das Meer rutschte, dann brach sie einfach ab und sank auf den Meeresboden, wo sie einen e?baren Teppich fur die rollenden Dramboner bildete.

Bestimmte Gebiete konnten naturlich aus dem gleichen Grund nicht operativ behandelt werden, aus dem Shylock auf sein Pfund Fleisch verzichten mu?te. Das waren relativ kleine Problemzonen weit im Inland, deren Zustand schwerem Hautkrebs entsprach; doch durch begrenzte Operationen und unglaublich hohe Dosen verschiedener Spezialpraparate sollte man auch dort allmahlich erste gute Resultate erzielen konnen.

„Aber ich verstehe die Feindseligkeit dieser Kreatur uns gegenuber immer noch nicht“, sagte Murchison nervos, als das Schiff gerade ins Trudeln geriet und eine Menge Hohe verlor. „Schlie?lich kann sie unmoglich genug uber uns wissen, um uns so zu hassen.“

Das Schiff flog uber ein abgestorbenes Gebiet, wo die Augenpflanzen verfarbt und leblos waren und nicht auf den Schiffsschatten reagierten. Conway fragte sich, ob die gewaltige Kreatur Schmerz empfinden konnte, oder ob sie einfach die Empfindung verlor, wenn Teile von ihr starben. Fur jede andere Lebensform, auf die er je gesto?en war — und er hatte im Orbit Hospital ein paar wirklich seltsame Lebewesen kennengelernt — bedeutete das Weiterleben Freude, und der Tod brachte Schmerzen mit sich. Auf diese Weise hielt die Evolution eine Spezies davon ab, sich einfach hinzulegen und zu sterben, wenn das Leben zur Strapaze wurde. Deshalb hatte die Schichtkreatur ziemlich sicher Schmerzen empfunden, au?erst starke Schmerzen uber Hunderte von Quadratkilometern, als die rollenden Dramboner ihre Nuklearwaffen gezundet hatten. Sie mu?ten mehr Schmerzen als genug erlitten haben, um vor Ha? verruckt zu werden.

Conway schreckte innerlich vor der Vorstellung eines solch gewaltigen und unvorstellbaren Schmerzes zuruck. Ihm wurden langsam mehrere Dinge ganz klar.

„Du hast recht“, sagte er. „Diese Wesen wissen zwar uberhaupt nichts uber uns, aber sie hassen unsere Schatten. Diese Kreatur ha?t die Schatten ganz besonders, weil das Flugzeug, das mit den Atombomben der rollenden Dramboner bestuckt war, einen ahnlichen Schatten geworfen hat wie unser Schiff, kurz bevor gro?e Gebiete des Patientenkorpers gebraten und verstrahlt worden sind.“

„Wir landen in vier Minuten“, gab Harrison plotzlich bekannt. „Und zwar, so leid es mir tut, an der Kuste, weil dieser Kubel zu viele Locher hat, um zu schwimmen. Die Descartes hat uns auf dem Radarschirm und schickt einen Hubschrauber.“

Als Conway das Gesicht des Piloten sah, mu?te er gegen den Drang ankampfen zu lachen. Er sah wie ein ungeschminkter Clown aus — durch die hemmungslose Konzentration hatten sich Harrisons Brauen zu einem lacherlich finsteren Ausdruck verzogen, wahrend sich die Unterlippe, an der er seit dem Start standig geknabbert hatte, zu einem breiten, blutroten Bogen guter Laune verzogen hatte.

„Die Werkzeuge konnen in dieser Gegend nicht arbeiten“, sagte Conway, „und au?er einer geringen Reststrahlung, die der Fallout verursacht hat, besteht keine Gefahr. Sie konnen also sicher landen.“

„Ihr Vertrauen in meine beruflichen Fahigkeiten ist wirklich ruhrend“, entgegnete der Pilot.

Sie gingen von dem unausgeglichenen Flugzustand mit dem Heck voran in einen kaum kontrollierten Sturzflug uber. Zuerst kroch der Boden auf sie zu, dann scho? er ihnen entgegen. Harrison bremste den Sturz mit vollem Notschub ab. Es entstand ein Hollenlarm von rei?endem Metall, und die restlichen Lampen auf dem Kontrollpult leuchteten rot auf.

„Harrison, bei Ihnen fallen ja ganze Teile ab.“, konnte der Funker der Descartes gerade noch berichten, dann setzten sie auf.

Noch tagelang danach sollten sich die Beobachter daruber streiten, ob es sich um eine Landung oder um einen Absturz gehandelt hatte. Die sto?dampfenden Beine verbogen sich, der Heckteil absorbierte noch mehr von dem Sto?, als er versuchte, sich mittschiffs zusammenzuschieben, und den Rest fingen die Beschleunigungsliegen ab — selbst dann noch, als das Schiff umfiel, auf die Seite krachte und ein breiter, flimmernder Keil aus Tageslicht kaum einen Meter von den Insassen entfernt in der Au?enhaut auftauchte. Der Rettungshubschrauber befand sich bereits uber ihnen.

„Alles nach drau?en“, befahl Harrison. „Der Schutzschild des Nuklearantriebs ist beschadigt worden.“

Conway blickte auf den toten und verfarbten Boden um sie herum und dachte wieder an seinen Patienten. Fast wutend sagte er: „Ein bi?chen mehr Strahlung macht in dieser Gegend sowieso keinen gro?en Unterschied mehr.“

„Fur Ihren Patienten nicht“, erwiderte der Lieutenant eindringlich. „Aber ich hab — vielleicht ein wenig selbstsuchtig — an meine zukunftigen Nachkommen gedacht. Nach Ihnen.“

Wahrend des kurzen Flugs zum Mutterschiff starrte Conway schweigend aus der Luke neben sich und versuchte verzweifelt, keine Angst zu haben und sich nicht uberfordert zu fuhlen. Seine Furcht war eine Reaktion auf das, was leicht ein todlicher Absturz hatte werden konnen, und wurde zusatzlich von dem Gedanken an einen noch gefahrlicheren Flug verstarkt, den er innerhalb weniger Tage wurde unternehmen mussen. Und kein Arzt mit einem Patienten, der sich in allen Richtungen uber die Grenzen der normalen Sichtweite hinaus erstreckte, konnte etwas dafur, wenn er sich selbst nur noch winzig dagegen vorkam. Er war blo? eine einzelne Mikrobe, die versuchte, einen ganzen Korper zu heilen. Und plotzlich sehnte er sich nach den normalen Arzt-Patienten- Beziehungen im Hospital zuruck, obwohl nur sehr wenige seiner Patienten oder Kollegen als normal eingestuft werden konnten.

Er fragte sich, ob es nicht besser gewesen ware, einen General zum Direktor einer medizinischen Universitat zu ernennen, als einem Arzt die Befehlsgewalt uber das Untergeschwader eines ganzen Sektors zu geben.

Nur sechs der schweren Kreuzer des Monitorkorps standen auf der Planetenoberflache, und ihre Landebeine steckten fest in den seichten Stellen ein paar Kilometer von den toten Abschnitten der Kuste entfernt. Die ubrigen Kreuzer fullten den Morgen- und Abendhimmel wie zu einem Regiment geordnete Sterne. Conways Arzteteams waren rings um die auf dem Boden stehenden Schiffe gruppiert, die wie graue Bienenstocke aus dem dickflussigen, suppenartigen Meer emporragten. Die Terrestrier wie er selbst wohnten an Bord, wahrend die ETs, von denen keiner reine Luft atmete, ganz zufrieden damit waren, in primitiver Art auf dem Meeresboden zu leben.

Er hatte die, wie er hoffte, letzte Versammlung vor der Operation im Laderaum der Descartes einberufen. Der Laderaum war mit drambonischem Meerwasser gefullt, dessen Gehalt an tierischem und pflanzlichen Leben herausgefiltert worden war, damit der Lichtstrahl des Projektors eine faire Chance hatte, sich den Weg zu der an den vorderen Schotts befestigten Leinwand zu erkampfen.

Das Protokoll verlangte, da? die anwesenden Dramboner die Veranstaltung eroffneten. Wahrend Conway ihren Sprecher Surreshun beobachtete, der wie ein gro?er, schlaffer Doughnut im freien Raum in der Mitte des Decks umherrollte, fragte er sich erneut, wie eine solch empfindliche und leicht verwundbare Spezies in der Lage gewesen war, zu uberleben und eine hochst vielschichtige, auf Technologie beruhende Kultur zu entwickeln — obwohl es naturlich sehr gut moglich war, da? ein intelligenter Dinosaurier ahnliche Gedanken uber den Menschen haben konnte.

Auf Surreshun folgte Gareth, der hudlarische Chefarzt, der fur die medizinische Behandlung des Patienten verantwortlich war. Garoths Hauptsorge galt der Entwicklung und Durchfuhrung der kunstlichen Ernahrung in Gebieten, wo die vorzunehmenden Einschnitte die Rachentunnel zwischen den Kustenmaulern und den Vormagen im Inland durchtrennen wurden. Daruber hinaus sagte er im Gegensatz zu Surreshun nicht gerade viel, sondern lie? den Projektor die Erklarungen ubernehmen.

Die gro?e Leinwand fullte sich mit dem Bild von einem als Speiserohre fungierendem Hilfsschacht, der ungefahr drei Kilometer landeinwarts von der geplanten Einschnittlinie entfernt lag. Alle paar Minuten setzte ein Hubschrauber oder kleines Versorgungsschiff auf dem Boden neben dem Schacht auf, loschte seine Ladung, die aus toten Tiere von den seichten Stellen vor den Kusten bestand, und startete wieder. Gleichzeitig schoben Angehorige des Korps mit Frontladern und Planierraupen die Nahrung uber den Rand der kunstlichen Mauloffnung. Vielleicht entsprachen Menge und Qualitat nicht ganz der normalerweise eingesogenen Nahrung, doch wenn man den Rachen wahrend der Gro?operation versiegelte, wurde das die einzige Moglichkeit sein, gro?e Teile des Patienten mit Nahrung zu versorgen.

Bei einer Operation von dieser Gro?enordnung waren aseptische Verfahren unmoglich. Pumpanlagen, die das Meerwasser von der Kuste durch riesige Plastikrohrleitungen ansaugten, versorgten den Schlund mit Wasser — wenn die Rohre nicht gerade von einem der drambonischen Werkzeuge durchtrennt worden waren. Sie pumpten einen standigen Strom in den Nahrungsschacht und versorgten die Schichtkreatur mit der benotigten Funktionsflussigkeit und benetzten gleichzeitig die Innenwande des kunstlichen Schlunds, damit man von Zeit zu Zeit „Leukozyten“ hinunterrutschen lassen konnte, um die Auswirkungen gefahrlicher Pflanzen zu bekampfen, die

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