vom Rucken. Gleichzeitig holte eine Dornenpflanze nach seinen Beine aus und zerfetzte den Anzugstoff an einem Dutzend Stellen. Conway spurte, wie das kalte Wasser an den Beinen entlang in seinen Anzug eindrang, und unter der Haut empfand er ein Gefuhl, als wurde ihm flussiges Feuer durch die Adern rinnen. Er erhaschte einen fluchtigen Blick von Camsaug, der wie ein unbelehrbarer Idiot auf eine Qualle zurollte. Und ein zweites dieser Lebewesen sank wie eine schillernde Wolke auf ihn selbst herab. Wie schon zuvor bei Camsaug waren die Laute, die jetzt Conway von sich gab, nicht ubersetzbar.

„Doktor!“ Die Stimme war wegen ihrer Eindringlichkeit so schrill, da? er sie nicht erkennen konnte. „Was geht da unten vor?“

Conway wu?te es selbst nicht und konnte sowieso nicht reden. Sein Anzug war zum Schutz gegen eine mogliche Beschadigung in irgendeiner schadlichen Atmosphare oder im All in ringformige Abschnitte unterteilt, die eine aufgerissene Stelle abdichteten, indem sie sich ausdehnten und sich fest gegen die Haut pre?ten. Die Idee dabei war, einen Druckabfall oder eine Verseuchung durch Gase an der Schadstelle zu stoppen — doch in diesem Fall wirkten die ausgedehnten Ringe gleichzeitig als Aderpresse, die das Vordringen des Gifts in seinem Blutkreislauf verlangsamten. Trotzdem konnte Conway weder Arme noch Beine und nicht einmal den Unterkiefer bewegen. Sein Mund stand jedoch offen, und er konnte immerhin atmen — wenn auch nur sehr schwach.

Die Qualle befand sich direkt uber ihm. Ihre Rander bogen sich nach unten, legten sich uber seinen Korper und hullten ihn in einen fast unsichtbaren Kokon.

„Doktor! Ich komme runter!“ Es klang wie Edwards.

Conway spurte, wie irgend etwas mehrmals auf seine Beine einstach, und stellte fest, da? die Qualle Stacheln oder Dornen hatte und sie dort einsetzte, wo der Stoff seines Anzugs von der Pflanze aufgerissen worden war. Verglichen mit dem brennenden Gefuhl in den Beinen war der Schmerz zwar relativ gering, aber es beunruhigte ihn, weil die Stiche sehr nah an den Enden der Oberschenkelvenen und — arterien zu sein schienen. Mit gewaltiger Anstrengung bewegte er den Kopf, um zu sehen, was vor sich ging, doch in dem Moment wu?te er es bereits, und der durchsichtige Kokon farbte sich leuchtendrot.

„Doktor! Wo sind Sie? Ich kann Camsaug herumrollen sehen. Sieht aus, als wenn er in eine rosa Plastiktute gewickelt ist. Genau uber ihm befindet sich ein gro?er roter Ball aus irgendeinem Material.“

„Das bin ich.“, begann Conway schwach.

Der scharlachrote Schleier um ihn herum hellte sich fur einen Augenblick auf. Etwas Gro?es und Dunkles huschte an ihm vorbei, und Conway spurte, wie er sich mehrere Male kopfuber drehte. Die Rote um ihn herum wurde wieder lichtdurchlassiger.

„Das war ein Plattfisch“, sagte Edwards. „Ich hab ihn mit meinem Laser verjagt. Doktor?“

Jetzt konnte Conway den Major zum erstenmal sehen. Edwards trug einen schweren Anzug, der ihn zwar vor den Dornen- und Stachelgewachsen schutzte, genaues Schie?en jedoch schwierig machte — seine Waffe schien direkt auf Conway gerichtet zu sein. Dieser nahm instinktiv die Hande hoch und bemerkte, da? sich seine Arme wieder leicht bewegen lie?en. Er konnte auch den Kopf drehen, seinen Rucken beugen, und die Beine taten weniger weh. Als er sie in der Kniegegend begutachtete, waren sie dort zwar leuchtendrot, aber der Korper der Qualle schien nur um seine Beine herum weniger durchsichtig zu sein.

Au?erst merkwurdig!

Er sah wieder durch den Kokon hindurch zu Edwards hinuber und dann auf das unbeholfen und gefahrlich langsam wirkende Rollen des eingewickelten Camsaug, und plotzlich ging ihm ein gewaltiges Licht auf.

„Schie?en Sie blo? nicht, Major“, sagte er schwach, aber mit Nachdruck. „Bitten Sie den Lieutenant, das Rettungsnetz abzuwerfen. Hieven Sie uns beide zum Hubschrauber hoch, und ffiegen Sie uns dann zur Descartes. Schnell! Naturlich nur, wenn mein Freund hier in der Luft uberleben kann. In dem Fall schleppen Sie uns lieber gleich unter Wasser zur Descartes — mein Luftvorrat reicht noch. Aber seien Sie sehr vorsichtig, da? Sie ihn nicht verletzen.“

Edwards und Harrison wollten naturlich wissen, was er da eigentlich redete, und nach einer knappen Erklarung fugte er hinzu: „Wie Sie sehen, ist diese Qualle nicht nur mein Kollege, die Fleischklo?-Entsprechung eines Arztes also, sondern ich habe ihr auch mein Leben zu verdanken. Zwischen uns besteht eine enge personliche Bindung — man konnte fast sagen, wir sind Blutsbruder.“

Der Fleischklo?

Conway hatte sich wahrend des gesamten Ruckflugs zum Hospital uber das Problem des Fleischklo?es Gedanken gemacht, doch erst in den letzten zwei Stunden nahm dieser Vorgang konstruktive Zuge an. Das war der Zeitpunkt gewesen, als er sich endlich selbst eingestanden hatte, da? er das Problem allein nicht losen konnte, und damit begonnen hatte, an Namen und berufliche Fahigkeiten von einigen der terrestrischen und extraterrestrischen Wesen zu denken, die ihm moglicherweise dabei behilflich sein konnten, eine Losung zu finden. Weil er sich gerade auf so angestrengte und konstruktive Art Gedanken machte, bemerkte er gar nicht, da? sich ihr Schiff schon die vorgeschriebenen drei?ig Kilometer vom Hospital entfernt materialisiert hatte, bis die ausdruckslose Translatorstimme der Anmeldezentrale aus dem Lautsprecher des Kontrollraums schepperte.

„Identifizieren Sie sich bitte. Patient, Besucher oder Mitarbeiter? Und welche Spezies?“

Der Lieutenant des Korps, der das Schiff flog, sah nach hinten zu Conway und Edwards, dem medizinischen Offizier des Mutterschiffs, und zog eine Braue hoch.

Edwards rausperte sich nervos und antwortete: „Hier ist Aufklarungsschiff Dl-835, Anlandungs- und Kommunikationsschiff des Vermessungs- und Kontaktschiffs des Monitorkorps mit Namen Descartes. Wir haben vier Besucher und einen Personalangehorigen an Bord. Drei sind menschlich, und zwei sind geburtige Dramboner, die verschiedenen Spezies angehoren.“

„Teilen Sie bitte die physiologischen Klassifikationen mit, oder stellen Sie vollen Sichtkontakt her. Alle intelligenten Spezies nennen sich selbst menschlich und betrachten andere als nichtmenschlich. Deshalb ist es vollig belanglos, wie Sie sich selbst nennen, insbesondere was Ihre Unterbringung und Ihren Weitertransport im Hospital angeht.“

Edwards schaltete das Mikrofon stumm und fragte Conway hilflos: „Was wir sind, wei? ich ja; aber wie zum Teufel soll ich diesem medizinischen Burokraten Surreshun und diese andere Gestalt beschreiben?“

Conway betatigte mit dem Daumen die Sprechtaste und sagte: „Dieses Schiff enthalt drei Terrestrier der physiologischen Klassifikation DBDG. Es handelt sich um Major Edwards und Lieutenant Harrison vom Monitorkorps und mich, Chefarzt Conway. Wir befordern zwei drambonische Bewohner. Drambo ist der einheimische Name des Planeten, der bei Ihnen vielleicht noch unter der Bezeichnung Fleischklo? aufgefuhrt ist. So haben wir ihn jedenfalls genannt, bevor wir wu?ten, da? auf ihm intelligentes Leben existiert. Einer der Bewohner ist ein CLHG, ein Wasseratmer mit einem warmblutigen, auf Sauerstoff basierendem Stoffwechsel. Der zweite ist vorlaufig als SRJH einzustufen und scheint sich sowohl in Luft als auch in Wasser wohl zu fuhlen.

Der Transfer ist nicht dringend“, fuhr Conway fort. „Allerdings steckt der CLHG in einem korperlich unangenehmen Lebenserhaltungsmechanismus und wurde sich zweifellos auf einer unserer wassergefullten Ebenen sehr viel wohler fuhlen, weil er dort normal herumrollen kann. Konnen Sie uns an Schleuse dreiundzwanzig oder vierundzwanzig andocken lassen?“

„Schleuse dreiundzwanzig, Doktor. Benotigen die Besucher fur den Transfer spezielle Transport- oder Schutzvorrichtungen?“

„Nein.“

„Na gut. Unterrichten Sie bitte die Abteilung fur Ernahrungsfragen uber Nahrungs- und Flussigkeitsbedarf sowie die Periodizitat der Mahlzeiten. Ihre Ankunft ist bereits zur Kenntnis genommen worden, und Colonel Skempton wurde Major Edwards und Lieutenant Harrison gerne so bald wie moglich sehen. Und Major O’Mara mochte Doktor Conway sogar umgehend sprechen.“

„Danke.“ An Edwards gerichtet sagte er: „Wenn man nicht in einem Hospital mit vielfaltigen Umweltbedingungen arbeitet, kommt man normalerweise immer nur mit Extraterrestrier einer Spezies zur gleichen Zeit zusammen und bezeichnet sie nach ihrem Herkunftsplaneten. Aber hier, wo die schnelle und genaue Kenntnis der physiologischen Beschaffenheit ankommender Patienten lebenswichtig ist, weil die sich allzuoft nicht in dem Zustand befinden, diese Informationen selbst geben zu konnen, haben wir das aus vier Buchstaben bestehende Klassifikationssystem entwickelt. Ganz kurz gefa?t funktioniert es folgenderma?en.

Вы читаете Gro?operation
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату