dem er sich mit der freien Hand festgehalten hatte. Schwerfallig trieb er vom Tisch weg nach oben, stie? gegen den Baldachin und beruhrte mit der Stirn einen der umhertreibenden Riesentropfen. Die Oberflachenspannung ri?, der Tropfen zerplatzte und ergo? sich uber sein Gesicht. Prustend wischte er sich das Wasser aus dem Gesicht, das dabei zu einer Wolke aus winzigen, schillernden, murmelgro?en Tropfchen zerstob. Und dann sah er etwas.

Es war der einzige disharmonische Ton in dieser Traumwelt; ein Stapel von Raketen ohne Sprengkopf in einer dunklen Ecke des Raums. Die Raketen wurden von Klemmen am Boden gehalten und waren zusatzlich durch ein Netz gesichert, falls die Klemmen durch die Erschutterung einer Explosion aufgerissen worden waren. Unter dem Netz war noch eine Menge Platz. Conway stie? sich in Richtung Netz ab, wobei er sich noch immer an Murchison festhielt, suchte, bis er den Rand des Netzes fand, und hob ihn vom Boden hoch.

„Wir konnen uns nicht richtig unterhalten, wenn wir weiterhin in der Luft herumschweben“, sagte er leise. „Komm mit auf mein Zimmer.“

Vielleicht ahnelte das Netz zu stark einem Spinnengewebe, oder Conways Ton glich zu sehr dem einer rauberischen Spinne, jedenfalls merkte er, da? sie zogerte. Die Hand, die er hielt, zitterte.

„Ich. ich wei?, wie du dich fuhlst“, sagte Murchison schnell, sah ihn dabei jedoch nicht an. „Ich mag dich ja auch. Vielleicht empfinde ich fur dich sogar noch mehr als das. Aber was du vorhast, ist nicht richtig. Mir ist ja klar, da? wir keine Zeit haben, aber sich hier so herunterzuschleichen, wie wir es getan haben, und. das ist selbstsuchtig. Ich mu? immer an die ganzen Manner auf den Korridoren denken und an die anderen Verwundeten, die erst noch eingeliefert werden. Ich wei?, das klingt spie?ig, aber wir mussen eben zuerst an die anderen denken. Und deshalb.“

„Danke!“ unterbrach Conway sie wutend. „Vielen Dank, da? du mich an meine Pflichten erinnerst.“

„Oh, bitte!“ rief Murchison, und auf einmal schmiegte sie sich wieder an ihn und legte den Kopf auf seine Brust. „Ich will dich doch nicht verletzen, und ich will auch nicht, da? du mich ha?t. Ich hatte nicht gedacht, da? dieser Krieg so schrecklich sein wurde. Ich hab Angst. Ich will nicht, da? du getotet wirst und mich ganz alleine la?t. Bitte halt mich fest und. und sag mir, was ich tun soll.“

Ihre Augen funkelten, aber erst als einer der winzigen glanzenden Punkte herauslief, merkte Conway, da? sie leise weinte. Irgendwie hatte er sich Murchison nie weinend vorgestellt. Er hielt sie lange Zeit fest und schob sie dann sanft von sich.

Mit rauher Stimme sagte er: „Naturlich hasse ich dich nicht, aber im Moment will ich auch nicht daruber reden, was ich jetzt genau empfinde. Komm, ich bringe dich nach Hause.“

Dazu kam es aber nicht mehr. Denn wenige Minuten spater ertonte die Alarmsirene, und als diese endlich wieder verstummt war, wurde Conway uber die Lautsprecheranlage gebeten, sich sofort in die Kommandozentrale zu begeben.

23. Kapitel

Fruher war es einmal die Anmeldezentrale der Aufnahmestation gewesen, in der sich drei flinkzungige Nidianer mit den manchmal komplexen Schwierigkeiten befassen mu?ten, Patienten aus ihren Ambulanzschiffen herauszuholen und in das Hospital hineinzubringen. Jetzt handelte es sich um das Hauptquartier des Oberkommandos, in dem zwanzig Offiziere des Monitorkorps nervos in Kehlkopfmikrofone murmelten, wahrend ihre Augen an den Bildschirmen hafteten, die den Feind in allen Vergro?erungsgraden von null bis funfhundert zeigten. Auf zweien der drei Hauptschirme waren Teile der feindlichen Flotte abgebildet, und diese Darstellungen wurden teilweise durch geisterhafte Linien und geometrische Figuren uberlagert, durch die ein taktischer Offizier vorauszusagen versuchte, welchen Schritt die feindliche Flotte als nachstes unternehmen wurde. Der dritte Bildschirm stellte eine Weitwinkelaufnahme der Au?enwand des Hospitals dar.

Eine Rakete scho? wie eine entfernte Sternschnuppe heran, erzeugte beim Aufprall einen kleinen Blitz und warf eine winzige Trummerfontane auf. Das rei?ende, metallische Krachen, das durch den Raum widerhallte, stand jedoch in keinem Verhaltnis zum Bild.

Dermod sagte: „Die haben sich aus der Reichweite der schweren Waffen, die wir au?en am Hospital angebracht haben, zuruckgezogen und feuern jetzt Raketen auf uns ab. Das ist eine Zermurbungstaktik, mit der sie uns verunsichern wollen, bevor sie zum eigentlichen Hauptangriff ubergehen. Denn ein Gegenangriff durch unsere restliche mobile Streitmacht hatte nur deren vollige Zerstorung zur Folge. Sie ist dem Feind zahlenma?ig so stark unterlegen, da? sie nur wirkungsvoll operieren kann, wenn sie von den Verteidigungsanlagen am Hospital unterstutzt wird. Deshalb haben wir gar keine andere Wahl, als in der gegenwartigen Kampfphase die Raketen so gut wir konnen zu schlucken und unsere Krafte zu sparen, bis wir.“

„Welche Krafte denn?“ fragte Conway wutend. O’Mara, der neben ihm stand, gab einen mi?billigenden Laut von sich, und von der anderen Seite des Schreibtischs musterte der Flottenkommandant Conway mit eisigem Blick.

„Wir konnen daruber hinaus mit leichten Angriffen durch schnelle, wendige Einheiten rechnen, die uns noch mehr verunsichern sollen“, sagte Dermod zu Conway, beantwortete damit aber nicht die Frage. „Die Verwundeten, die man Ihnen bringen wird, werden sich aus den zur Verteidigung des Hospitals eingesetzten Monitoren zusammensetzen, aus Besatzungsmitgliedern der Verteidigungsschiffe und vielleicht auch aus feindlichen Opfern. Und damit komme ich zu einem Punkt, den ich gerne klaren wurde. Sie scheinen sich ja um eine ganze Menge Verletzte des Feindes zu kummern, Doktor, und dabei hatten Sie mir doch gesagt, da? Ihre Moglichkeiten bereits bis an die Grenzen ausgereizt seien.“

„Woher, zum Teufel, wollen Sie das wissen?“ fragte Conway. Dermods Gesichtsausdruck wurde noch eisiger, doch diesmal beantwortete er die Frage.

„Weil ich Berichte von Patienten hab, die nebeneinander liegen und feststellen, da? der andere Kauderwelsch redet. Und dabei handelt es sich wohlweislich um Patienten von derselben physiologischen Klassifikation. Welche Schritte gedenken Sie also zu unternehmen, um das.“

„Gar keine!“ unterbrach Conway ihn barsch. Er war plotzlich so zornig, da? er diesem kalten, gefuhllosen Leuteschinder am liebsten an die Gurgel gegangen ware und ein wenig Menschlichkeit in ihn hineingeschuttelt hatte.

Am Anfang hatte er Dermod gemocht. Damals hatte er ihn nicht nur fur einen rucksichtsvollen und einfuhlsamen, sondern auch fur einen kompetenten Flottenkommandanten gehalten, doch wahrend der letzten Tage war Dermod zur Verkorperung der blindwutigen, auf eiskalte Weise operierenden Streitkrafte geworden, die Conway und alle anderen im Hospital gefangenhielten. Seit dem Beginn des letzten Angriffs hatte man tagliche Besprechungen zwischen den militarischen und medizinischen Verantwortlichen angeordnet, und auf allen dreien hatte Conway feststellen mussen, da? er in zunehmendem Ma?e mit dem Flottenkommandanten aneinandergeriet.

Doch wenn Conway Dermod anschnauzte, schnauzte der Flottenkommandant keineswegs zuruck. Dermod musterte ihn lediglich mit so starren und aus so gro?er Entfernung blickenden Augen, da? Conway jedesmal das Gefuhl hatte, der Kommandant sahe ihn uberhaupt nicht an. Es nutzte auch gar nichts, als O’Mara Conway jetzt den leisen Rat gab, lieber den Mund zu halten und nicht so verteufelt empfindlich zu sein, weil Dermod schlie?lich einen Krieg zu fuhren habe und wirklich sein Bestes gabe. Au?erdem wurden die Belastungen, denen er ausgesetzt sei, einen gewissen Mangel an Charme in seiner Personlichkeit durchaus entschuldigen.

„Sicherlich behandeln Sie die feindlichen Verwundeten nicht genauso wie unsere eigenen.?“ fragte Dermod in frostigem Ton, gerade als Conway eingesehen hatte, da? er wirklich mehr Geduld mit diesem kaltblutigen Militaristen haben sollte.

„Es ist schwierig, den Unterschied zu erklaren“, entgegnete Conway mit so ruhiger Stimme, da? O’Mara plotzlich beunruhigt aussah. „Irgendwelche feinen Abweichungen des Raumanzugdesigns haben fur das Schwesternpersonal und mich keinerlei Bedeutung.

Und wenn, wie es haufig vorkommt, der Anzug und die Uniform darunter von uns weggeschnitten worden sind, dann ist die Uniform wegen der Blutung moglicherweise nicht mehr zu identifizieren. Schlie?lich sind die Orallaute, die Verwundete zwischen der Injektion von Betaubungsmitteln und dem Zustand der Bewu?tlosigkeit von sich geben, nicht unbedingt leicht zu ubersetzen. Und falls es irgendeine Methode geben sollte, den Unterschied zwischen einem Monitor und einem feindlichen Verwundeten durch deren Schmerzensschreie festzustellen, dann

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