nach den anderen Problemen zu fragen.“
Conway antwortete: „Wir werden wahrend dieser gro?angelegten medizinischen Untersuchung vor Ort fachlichen Rat benotigen. Das hei?t, wir brauchen Arzte, Schwestern und medizinische Techniker, die Erfahrung in der Bearbeitung und Analyse von Proben der verschiedensten Spezies haben. Ich werde Thornnastor uberreden mussen, mir einen Teil seines Pathologiepersonals zur Verfugung zu stellen.“
Prilicla rutschte plotzlich zur Seite und steckte beinahe eins seiner bleistiftdunnen Beine in Mannons Nachtisch. Er zitterte leicht, wahrend er flog, ein sicheres Zeichen, da? irgend jemand am Tisch heftige und komplizierte Gefuhle ausstrahlte.
„Ich bin zwar immer noch nicht Prilicla“, sagte Mannon, „aber nach dem Verhalten unseres empathischen Freunds vermute ich, Sie suchen noch eine viel engere Verbindung mit der pathologischen Abteilung und im besonderen mit einer frischgebackenen Pathologin namens Murchison und versuchen, diese Verbindung zu rechtfertigen. Hab ich recht, Doktor?“
„Meine Gefuhle sollten eigentlich vertraulich bleiben“, antwortete Conway und blickte Prilicla an.
„Ich hab kein einziges Wort gesagt“, entschuldigte sich Prilicla, der immer noch Schwierigkeiten hatte, ein ruhiges Schweben beizubehalten.
Edwards fragte: „Wer ist Murchison?“
„Oh, ein weibliches Wesen der terrestrischen Klassifikation DBDG“,
erklarte Gareth durch seinen Translator. „Einst eine au?erst fahige Schwester mit einer uber mehr als drei?ig verschiedene Lebensformen umfassenden OP-Erfahrung, die sich kurzlich als Pathologin in leitender Position qualifiziert hat. Ich personlich hab sie als angenehm und freundlich empfunden, und zwar so sehr, da? ich in der Lage bin, die fur mich korperlich absto?enden Fettpolster zu ubersehen, von denen ein nicht unbetrachtlichen Teil ihrer Muskulatur uberzogen ist.“
„Und die wollen Sie wirklich mit auf den Planeten nehmen, Conway?“ hakte Edwards nach. Das Monitorkorps und seine Offiziere hatten sehr altmodische Vorstellungen uber gemischte Besatzungen, selbst bei langfristig angelegten Expeditionen.
„Nur dann, wenn wenigstens halbwegs die Moglichkeit dazu besteht“, sagte Mannon ernst.
„Sie sollten die Frau heiraten, Conway.“
„Das hat er schon.“
„Oh.“
„Das Orbit Hospital ist in mehrerer Hinsicht eine sehr merkwurdige Anstalt, Major“, erlauterte Mannon lachelnd, „voll von seltsamen und eigenartigen Brauchen. Nehmen Sie zum Beispiel Sex. Fur eine gro?e Anzahl der Lebewesen hier ist er entweder ein fortwahrender unwillkurlicher Proze? und so geheimnisvoll und stimulierend wie der Atmungsvorgang, oder er ist ein physiologisches Erdbeben, das sie im Jahr vielleicht drei Tage lang erschuttert. Solche Wesen sind von den fur sie verwirrenden Komplikationen und den rituellen Verhaltensweisen befremdet, die bei unserer Spezies mit der Bildung von Paaren und der Paarung selbst verbunden sind — obwohl zugegebenerma?en einige Aliens ein Sexualleben fuhren, gegen das unsere Fortpflanzungsmethode so schlicht wie eine Pollenbestaubung wirkt.
Aber das Argument, das ich anzubringen versuche“, fuhr Mannon fort, „ist, da? die uberwaltigende Mehrheit der ETs im Hospital einfach nicht versteht, warum das Weibchen unserer Spezies ihre Identitat verlieren und das Kostbarste von allen Besitztumern hergeben sollte: ihren Namen. Fur viele von ihnen riecht das leicht nach Sklaverei oder zumindest nach Burger zweiter Klasse, und fur den Rest nach purer Dummheit. Sie begreifen nicht, warum eine terrestrische Arztin, Schwester oder Technikerin aus rein emotionalen Grunden ihre Identitat wechseln und einen Namen annehmen sollte, der zu einem anderen Wesen gehort — und das kann der Computer, der die Unterlagen uber die Burger speichert, ebenfalls nicht, wenn es dazu kommt. Deshalb behalten die Frauen ihren gewohnheitsma?igen Namen bei, so, wie Schauspielerinnen und ahnlich beruflich engagierte Frauen, und achten sehr darauf, ihn immer zu benutzen, um Identitatsunklarheiten bei ETs zu vermeiden, die.“
„Er hat verstanden, worum es geht“, unterbrach ihn Conway ungeduldig. „Aber es ware schon, wenn Sie irgendwann einmal den Unterschied zwischen hauslich und beruflich engagierten Frauen erklaren wurden.“
„Sie benehmen sich naturlich im Privatleben unterschiedlich“, fuhr Mannon fort, indem er Conway gar nicht beachtete. „Einige sind moralisch sogar derart verdorben, da? sie sich wie vor Jahrhunderten gegenseitig mit ihren Vornamen ansprechen.“
„Wir brauchen ein Pathologenteam“, sagte Conway, der nun seinerseits Mannon uberhorte. „Aber noch dringender benotigen wir medizinische Hilfe vor Ort. Surreshuns Volk kann uns aus physiologischen Grunden nur moralische Unterstutzung geben, das hei?t, alles hangt davon ab, die Mitarbeit unserer blutegelartigen Freunde zu gewinnen. Und hier treten Sie auf den Plan, Prilicla. Sie haben die emotionale Strahlung des SRJHs wahrend der Versammlung uberwacht. Haben Sie irgendwelche Vorstellungen gewonnen?“
„Leider nicht, mein Freund“, antwortete der Empath. „Der drambonische Arzt war zwar wahrend des gesamten Treffens wach und bei Bewu?tsein, aber er hat auf nichts reagiert, was gesagt oder getan wurde, oder sich mit konzentriertem Denken beschaftigt. Er hat nur Gefuhle der Behaglichkeit, Sattigung und Selbstzufriedenheit ausgestrahlt.“
„Das mit der Kelgianerin hat er ja auch sauber hingekriegt“, mischte sich Edwards ein, „und als professioneller Blutsauger hat er sich eben ungefahr einen halben Liter Blut abgezapft.“
Prilicla wartete hoflich das Ende der Unterbrechung ab und fuhr dann fort: „Es war eine sehr kurze Verstarkung des Interesses feststellbar, als die Versammlungsteilnehmer zum erstenmal das Zimmer betreten haben. Die Emotion bestand jedoch nicht aus Neugier, sondern ahnelte eher einer fur die fluchtige Identifizierung der Anwesenden notwendigen Steigerung des Bewu?tseins.“
„Gab es irgendwelche Anzeichen, da? ihn der Flug hierher angegriffen hat?“ fragte Conway. „Oder seine korperlichen oder geistigen Fahigkeiten beeintrachtigt hat oder irgend etwas anderes in der Art?“
„Er hat nur zufriedene Gedanken gehabt“, antwortete Prilicla, „deshalb wurde ich sagen, nein.“
Sie sprachen noch eine Weile uber den drambonischen Arzt, und als sie schlie?lich im Begriff waren, die Kantine zu verlassen, sagte Conway zu Prilicla: „O’Mara wird bestimmt froh sein, wenn Sie ihm dabei behilflich sind, unseren blutsaugenden Freund durch seine psychologische Mangel zu drehen. Deshalb ware ich Ihnen dankbar, wenn sie die emotionale Strahlung des SRJHs uberwachen konnten, wahrend der Kontakt hergestellt wird. Der Major will vielleicht warten, bis die Verstandigung vollstandig klappt und fur den Dramboner ein spezieller Translator programmiert worden ist, bevor er mit mir Verbindung aufnimmt. Aber ich wurde gern jede brauchbare Information erhalten, sobald Sie irgend etwas uber SRJH herausbekommen haben.“
Drei Tage spater, als er gerade mit Edwards und dem ersten Trupp von neuen Mitarbeitern — einer sehr sorgfaltig ausgewahlten Handvoll Leute, die durch ihren Enthusiasmus, so hoffte er, noch viele andere anziehen und in der Arbeit unterweisen wurden — an Bord der Descartes gehen wollte, fing die Lautsprecheranlage an, Dr. Conway mit stiller Beharrlichkeit zu bitten, sofort mit Major O’Mara in Verbindung zu treten. Dabei wurde ihre Hartnackigkeit noch durch den doppelten Gongton verstarkt, der den meisten dringenden Nachrichten vorausging. Conway gab den anderen durch einen Wink zu verstehen, schon einmal voranzugehen und begab sich zum Schleusenkommunikator.
„Freut mich, da? ich Sie noch erwischt hab“, sagte der Chefpsychologe, bevor Conway mehr tun konnte, als sich zu melden. „Sie sollen zuhoren und nicht reden. Prilicla und ich kommen mit Ihrem drambonischen Arzt nicht weiter. Er strahlt zwar Emotionen aus, aber wir konnen ihn fur nichts begeistern. Deshalb sind wir nicht mal in der Lage festzustellen, was er mag und was nicht.
Wir wissen zwar, da? er sieht und empfindet“, fuhr O’Mara fort, „aber wir sind uns nicht sicher, ob er horen oder sprechen kann und wie er es bewerkstelligt, falls er es konnen sollte. Prilicla glaubt, er besitzt vielleicht schwach ausgebildete empathische Fahigkeiten, doch bevor wir nicht ein paar krause Gefuhlswellen auf seinem ansonsten spiegelglatten Gemut erzeugen konnen, gibt es keine Moglichkeit, das zu beweisen. Ich gebe mich keineswegs geschlagen, Conway, aber Sie haben uns da ein Problem aufgehalst, das vielleicht eine ganz einfache Losung hat.“
„Haben Sie es mit dem gedankengesteuerten Werkzeug probiert?“
„Das war die erste, zweite und achtundzwanzigste Sache, die wir ausprobiert haben“, entgegnete O’Mara griesgramig. „Prilicla hatte dabei jedesmal ein ganz leicht gesteigertes Interesse wahrgenommen, das, wie er sagte, dem Erkennen eines vertrauten Gegenstands entsprach. Aber der Dramboner hat keinen Versuch unternommen, das Gerat zu steuern oder anderweitig zu benutzen. Ich hab ja schon gesagt, da? Sie uns ein ganz schones Problem aufgehalst haben. Vielleicht ware es fur Sie die einfachste Losung, uns noch so eins