zweitenmal abgelost worden waren.

Doch der leitende Kontaktspezialist war noch immer nicht zufrieden — er wollte die Kultur des Planeten unbedingt eingehender erforschen. Wie er eingehend ausfuhrte, seien samtliche Zivilisationen durch die Entwicklung familiarer Bindungen entstanden, die auf einen Volksstamm, ein Dorf und Land ausgedehnt wurden, bis schlie?lich der gesamte Planet vereinigt wurde. Er konnte nicht verstehen, wie sich eine Zivilisation ohne eine solche Zusammenarbeit auf Familien- oder Stammesebene weiterentwickeln konnte, glaubte aber, da? eine genauere Erforschung personlicher Verbindungen diese Dinge klaren konnten. Schlie?lich bat er Conway, ob er sich Surreshuns Band noch einmal einspielen lassen wurde.

Conway zogerte — er war mude und hungrig und entsprechend gereizt — und Major Edwards antwortete fur ihn. „Nein! Ganz bestimmt nicht! Daruber hat mir O’Mara genaue Anweisungen gegeben. Bei allem Respekt, Doktor Conway, er hat es mir sogar verboten, falls Sie so dumm sein sollten, sich freiwillig zu melden. Dies ist eine der wenigen Spezies, deren Bander fur uns unbrauchbar sind. Verdammt, ich hab Hunger und will endlich mal etwas anderes als Sandwiches!“

„Hunger hab ich auch“, schlo? sich Conway an.

„Warum sind Arzte eigentlich andauernd hungrig?“ fragte der Kontaktoffizier.

„Meine Herren, ich mu? doch bitten.“, wandte der Captain erschopft ein, doch Conway fuhlte sich herausgefordert.

„Ehrlich gesagt, liegt das bei mir daran, weil ich, seit ich erwachsen bin, mein gesamtes Leben dem uneigennutzigen Dienst an anderen gewidmet und meine gro?en Heilkrafte und mein chirurgisches Geschick zu jeder Tages- und Nachtzeit stets zur Verfugung gestellt hab“, erlauterte er. „Die ethischen Grundsatze meines gro?en und selbstlosen Berufs verlangen das von mir. Diese Opfer — die lange Arbeitszeit, unzureichender Schlaf und unregelma?ige Mahlzeiten — trage ich bereitwillig und ohne zu klagen. Wenn ich ofter an Essen denken sollte als es geringeren Wesen normal erscheint, dann deshalb, weil ein medizinischer Notfall auftreten konnte, der die nachste Mahlzeit ungewi? macht. Jetzt zu essen ermoglicht mir, meinem nachsten Patienten mit noch gro?erem Geschick beizustehen — selbst medizinische Laien wie Sie mu?ten sich der Auswirkung von Unterernahrung auf Gehirn und Muskeln bewu?t sein.“

Grinsend fugte er hinzu: „Es gibt keinen Grund, gro?e Augen zu machen, meine Herren. Ich stelle mich lediglich gedanklich auf den Kontakt mit Surreshuns Volk ein, indem ich so tue, also ob Bescheidenheit nicht existieren wurde.“

Wahrend des restlichen Flugs hielt sich Conway die meiste Zeit im Kommunikations- oder Kontrollraum auf und unterhielt sich mit Captain Williamson, Edwards und Surreshun. Doch als sich die Descartes im Sonnensystem des Fleischklo?es wieder materialisierte, war sein Wissensstand uber die medizinische Wissenschaft auf dem Planeten noch immer sehr gering, und noch weniger wu?te er uber diejenigen, die dort als Mediziner praktizierten.

Der Kontakt mit seinen Pendants auf dem Fleischklo? war fur den Erfolg des Auftrags absolut erforderlich.

Doch chirurgische Medizin und Heilkunde waren Entwicklungen der jungsten Zeit, die erst moglich geworden waren, als die Spezies gelernt hatte, wie sie sich drehen und dabei an einer Stelle bleiben konnte. Seitens Surreshuns gab es jedoch vage Hinweise auf eine weitere Spezies, deren Mitglieder sozusagen als Arzte fungierten. Nach seiner Beschreibung schienen sie teils Arzte, teils Parasiten und teils Raubtiere zu sein. So sei es eine sehr riskante Angelegenheit, einen von ihnen am Korper zu tragen, und fuhre sehr oft zu einer Storung des Gleichgewichts, zum korperlichen Stillstand und schlie?lich zum Tod des standig rotierenden Korpers des Patienten. Wie Surreshun weiterhin beteuerte, musse man den Arzt haufig mehr furchten als die eigentliche Krankheit.

Wegen der begrenzten Ubersetzungsmoglichkeiten war er nicht in der Lage zu erlautern, wie sich die Wesen mit ihren Patienten verstandigten. Surreshun hatte nie einen dieser Arzte personlich kennengelernt und stand auch mit niemandem auf gutnachbarlichem Reifen, der das von sich behaupten konnte. Die genaueste Beschreibung, die er machen konnte, war, da? diese Arzte in direkten Kontakt mit der Seele des Patienten traten.

„O mein Gott!“ stohnte Edwards auf. „Sonst noch was.?“

„Beten Sie oder machen Sie nur Ihren Gefuhlen Luft?“ fragte Conway.

Der Major grinste und fuhr dann ernst fort: „Wenn Ihr Freund das Wort „Seele“ gebraucht, dann nur deshalb, weil Ihr Hospitalcomputer dieses Wort mit einer entsprechenden Bedeutung in der Sprache vom Fleischklo? gespeichert hat. Sie mussen das Hospital lediglich uber Funk bitten herauszufinden, was sich dieses riesige Elektronengehirn unter einer Seele noch vorstellt.“

„Dann wurde O’Mara nur wieder anfangen, sich um meinen Geisteszustand zu sorgen.“, entgegnete Conway.

Als die Antwort eintraf, hatte Captain Williamson bereits die nicht zur Obrigkeit gehorenden Bewohner des Fleischklo?es erfolgreich um Verzeihung gebeten, und Surreshun die vollkommene Fremdheit der Terrestrier in solch leuchtenden Farben ausgemalt, da? man sich ihres Willkommens sicher sein konnte. Die Descartes war jedenfalls gebeten worden, in der Umlaufbahn zu bleiben, bis ein geeignetes Landegebiet abgesteckt und geraumt sein wurde.

„Hiernach ist die Definition des Computers von „Seele“ einfach „das Vorhandensein von Lebensprinzipien““, sagte Edwards, als er Conway den Durchschlag der Nachricht reichte. „O’Mara sagt, die Programmierer wollten ihn nicht durch religiose und philosophische Faktoren verwirren, was die Unsterblichkeit oder Sterblichkeit der Seele einschlie?en wurde. Fur den Ubersetzungscomputer hat etwas, das lebt, eine Seele. Anscheinend stellen die Arzte vom Fleischklo? also direkten Kontakt mit dem „Lebensprinzip“ ihrer Patienten her.“

„Gesundbeten, glauben Sie?“

„Ich wei? es nicht, Doktor“, antwortete Edwards. „Mir scheint, Ihr Chefpsychologe ist diesmal keine gro?e Hilfe. Und wenn Sie jetzt glauben, ich wurde Ihnen helfen, indem ich Ihnen noch einmal Surreshuns Band einspiele, dann sind Sie falsch gewickelt.“

Conway war uber das normale Aussehen des Fleischklo?es — so, wie man ihn aus der Umlaufbahn wahrnahm — uberrascht. Erst als sich das Schiff weniger als funfzehn Kilometer von der Oberflache befand, wurden die Unebenheiten und langsamen Zuckungen der gewaltigen Teppiche aus tierischem Gewebe sichtbar, die uber die Landflache krochen, und die unnaturliche Starrheit der dickflussigen, suppenartigen Meere. Nur entlang der Kuste herrschte reges Leben. Dort schlugen im Wasser lebende gro?e und kleine Raubtiere das Meer zu gelbgrunem Schaum auf und zerrten und rissen an dem lebenden Kustenstreifen, wahrend sich das „Land“ genauso brutal zur Wehr setzte.

Ungefahr drei Kilometer von einem friedlichen Uferstreifen entfernt landete die Descartes in der Mitte eines Gebiets, das durch Schwimmblasen in leuchtenden Farben markiert worden war, und verschwand dabei vollig in einer Dampfwolke, die von den Heckdusen erzeugt wurde. Als das Heck die Oberflache durchbrach, verringerte man den Schub, und das Schiff kam sanft auf dem sandigen Meeresboden zum Stillstand. Als das von den Heckdusen erzeugte kochende Wasser, mit der Stromung langsam davongetrieben war, kamen Surreshuns Artgenossen im wahrsten Sinne des Wortes angeeiert.

Wie gro?e durchweichte Doughnuts rollten sie aus dem flussigen, grunen Nebel heraus, an den Rumpf heran und dann immer um das Schiff herum. Wenn ihnen Felsvorsprunge oder stachelige Seegewachse im Weg waren, rollten sie wackelnd und schwerfallig darum herum und legten sich manchmal fur einen Augenblick fast flach hin, wenn sie gezwungen waren, sich in die entgegengesetzte Richtung zu drehen. Doch immer behielten sie ihre konstante Rollgeschwindigkeit bei und achteten auf eine gro?tmogliche Entfernung voneinander.

Conway wartete einen angemessenen Zeitraum, bis er Surreshun gestattete, sich die Rampe hinunterzurollen und sich von seinen „Nicht“-Freunden anstandig willkommen hei?en zu lassen. Er selbst trug einen leichten Anzug, der mit dem in der Wasseratmerabteilung des Hospitals verwendeten Typ identisch war — dies tat er allerdings nicht nur zu seinem eigenen Wohlbefinden, sondern auch um den Bewohnern des Planeten so viel wie moglich von seinem fur sie seltsam geformten Korper zu zeigen. Als er schlie?lich von der Rampe sprang und langsam auf den Meeresboden zusank, horte er der Stimme Surreshuns zu und nahm auch die ubersetzten Laute der „VIPs“ und der etwas lauteren Mitglieder seiner Spezies wahr, von denen der Pilot umringt wurde.

Als der den Grund beruhrte, dachte er zuerst, er wurde angegriffen. Jedes Wesen in der Nahe des Schiffs versuchte, so dicht wie moglich an ihm vorbeizurollen und ihm dabei etwas zu sagen. Das Anzugmikrofon empfing die Laute als gurgelndes Grunzen, aber der Translator ubertrug es,

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