Patienten nicht mehr meine Sprache sprechen. Und diejenigen, mit denen ich mich verstandigen kann, treibe ich dazu an, uber eine Moglichkeit nachzudenken, wie wir aus diesem Schlamassel wieder herauskommen konnen. Aber leider sind meine Patienten alle viel zu sehr mit der Behandlung der Kranken in ihrer unmittelbaren Umgebung beschaftigt, um noch an das Hospital als Ganzes denken zu konnen. Das wollen sie lieber den gro?en Kopfen uberlassen.“
„Unter diesen Umstanden scheint mir eigentlich ein Diagnostiker der richtige Mann fur eine geniale Idee zu sein“, warf Conway ein.
Durch O’Maras Ausfuhrungen war Conway der Zorn des Chefpsychologen verstandlicher geworden. Es mu?te fur einen Psychologen ziemlich frustrierend sein, wenn er mit seinen Patienten keine Gesprache mehr fuhren konnte. Doch schien sich O’Maras Zorn fast gegen Conway personlich gerichtet zu haben, als hatte er in gewisser Weise bei seiner Arbeit versagt.
„Thornnastor kommt nicht in Frage“, entgegnete O’Mara mit leicht gesenkter Stimme. „Und die anderen beiden noch hiergebliebenen Diagnostiker sind heute Vormittag umgekommen. Wahrscheinlich waren Sie zu beschaftigt, um das mitzubekommen. Von den Chefarzten hat es Harkness, Irkultis, Mannon.“
„Mannon! Ist er etwa.?“
„Ich hab gedacht, das ware Ihnen moglicherweise bekannt, weil es ja nur zwei Ebenen weiter weg passiert ist“, erwiderte O’Mara beinahe sanft.
„Mannon war gerade bei der Operation von zwei QCQLs, als der OP plotzlich aufgesprengt wurde. Dabei ist sein Anzug von einem herumfliegenden Metallsplitter aufgerissen worden. Er hat eine Dekompression erlitten und dann auch noch ein bi?chen von der giftigen Atmosphare der QCQLs eingeatmet, bevor sie ganz aus dem Raum entwichen ist. Aber der alte Mannon wird das schon uberleben.“
Conway merkte, da? er den Atem angehalten hatte. „Da bin ich aber froh!“ sagte er.
„Ich auch“, entgegnete O’Mara barsch. „Aber was ich damit eigentlich sagen wollte: Es sind gar keine Diagnostiker mehr einsatzfahig und au?er Ihnen auch keine Chefarzte, und das Hospital befindet sich in einem furchterlichen Zustand. Was gedenken Sie also als ranghochster uberlebender medizinischer Offizier des Hospitals nun in dieser Angelegenheit zu unternehmen?“
O’Mara stand da, musterte Conway und wartete.
20. Kapitel
Conway hatte geglaubt, er konnte sich gar nicht mehr schlechter fuhlen, als es ihm vor ein paar Stunden nach der Entdeckung des Zusammenbruchs des Translatorsystems ergangen war. Er wollte diese Verantwortung unter keinen Umstanden ubernehmen, allein der Gedanke daran erschreckte ihn schon zu Tode. Bis zu diesem Moment hatte er gelegentlich davon getraumt, irgendwann einmal Leiter des Orbit Hospitals zu werden und die absolute Kontrolle uber alle medizinischen Angelegenheiten innerhalb dieses riesigen Gebildes zu haben. Aber in diesen Traumen war das Hospital naturlich kein sterbender, vom Krieg erschutterter Kolo? gewesen, der durch den Zusammenbruch der Verstandigung zwischen seinen einzelnen lebenswichtigen Organen praktisch gelahmt war. Daruber hinaus hatte das Hospital dabei weder von todlichen Waffen gestrotzt, noch an einem geradezu kriminellen Personalmangel oder an einer furchtbaren Uberbelegung gelitten.
Wahrscheinlich hatte jemand wie er jedoch nur unter solchen Umstanden zum Leiter dieses Hospitals werden konnen, sagte sich Conway betrubt. Dabei war er nicht einmal der beste zur Verfugung stehende Kandidat, sondern lediglich der einzige noch in Frage kommende. Trotzdem empfand er ein ganz unbeschreibliches Gefuhl, eine Mischung aus Angst, Wut und Stolz daruber, da? er fur die restlichen Tage oder Wochen seines Lebens diesem einmaligen Krankenhaus vorstehen sollte.
Conway sah sich kurz in der Station um und betrachtete die geordneten, wenn auch ungleichma?igen Reihen tralthanischer und terrestrischer Betten und das in unauffalliger Weise tuchtige Personal. Das alles hatte er selbst zustande gebracht. Andererseits begann Conway aber auch allmahlich einzusehen, da? er sich hier unten versteckt hatte und vor seiner Verantwortung davongelaufen war.
„Ich hab tatsachlich eine Idee“, sagte er plotzlich zu O’Mara. „Leider ist es keine gute Idee, und ich glaube, wir sollten in ihrem Buro daruber sprechen. Denn wahrscheinlich werden Sie gegen die Idee Einwande haben und diese auch lautstark au?ern, und das konnte die Patienten storen.“
O’Mara blickte ihn scharf an. Als er antwortete, war der Zorn allerdings aus seiner Stimme gewichen, weshalb sie lediglich wieder den ublichen Sarkasmus aufwies. „Ich hab gegen samtliche Ihrer Ideen etwas einzuwenden, Doktor. Ganz einfach deshalb, weil ich meine Gedanken immer beisammen hab.“
Auf dem Weg zu O’Maras Buro kamen sie an einer Gruppe ranghoher Offiziere des Monitorkorps vorbei, und der Major erklarte Conway, da? diese Offiziere zu Dermods Stab gehorten, der die Verlegung des taktischen Kommandos ins Orbit Hospital vorbereitete. Im Moment kommandierte Dermod von der Vespasian aus — selbst die Gro?kampfschiffe standen mittlerweile unter Beschu?, und fast ware dem Flottenkommandanten die Domitian praktisch unter den Fu?en weggeschossen worden.
Als Conway und O’Mara im Buro ankamen, sagte Conway: „Die Idee ist nicht gerade umwerfend, und als ich unterwegs die Monitore gesehen hab, ist mir sowieso noch eine bessere gekommen. Angenommen, wir bitten Dermod um die Benutzung der Schiffstranslatoren…“
O’Mara schuttelte den Kopf. „Das wurde nicht funktionieren“, entgegnete er. „Daran hab ich auch schon gedacht. Die einzigen fur uns uberhaupt brauchbaren Ubersetzungscomputer scheinen die auf den gro?en Schiffen zu sein. Aber diese Computer sind solch ein wesentlicher Bestandteil der Schiffskonstruktion, da? man das Schiff beim Ausbau praktisch zerstoren wurde. Unabhangig davon wurden wir fur den absoluten Minimalbedarf allein die Computer von zwanzig Gro?kampfschiffen benotigen. Wir haben aber keine zwanzig Gro?kampfschiffe mehr, und die ubriggebliebenen kann Dermod, wie er selbst sagt, besser gebrauchen.
Und wie lautet Ihre nicht sehr gute Idee?“
Conway erzahlte sie ihm.
Als er fertig war, musterte O’Mara ihn fast eine Minute lang. Schlie?lich sagte er: „Betrachten Sie ihre Idee als abgelehnt, und zwar auf entschiedenste Weise. Wenn Sie wollen, konnen Sie sich ja vorstellen, wie ich vor Wut hoch- und runterspringe und dabei auf den Schreibtisch einhammere. Genau das wurde ich namlich tun, wenn ich nicht so verdammt mude ware. Begreifen Sie denn nicht, worauf Sie sich da einlassen?“
Irgendwo unter ihnen ertonte ein furchtbares Krachen mit grotesken gongartigen Obertonen. Conway zuckte unwillkurlich zusammen und antwortete dann: „Ich glaube schon. Ich werde eine relativ starke geistige Verwirrung durchmachen und wohl auch korperliche Beschwerden haben. Ich hoffe aber, einen Gro?teil davon vermeiden zu konnen, indem ich das Wesen vom Physiologieband nur solange die Kontrolle uber mich ergreifen lasse, bis ich das Gewunschte erreicht hab. Dann unterdrucke ich das Wesen wenigstens zum Teil wieder und nehme die Ubersetzung vor. So hat das jedenfalls beim Tralthanerband funktioniert. Und es gibt keinen Grund, warum es nicht auch mit den Kelgianerbandern und allen anderen funktionieren sollte. Die Sprache der DBLFs mu?te eigentlich ein Klacks sein, denn das Stohnen der Kelgianer ist viel einfacher nachzuahmen als das Trompeten der Tralthaner.“
Conway hoffte, sich auf keiner Station sehr lange aufhalten zu mussen, denn eigentlich wollte er nur bis zur Beseitigung der am jeweiligen Ort bestehenden Ubersetzungsprobleme bleiben. Einige der ET-Laute wurde der terrestrische Sprechapparat sicherlich nur mit Schwierigkeiten nachahmen konnen, aber er hatte eine Idee, wie man bestimmte Musikinstrumente zur Erzeugung dieser Laute abandern mu?te. Au?erdem wurde er wahrscheinlich nicht der einzige wandelnde Translator bleiben, denn bestimmt gab es noch ETs und andere terrestrische Arzte, die ihm durch das Speichern von einem oder zwei Bandern helfen konnten. Vielleicht hatten das einige von ihnen bereits getan, bis jetzt jedoch noch nicht daran gedacht, die gespeicherten Kenntnisse auch fur Ubersetzungen anzuwenden. Wahrend Conway das alles erlauterte, hatte seine Zunge Muhe, mit seinen rasenden Gedanken Schritt zu halten.
„Einen Moment mal“, unterbrach ihn O’Mara an einer bestimmten Stelle.
„Sie reden dauernd davon, die eine Personlichkeit in den Vordergrund treten zu lassen, sie dann wieder zuruckzudrangen, um dann zwei Personlichkeiten zusammen zum Vorschein zu bringen und so weiter. Sie werden moglicherweise feststellen mussen, da? Sie gar nicht soviel Kontrolle uber Ihr Gehirn und die darin gespeicherten Personlichkeiten haben. Mehrere Physiologiebander im Kopf sind eine heikle Sache, und Sie haben bisher noch nie