Fuchteln Sie mit den Armen, machen Sie Zeichnungen. Und vor allem, benutzen Sie Ihren klugen Kopf.“

Zu so einer Zeit auch noch Schmeicheleien, schamte sich Conway. Aber das war nun einmal alles, was ihm in diesem Moment einfiel. Er war eben kein Psychologe wie O’Mara.

Er hatte gerade vier der dringendsten Falle behandelt, als Mannon mit einem weiteren FGLI eintraf, der auf einer durch Magneten am Boden haftenden Tragbahre lag. Bei dem Patienten handelte es sich um Thornnastor, und es war auf den ersten Blick zu sehen, da? der Diagnostiker noch fur lange Zeit au?er Gefecht gesetzt sein wurde.

Mannon erlauterte rasch die Einzelheiten der Verletzungen Thornnastors und welche Erste-Hilfe- Ma?nahmen er bereits eingeleitet hatte. Dann fuhr er fort: „Als ich von Ihrem Behandlungsmonopol fur Tralthaner erfahren hab, dachte ich, die postoperative Pflege von Thornnastor sollten lieber Sie in die Hand nehmen. Au?erdem ist das hier die normalste und ruhigste Station im ganzen Hospital. Verdammt! Was ist blo? Ihr Geheimnis? Knabenhafter Charme, glanzende Ideen? Oder haben Sie etwa Zugang zu irgendeinem eingeschmuggelten Translator?“

Conway erklarte, welchen Versuch er zur Losung der Verstandigungsschwierigkeiten zwischen den Schwestern der verschiedenen Spezies geplant hatte.

„Normalerweise hab ich was gegen Arzte und Schwestern, die wahrend einer Operation Notizen austauschen“, sagte Mannon. Sein Gesicht war grau vor Erschopfung und sein Bemuhen um Humor kaum mehr als ein bedingter Reflex. „Aber bei Ihnen scheint es ja zu funktionieren. Gut, ich erzahle die Idee weiter.“

Sie manovrierten Thornnastors gewaltigen Korper in eins der gepolsterten Gestelle, die man im schwerelosen Zustand als Betten fur die FGLIs verwendete, und dann erzahlte Mannon: „Ich hab auch ein FGLI- Band gespeichert. Das hab ich fur Thorny hier gebraucht, und jetzt warten zwei QCQLs auf mich. Bis heute hatte ich uberhaupt keine Ahnung von der Existenz solcher Lebewesen, aber glucklicherweise hat O’Mara das entsprechende Band. Das ist eine Arbeit, die man nur in einem Anzug erledigen kann, denn das schmierige Zeug, das diese Wesen atmen, bringt ohne Schutzvorkehrungen alles um, was lauft, krabbelt oder fliegt — naturlich au?er den QCQLs selbst. Die beiden sind noch bei Bewu?tsein, und ich kann nicht mal mit ihnen sprechen. Ich nehme an, ich werde noch eine Menge Spa? mit denen haben.“

Plotzlich sackten Mannons Schultern ab, und die Muskeln, die die Mundwinkel zu einem Lacheln verzogen hatten, gaben den Kampf auf. „Hoffentlich fallt Ihnen irgendwas ein, Conway“, sagte er dumpf. „In Stationen wie dieser, wo die Patienten und ein paar von den Schwestern zur gleichen Klassifikation gehoren, ist es ja gar nicht so schlimm mit der Verstandigung. Das hei?t naturlich nur relativ. Aber um andere Stationen, auf denen die Verwundeten und das Personal vollig gemischt sind und wo etliche medizinische Mitarbeiter selbst schon zu Opfern des Bombardements geworden sind, ist es wirklich schlimm bestellt.“

Conway hatte das Bombardement wahrgenommen — eine standige, unregelma?ige Folge von Einschlagen, die durch das Metall des Hospitalgebaudes ubertragen wurden, als ob jemand auf einen mi?tonenden Gong geschlagen hatte. Er hatte diese entsetzlichen Gerausche gehort und versuchte nun, nicht daran zu denken. Denn er wu?te, da? die Mitarbeiter des Hospitals jetzt selbst zu Verwundeten wurden, und einige der Kriegsopfer, um die sich das Personal bereits gekummert hatte, wurden jetzt zum zweitenmal zu Opfern.

„Das kann ich mir vorstellen“, entgegnete Conway mit grimmiger Miene. „Aber ich hab schon reichlich damit zu tun, mich um Thornnastors Stationen zu kummern.“

„Wir alle haben reichlich zu tun!“ erwiderte Mannon in scharfem Ton. „Aber irgend jemand wird sich schleunigst etwas einfallen lassen mussen!“

Was soll ich denn Ihrer Meinung nach unternehmen? dachte Conway wutend, wobei er die Augen auf den Rucken des hinausgehenden Mannon heftete. Dann wandte er sich dem nachsten Patienten zu.

In den letzten paar Stunden war etwas ausgesprochen Merkwurdiges in Conways Kopf vorgegangen. Zunachst hatte er das immer starkere Gefuhl gehabt, beinahe zu wissen, was die tralthanischen Schwestern auf der Station sagten. Das schrieb er jedoch dem in seinem Kopf gespeicherten FGLI-Band zu, das die komplette Aufzeichnung des gesamten Gedachtnisses eines angesehenen Physiologen dieser Spezies darstellte. Es hatte ihm anscheinend neben dem Fachwissen auch eine Menge Kenntnisse uber tralthanische Denkweisen und Ausdrucke vermittelt, die sich in Stimme und Gesichtsausdrucken widerspiegelten. Diesen Effekt hatte er zuvor noch niemals wahrgenommen — wahrscheinlich, so vermutete er, weil er es noch nie in einer so kurzen Zeitspanne mit so vielen Tralthanern zu tun gehabt hatte und er ansonsten ja immer einen Translator mit sich fuhrte. Die Beschaftigung mit zum gro?ten Teil tralthanischen Patienten hatte offenbar dazu gefuhrt, da? die in seinem Kopf gespeicherte Personlichkeit des FGLIs auf Kosten seiner naturlichen Eigenschaften starker in den Vordergrund trat.

Zwischen den beiden Personlichkeiten gab es keinen Kampf um den Besitz seines Gehirns, und wahrend der Vergro?erung der tralthanischen Halfte trat auch kein Konflikt zwischen ihnen auf. Es handelte sich vielmehr um einen ganz naturlichen Vorgang, weil Conway zum intensiven Denken auf tralthanische Art gezwungen war. Wenn er die Gelegenheit zur Unterhaltung mit einer terrestrischen Schwester oder einem terrestrischen Patienten hatte, dann mu?te er sich schon scharf konzentrieren, um die ersten paar Worter fur ihn nicht wie Kauderwelsch klingen zu lassen.

Und jetzt horte und verstand er allmahlich sogar tralthanische Gesprache.

Seine Sprachkenntnisse waren naturlich noch lange nicht perfekt. Schlie?lich gelangten die elefantenartigen Huptone und Trompetensto?e nicht durch den Filter tralthanischer, sondern terrestrischer Ohren zu dem FGLI in Conways Gehirn und wurden dementsprechend verzerrt und in der Tonhohe verandert dargestellt. Die Worter klangen zwar etwas gedampft und knurrig, aber er verstand trotzdem ein paar davon; demnach besa? er also so etwas wie einen Translator im Gehirn. Der Unterschied bestand naturlich darin, da? die ganze Sache absolut nur in einer Richtung funktionierte. Oder etwa doch nicht?

Als er den nachsten Fall fur den Operationssaal vorbereitete, entschlo? sich Conway zu antworten.

Schlie?lich kannte sein tralthanisches Alter ego den Klang der auszusprechenden Worter, und er selbst wu?te, wie er seine Stimmbander benutzen mu?te — zudem galt die terrestrische Stimme als eins der vielseitigsten Instrumente in der Galaxis. Conway holte tief Luft und stie? sie wieder aus.

Der erste Versuch ging katastrophal daneben. Er endete mit einem unkontrollierbaren Hustenanfall und verbreitete auf der ganzen Station Unruhe und Besorgnis. Doch beim dritten Versuch schaffte es Conway: eine der tralthanischen Schwestern antwortete ihm! Danach war es nur noch eine Frage der Zeit, bis er schlie?lich die wichtigsten Anweisungen aus dem Effeff beherrschte. Die folgenden Operationen gingen nun viel schneller, effektiver und mit enorm gestiegenen Erfolgschancen voran.

Die terrestrischen Schwestern waren von den seltsamen Gerauschen, die sich aus Conways uberstrapazierter Kehle rangen, schwer beeindruckt. Gleichzeitig schienen sie jedoch auch ein humoristisches Element in der Situation zu erkennen.

„Na so was!“ sagte hinter Conway plotzlich eine vertraute, leicht gereizte Stimme. „Eine Station voll frohlicher, strahlender Patienten, und der liebe Onkel Doktor halt durch Tierstimmenimitationen die Moral aufrecht. Was, zum Teufel, machen Sie denn da?“

Conway bekam einen Schreck, als er sah, da? O’Mara wirklich wutend war und seine gewohnlich schlechte Laune nicht nur gespielt war. Unter diesen Umstanden war es wohl besser, die Ironie zu uberhoren und die Frage ernsthaft zu beantworten.

„Ich kummere mich um Thornnastors Patienten und zusatzlich noch um ein paar Neuankommlinge“, antwortete Conway also ruhig. „Die Monitore und FGLI-Patienten sind jetzt alle versorgt, und ich wollte Sie gerade um ein DBLF-Band fur die ebenfalls eingelieferten Kelgianer bitten.“

O’Mara schnaubte. „Ich schicke Ihnen einen kelgianischen Arzt runter, der das in die Hand nimmt“, entgegnete er wutend. „Und um die anderen Patienten konnen sich vorlaufig Ihre Schwestern kummern. Sie scheinen sich nicht im klaren daruber zu sein, da? das hier nur eine von dreihundertvierundachtzig Ebenen ist, Doktor Conway. Auf den Stationen liegen Patienten, die dringendst behandelt oder mit Medikamenten versorgt werden mussen, die sie nicht kriegen, weil das zustandige Personal auf ihr Gepiepse oder Getute nur pfeift. Und in den Schleusen turmen sich die Verwundeten, einige liegen sogar auf zum All hin offenen Korridoren. Wissen Sie, diese Drucktragbahren versorgen die Verwundeten namlich nicht fur alle Ewigkeit mit Luft, und die Leute da drin sind bestimmt nicht sehr glucklich.“

„Was soll ich also tun?“ fragte Conway.

Aus irgendeinem Grund machte das O’Mara noch wutender, und er entgegnete in bei?endem Ton: „Ich hab keine Ahnung, Doktor Conway. Ich bin Psychologe. Ich kann nicht mehr effektiv arbeiten, weil die meisten meiner

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