs waren also selbst bei Gesprachen mit anderen Terrestriern auf den Translator angewiesen.

Trotz seiner strapazierten Ohren konnte Conway aus dem babylonischen Aliensprachgewirr einzelne Worter und eine ihm verstandliche Stimme heraushoren. Es handelte sich dabei um Meldungen, die sich durch einen hohen Pegel von Hintergrundgerauschen durchkampfen mu?ten. Aber plotzlich schienen seine Ohren samtliche Storungen herauszufiltern und nur — noch eine Stimme zu horen, die folgendes meldete: „. drei Lufttorpedos, Sir. Direkt hintereinander. Sozusagen im Gansemarsch. Die haben den Verteidigungsring glatt durchbrochen. Wir konnen den Translator auch nicht behelfsma?ig zusammenflicken, weil nichts mehr davon ubrig ist. Der letzte Torpedo ist namlich direkt im Computerraum explodiert.“

Drau?en vor der Kommunikatornische pfiffen, knurrten und heulten die ET-Schwestern Conway und sich gegenseitig an. Eigentlich hatte er Anweisungen zur Voruntersuchung seiner Patienten geben, die Unterbringung auf der Station vorbereiten und die Bereitschaft des FGLI-Operationssaals uberprufen mussen. Doch nichts davon konnte er jetzt tun, weil das Schwesternpersonal nicht ein einziges Wort seiner Anweisungen verstehen wurde.

19. Kapitel

Ein ganze Weile konnte Conway sich nicht dazu aufraffen, die Nische zu verlassen, in der sich der Kommunikator befand — obwohl es in Wirklichkeit wahrscheinlich nur ein paar Sekunden gewesen waren. Der Chefpsychologe ware jedenfalls uber die Gedanken, die ihm in diesem Moment durch den Kopf schossen, vom rein fachlichen Standpunkt her sicherlich besorgt gewesen. Doch allmahlich bezwang er seine Panik, die in ihm den Drang zur Flucht und zum Verstecken hervorgerufen hatte, indem er sich einfach schonungslos vor Augen hielt, da? es gar keinen Fluchtort mehr gab, und sich dazu zwang, die in der Schleusenvorkammer umhertreibenden FGLIs anzusehen. Die Kammer war mit Tralthanern regelrecht bis zum Rand gefullt.

Conway selbst kannte leider nur die Grundlagen tralthanischer Physiologie, doch war das seine geringste Sorge, denn er konnte sich ja ohne Schwierigkeiten ein FGLI-Band einspielen. Das wichtigste war, die medizinische Hilfe fur die Tralthaner jetzt sofort in Gang zu bringen, aber das war leichter gesagt als getan. Die Monitore brullten wild durcheinander, weil sie wissen wollten, was eigentlich los war, und die Verwundeten, von denen viele bei Bewu?tsein waren, stie?en klagende und verzweifelte Schreie aus, die durch die sie umschlie?enden Druckhullen nur leicht gedampft wurden.

„Sergeant!“ schrie Conway plotzlich zum ranghochsten Sanitater hinuber und fuchtelte dabei in Richtung der Verwundeten. „Station vier B, zweihundertsiebzigste Ebene. Wissen Sie, wo das ist?“

Der Unteroffizier nickte, und Conway wandte sich den Schwestern zu.

Trotz aller Bemuhungen, sich ihnen durch Zeichen-Sprache verstandlich zu machen, kam Conway bei der Nidianerin und der QCQL keinen Schritt weiter. Erst als er seine Beine um die Vorderglieder einer der FGLIs schlang und mit roher Gewalt das Glied mit den Sehorganen verdrehte, bis die Augengruppe auf das Transportziel der Verwundeten gerichtet war,

erreichte er uberhaupt irgend etwas. Schlie?lich machte er den Tralthanerinnen verstandlich — so hoffte er jedenfalls —, die Verwundeten auf die Station zu begleiten und dort alles in ihrer Macht stehende fur sie zu tun.

Die Station vier B wurde fast vollstandig von Verwundeten der Klassifikation FGLI in Anspruch genommen, und auch der Gro?teil des Personals bestand aus Tralthanern. Trotz des gegenwartigen Ausfalls des Ubersetzungscomputers konnten also einige Patienten von gleichsprachigen Schwestern beruhigt werden. Conway weigerte sich, an die restlichen Verwundeten zu denken, die diesen Vorteil nicht hatten — schlie?lich waren ihm Thornnastors Stationen zugewiesen worden, und er konnte nicht alles gleichzeitig erledigen.

Als er in O’Maras Buro eintraf, war der Major nicht da. Sein Assistent Carrington erklarte ihm, da? der Chefpsychologe zur Zeit vollauf damit beschaftigt sei, Patienten und Personal derselben Spezies so gut wie moglich zusammenzuspannen. Er wolle Conway allerdings sofort sprechen, sobald dieser die Arbeit auf den Tralthaner- Stationen erledigt hatte. Carrington fugte noch hinzu, Conway moge sich doch bitte entweder im Buro zuruckmelden oder an seinem momentanen Aufenthaltsort bleiben, denn die Kommunikationssysteme waren ausgefallen oder von dem Kauderwelsch uberlastet, das sich die ETs einander zubrullten. Andernfalls konnte ihn der Major nicht finden. Zehn Minuten spater hatte Conway das benotigte Band im Kopf gespeichert und befand sich wieder auf dem Weg zu Station vier B.

Da er es schon des ofteren mit FGLI-Bander zu tun hatte, kannte er deren relativ harmlose Auswirkungen. Er fuhlte sich etwas unwohl dabei, mit nur zwei Fu?en statt sechs gehen zu mussen, und verspurte den Drang, einem sich bewegenden Gegenstand nicht nur mit den Augen, sondern mit dem ganzen Kopf zu folgen. Wie breit sich sein tralthanischer Gehirnpartner aber schon gemacht hatte, merkte Conway erst auf der Station. Ab sofort waren die Bettreihen mit tralthanischen Patienten sein nachstes und dringendstes Anliegen, wahrend sich nur ein kleiner Teil seines Gehirns fur die Probleme der offenbar kurz vor einer Panik stehenden tralthanischen Schwestern interessierte. Aus irgendeinem seltsamen Grund konnte er deren Au?erungen sowieso nicht verstehen, und fur die terrestrischen Schwestern — mickerige, unformige und absto?ende Schachteln — empfand er nichts als Ungeduld.

Er begab sich zu einer Gruppe dieser unformigen und absto?enden Wesen hinuber — obwohl fur den menschlichen Teil seines Gehirns einige davon wirklich ausgesprochen attraktiv und wohlgeformt wirkten — und sagte: „Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit. Ich hab zwar ein tralthanisches Band im Kopf gespeichert, durch das ich diese FGLIs behandeln kann, aber wegen des Translatorausfalls kann ich mich weder mit den Patienten noch mit den tralthanischen Schwestern verstandigen. Deshalb mussen Sie mir bei den Voruntersuchungen und spater im Operationssaal helfen.“

Die Schwestern starrten ihn entsetzt an. Ihre Angst legte sich allerdings schnell, weil ihnen endlich wieder eine verantwortliche Person Anweisungen erteilte, obwohl er etwas Unmogliches von ihnen verlangt hatte — schlie?lich lagen auf dieser Station siebenundvierzig Patienten der Klassifikation FGLI, von denen allein acht Neuankommlinge waren, die sofort versorgt werden mu?ten. Die terrestrischen Schwestern waren aber lediglich zu dritt.

„Sie konnen sich jetzt nicht mehr mit den tralthanischen Schwestern unterhalten“, fuhr Conway nach kurzem Zogern fort. „Aber da sie das gleiche System medizinischer Aufzeichnungen wie wir anwenden, kann man sich sicherlich irgendeine Verstandigungsmethode ausdenken. Naturlich wird das nur langsam und umstandlich funktionieren, aber Sie mussen den Tralthanerinnen irgendwie unser Tun klarmachen und sie zur Mithilfe bringen.

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