sich. Viola Dessing konnte den Bereich von Kramsch mit ubernehmen. Als Leiterin hat man da bestimmt nicht so viel zu tun, schlie?lich gibt es genug Mitarbeiter, die die Arbeit erledigen. Wenn sie zwei Bereiche leitet, kann sie eine ordentliche Gehaltserhohung fordern. Solange sie nicht das doppelte Gehalt bekommt, spart der Verband immer noch etliche Tausend Euro im Jahr. Wiesmann … der bleibt auf seinem Posten, weil er da eine ruhige Kugel schieben kann. Die Abteilungen liefern ihm die Zahlen, er muss sie nur an der richtigen Stelle in der Tabelle einsetzen, und drei Tastendrucke spater zaubert er Listen, Statistiken und Grafiken aus dem Drucker. Die Uberwachung der Ausgaben ist eigentlich auch nicht viel Arbeit. Ich meine, was soll denn das? Er bekommt einen Antrag fur eine Anschaffung vorgelegt, er uberpruft, ob die im Haushalt vorgesehen ist und ob der Betrag den veranschlagten Kosten entspricht. Wenn das nicht der Fall ist, lehnt er den Antrag ab, und die Sache hat sich fur ihn erledigt …«

Tobias verzog in gespieltem Selbstmitleid den Mund. »Wei?t du was? Ich glaube, ich habe den falschen Job.« Dann meinte er lobend: »Das ist eine gute Theorie, wei?t du das? Ein solches Komplott konnte gut funktionieren, weil einer den anderen in der Hand hat und weil jeder vom anderen profitiert. Sie waren allesamt bald Assmann los und konnten sich gegenseitig in die Tasche wirtschaften. Das einzige Problem dabei …«

»Wie soll man’s ihnen nachweisen?«, beendete sie seufzend seinen Satz.

»Richtig. Das ubersteigt unsere Moglichkeiten, denn dafur musste ein Richter Durchsuchungsbefehle ausstellen, damit bei den vieren zu Hause und in den Buros alles auf den Kopf gestellt werden kann.«

»Selbst wenn wir Pallenberg mit dieser Theorie konfrontieren, wird der nichts unternehmen«, sagte sie. »Aber wei?t du was? Ich rufe jetzt in Bitburg auf der Polizeidienststelle an, erkundige mich nach seinem Vorgesetzten und informiere ihn im Groben uber unsere ›Ermittlungen‹. Wir haben inzwischen doch so einiges zusammengetragen, was die Polizei interessieren konnte. Vielleicht lasst sich die Sache ja beschleunigen …«

Sie stand auf, zog ihr Handy aus der Tasche und verlie? das Refektorium. Nach ungefahr zehn Minuten kehrte sie mit hangenden Schultern zuruck. »Fehlanzeige«, sagte sie und schlug mit der Hand zornig auf den Tisch. »Pallenbergs direkter Vorgesetzter war nicht mehr im Hause, und der diensthabende Beamte, den ich an der Strippe hatte, will ›dem Kollegen in Lengenich nicht vorgreifen‹, wie er mir erklarte. Offenbar hat der Mann das, was ich ihm zu sagen hatte, als das Gerede einer ubereifrigen Journalistin abgetan.«

Ein leises Klingeln unterbrach ihre Unterhaltung. Tobias druckte trostend Alexandras Arm und sah auf sein Handy. »Eine SMS von einem der Redakteure. Gut … aha … Gib mir doch mal Wildens Handynummer!«

Alexandra klickte die Anrufliste ihres Telefons an und hielt ihm das Display hin. Er tippte die Nummer ein und schickte sie dann als SMS an den Absender zuruck. »Endlich eine Spur?«, fragte sie und hielt gespannt den Atem an.

»Noch nicht, aber der Redakteur scheint etwas erreichen zu konnen, wenn er die Nummer kennt. Mal abwarten.« Tobias sah wieder auf die Notizen, die wahrend der Unterhaltungen mit Wildens Mitarbeitern entstanden waren. »Wir bleiben also vorerst auf uns gestellt. Na ja, unser Hauptproblem ist naturlich die Frage, ob die anderen die Wahrheit sagen.«

Alexandra seufzte. »Wir kommen irgendwie nicht richtig weiter.«

Tobias kniff die Augen zu und rieb sich uber das Gesicht. »Hatten wir blo? nie angefangen, uns in diese Sache einzumischen!«, murmelte er niedergeschlagen.

»Ach, fang jetzt nicht so an! Unser Problem ist nur, dass uns nicht viel Zeit bleibt. Am Montagmorgen reist Wildens Team wieder ab, und wir bleiben mit einem dummen Gesicht zuruck.«

»Wenn wir wenigstens Pallenberg von unserer Sicht der Dinge uberzeugen konnten!« Tobias schuttelte den Kopf. »Auf den Mann konnte eine Beforderung warten.«

»Wei?t du was? Wir sprechen jetzt erst mal mit Bruder Johannes«, schlug sie vor. »Vielleicht hat der inzwischen irgendetwas herausgefunden, das uns weiterhilft. Und wir konnen bestimmt einen ersten Blick auf die Daten werfen, die Bruder Andreas inzwischen verarbeitet hat. Konnte ja sein, dass wir da auf Widerspruche zu den Aussagen der Mitarbeiter sto?en.«

Kater Brown lag nach wie vor ausgestreckt auf dem Tisch und genoss die Warme der Schreibtischlampen. Er hob trage den Kopf, blinzelte und miaute leise. Alexandra ging zu ihm und streichelte ihn ausgiebig, was ihn dazu veranlasste, sich auf den Rucken zu drehen. Sie verstand den kleinen Wink und kraulte ihm den Bauch.

»So, mein Junge, das muss fur den Moment genugen«, erklarte sie. »Wir haben namlich jetzt noch etwas zu erledigen. Am besten, du wartest nachher in meinem Zimmer auf mich. Ich habe dir das Fenster offen gelassen.«

»Ich wurde mir das an seiner Stelle nicht zweimal sagen lassen«, meinte Tobias und lachte, als ein leichter Hieb mit dem Notizblock seinen Hinterkopf traf.

Kater Brown setzte sich auf und lauschte dem Gerausch der sich entfernenden Schritte. Mit verschlafenem Blick sah er sich im menschenleeren Saal um und kam zu dem Schluss, dass er Hunger hatte. Hochste Zeit, eine Kleinigkeit zu essen aufzutreiben. Zu schade, dass es fur die Menschen nur so fade Wurst und so trockenen Kase gegeben hatte, sonst hatte er sich etwas erbetteln konnen. Alexandra hatte ihm bestimmt etwas abgegeben. Wie lange sie wohl noch hierbleiben wurde? Normalerweise reisten die Gaste nach einigen Tagen wieder ab und wurden durch andere ersetzt.

Kater Brown wusste schon jetzt, dass er Alexandra sehr vermissen wurde. Er musste sich unbedingt etwas uberlegen, wie er sie noch eine Weile hierbehalten konnte. Ganz sicher wurde ihm da etwas einfallen.

Aber jetzt wollte er sich erst mal etwas zu essen suchen.

13. Kapitel

Bruder Johannes hatte Alexandra und Tobias ins Verwaltungsburo gebeten. »Ah, da sind Sie ja«, begru?te er sie freudestrahlend, als sie das modern eingerichtete Buro betraten. An einem der Schreibtische sa? Bruder Andreas und war damit beschaftigt, etwas in den Computer einzugeben. Als er die Besucher sah, nickte er ihnen kurz zu, dann vertiefte er sich wieder in seine Arbeit. »Kommen Sie herein und nehmen Sie Platz!« Der altere Monch winkte sie zu sich und fuhrte sie zu einer Sitzgruppe am linken Ende des lang gestreckten Raumes. Auf einem Sideboard stand ein gro?er Flachbildfernseher.

»Fur Videokonferenzen«, erklarte Bruder Johannes und verzog entschuldigend die Mundwinkel. »Das war auch so eine Idee unserer Bank. Diese Videokonferenzen dienen als Ersatz fur den personlichen Kontakt, weil der fur unser Hotel zustandige Kundenbetreuer keine Lust hat, regelma?ig von der Zentrale in Frankfurt hier in die ›Pampa‹ zu fahren, wie er sich gern ausdruckt.«

»Apropos Hotel«, warf Tobias ein. »Sie werden doch einen festgelegten Tagesablauf gehabt haben, bevor sich diese … Sache mit Abt Bruno ereignet hat. Also zum Beispiel bestimmte feste Zeiten, um zu beten, zu meditieren oder zu singen? Wie sieht es denn jetzt damit aus?«

»Derzeit stehen unsere Gaste im Vordergrund, und auch wenn ich das nicht zu dramatisch darstellen mochte, leidet unsere Gemeinschaft schon ein wenig darunter. Wir arbeiten im Hotel in einer Art Rotationsverfahren, sodass wir mit regelma?igen Unterbrechungen immer noch – in eingeschrankter Weise – ein monastisches Leben fuhren konnen, das von Gebet, Meditation und Gemeinschaft gepragt ist. Wir konnen uns jedoch nicht mehr einfach zuruckziehen, um das Gesprach mit Gott zu suchen, wann uns der Sinn danach steht. Ein Teil von uns hat sich immer und zuerst um die Bedurfnisse der Gaste zu kummern. Aber verstehen Sie mich bitte nicht falsch! Wir sind dankbar fur jeden Gast, der zu uns kommt. Unsere eigenen Glaubensbedurfnisse mussen eben vorerst ein wenig zuruckgestellt werden.«

»Vorerst?«

»Ja, wir hoffen, dass sich das Hotel langfristig so gut etablieren wird, dass wir nicht nur fur die Ruckzahlung des Kredits arbeiten mussen, sondern vielleicht auch Mitarbeiter einstellen konnen. Dann lie?e sich das gute alte Klosterleben fur uns alle wieder ausbauen.« Bruder Johannes lachelte milde. »Doch das ist augenblicklich noch Zukunftsmusik. Jetzt geht es erst einmal darum, dieses Hotel zum Erfolg zu fuhren, und das ist eine Aufgabe, bei der wir uns von nichts und niemandem Steine in den Weg legen lassen. Abt Bruno hatte uns fast um unser Zuhause gebracht, und wir haben viel bewegen mussen, um es zu retten.«

»Bislang ist Ihnen das doch auch ganz gut gelungen. Ist nur die Frage, wie die Offentlichkeit auf den Todesfall reagiert«, sagte Alexandra.

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