Wildens Morder schnellstmoglich uberfuhrt wird.«

»Ja, naturlich bin ich daran interessiert«, erwiderte er und wirkte mit einem Mal sehr kleinlaut.

Alexandra lachelte in die Runde. »Es dauert hoffentlich nicht lange. Frau Tonger, Ihrer Aussage nach haben Sie Herrn Wilden gegen einundzwanzig Uhr funfundvierzig aus seinem Zimmer kommen sehen.«

Die Sekretarin nickte verhalten und musterte Alexandra skeptisch.

»Ist Ihnen irgendetwas Ungewohnliches an ihm aufgefallen?«

»Ahm …« Yasmin Tonger schuttelte den Kopf. »Wenn Sie nicht etwas konkreter werden konnen, dann wei? ich gar nicht, was ich mir unter Ihrer Frage vorstellen soll.«

»Einem der Monche ist etwas an Herrn Wilden aufgefallen, das gar nicht typisch fur ihn ist«, erklarte Tobias. »Aber es ist so, wie meine Kollegin sagt: Wenn wir Ihnen verraten, was das war, werden Sie die Aussage unter Umstanden bestatigen, weil Sie sich einbilden, es auch bemerkt zu haben.«

Wieder schuttelte die Frau den Kopf. »Nein, ich glaube, mir ist nichts Besonderes aufgefallen. Ich kann mich jedenfalls an nichts Au?ergewohnliches erinnern.«

»Herr Hellinger«, wandte sich Alexandra an den nachsten Mitarbeiter. »Ihnen ist Wilden im Korridor entgegengekommen, als Sie auf dem Weg zu Ihrem Zimmer waren. Was ist Ihnen aufgefallen?«

»Nur, dass Herr Wilden den Wagenschlussel in der Hand hielt … und vielleicht noch, dass er ziemlich zielstrebig an mir vorbeigegangen ist. Aber ich fand daran nichts ungewohnlich, denn es war bereits Viertel vor zehn durch. Ich nahm an, dass er noch was aus seinem Wagen holen wollte und sich beeilen musste, um vor dem Beginn der Nachtruhe zuruck in seinem Zimmer zu sein.«

Alexandra notierte sich etwas auf dem Ausdruck, den Bruder Andreas ihr ausgehandigt hatte. »Frau Maximilian?«

Die Buchhalterin kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Ich hatte gerade meine Zimmertur aufgeschlossen, als Herr Wilden um die Ecke kam.«

»Hat er etwas gesagt?«

»Er hat mir eine gute Nacht gewunscht. Nicht von sich aus, ich habe es zuerst gesagt. Aber von ihm kam dann ein ›Gute Nacht‹ zuruck. Doch eigentlich ist daran ja nichts Ungewohnliches, oder?«

Tobias nickte und warf einen Blick in den Ausdruck. »Herr Leybold, Sie sind Ihrem Chef im Gang zum Foyer begegnet, also unmittelbar bevor er das Haus verlie?.«

»Ja, so sieht’s aus«, bestatigte der Mann. »Ich hatte mir zuvor am Empfang noch eine von diesen Broschuren geholt und darin geblattert, als er mir entgegenkam. Im ersten Moment war er mir gar nicht aufgefallen, aber dann sah ich ihn und nickte ihm zu. Er hat zuruckgenickt, und dann war er auch schon an mir vorbeigegangen.«

»Und Ihnen ist nichts aufgefallen?«

»Nein, au?er dass er dabei irgendwie gelachelt hat.«

»Irgendwie?«, hakte Alexandra sofort nach.

»Na ja, das ist … ich wei? nicht, das ist nicht so leicht zu erklaren. Es war so, als …« Leybold verstummte fur einige Sekunden, dann sagte er: »Wissen Sie, das war nicht so ein hofliches Lacheln, das Leute aufsetzen, wenn sie sich zufallig begegnen. Das Lacheln … es galt nicht mir. Das war so, als freute er sich auf irgendetwas … Ja, ich glaube, das beschreibt es am besten.«

»Ja, das stimmt«, meldete sich Hellinger zu Wort. »Ich hatte mich noch gewundert, aber dann dachte ich, dass die Landluft vielleicht ein kleines Wunder bei ihm bewirkt hat.«

»Frau Maximilian?«, wandte Alexandra sich wieder der Buchhalterin zu.

Die schuttelte den Kopf. »Dazu kann ich nichts sagen. Ich habe ihn erst im letzten Moment bemerkt, und als er mir eine gute Nacht gewunscht hat, da ging er bereits an mir vorbei. Ob er gelachelt hat? Keine Ahnung.«

»Frau Tonger?«

»Ich habe gesehen, wie er aus seinem Zimmer kam, aber zu seinem Gesichtsausdruck kann ich nichts sagen.«

Vermutlich ware es Yasmin Tonger ohnehin nicht aufgefallen, schlie?lich hatte sie Wilden privat gekannt und ihn sicherlich des Ofteren lacheln sehen.

»Ist auch nicht so schlimm«, sagte Alexandra. »Herr Leybold und Herr Hellinger haben bereits bestatigt, was ich wissen wollte.«

»Interessant«, warf Assmann spottisch ein. »Jetzt sind wir also zu der grandiosen Erkenntnis gelangt, dass Herr Wilden gelachelt hat. Und was fangen wir nun damit an?«

»Ein Monch ist Bernd Wilden vor dem Kloster begegnet. Er hat gesagt, dass Wilden auf dem Weg zum Parkplatz war und einen sehr zufriedenen Eindruck machte. Er hat den Monch wissen lassen, dass er erst am nachsten Tag wieder herkommen wurde, und sprach davon, am nachsten Morgen einen Termin zu haben und die Nacht dort in einem Hotel verbringen zu wollen. Jetzt frage ich Sie – auch Sie, Herr Assmann –, wo hatte er diesen Termin und um was ging es dabei?«

»Mir hat er nichts von einem Termin erzahlt, und ich hatte davon auf jeden Fall wissen mussen«, antwortete Assmann. »Selbst bei einer Sache, die sich kurzfristig ergeben hatte, ware eine Mail an mich das Mindeste gewesen. Es muss sich um etwas Privates gehandelt haben.«

»Das hei?t, er hat Sie auch nicht telefonisch von diesem Termin in Kenntnis gesetzt?«, fragte Tobias.

»Nein, bedauerlicherweise nicht.«

»Und Sie wussten ebenfalls nichts von einem Termin, Frau Tonger?«

Yasmin Tonger verschrankte die Arme vor der Brust und schuttelte den Kopf. »Nein, ich hatte keine Ahnung.«

»Wann haben Sie sich denn das letzte Mal gesprochen, Herr Assmann?«

»Personlich am Donnerstagmorgen, telefonisch am Freitagmorgen. Er ist ja bereits Donnerstag losgefahren, weil er vor der Fahrt hierher noch irgendeinen alten Schulfreund besuchen wollte …«

»Wissen Sie, wie der hei?t?«

Der Assistent schuttelte den Kopf. »Den Namen hat er nicht genannt, und wenn mir klar ist, dass es sich um private Dinge handelt, stelle ich auch keine Fragen. Mobil ware Herr Wilden ja ohne Weiteres zu erreichen gewesen.«

»Am Donnerstag wurde er aber bereits hier in Lengenich gesehen«, sagte Alexandra, was Assmann aufhorchen lie?.

»Tatsachlich? Ich vermute, ein Blick in seinen privaten Terminplan wurde da sicher weiterhelfen. Haben Sie es schon mal mit seinem Laptop versucht?«

»Wir nicht, aber Sie vielleicht. Sie haben ja so selbstverstandlich Wildens Zimmer ubernommen«, gab Tobias zuruck, und Alexandra hielt bei seinem vorwurfsvollen Ton unwillkurlich die Luft an.

»In seinem Zimmer befindet sich der Laptop nicht, und Bruder Johannes konnte mir auch nichts uber den Verbleib des Gerates sagen«, antwortete Kurt Assmann und hielt Tobias’ prufendem Blick ruhig stand. »Aber wenn Herr Wilden ja wegfahren wollte, wird er ihn sicher mitgenommen und im Wagen verstaut haben.«

»Da ist er nicht, genauso wenig wie sein Handy. Wir haben den Wagen bereits durchsucht und nichts gefunden.«

»Sein Smartphone ist auch verschwunden?«, fragte der Assistent. »Das macht die Sache allerdings immer merkwurdiger! Und es spricht dagegen, dass Herr Wilden unglucklich gesturzt und in den Brunnen gefallen ist. Dann mussten die beiden Dinge ja noch irgendwo sein.«

»Genauso sehen wir das auch.« Alexandra verkniff es sich, ihn darauf hinzuweisen, dass sie ihn nach wie vor zum Kreis der Verdachtigen zahlte.

»Horen Sie, Frau Berger«, sagte Kurt Assmann nach einer kurzen Denkpause. »Wir sollten unsere Telefonnummern austauschen, damit wir uns kurzschlie?en konnen, wenn sich etwas Neues ergibt. Wir durfen in dieser Angelegenheit nicht noch mehr Zeit ungenutzt verstreichen lassen.«

»Das ist eine gute Idee«, stimmte sie ihm zu, innerlich jedoch auf der Hut. Er mochte sich im Augenblick noch so kooperativ verhalten, sie wurde ihm dennoch weiter mit Skepsis begegnen. Wenn er der Morder war, wollte er vielleicht nur herausfinden, wie dicht Tobias und sie ihm auf den Fersen waren. Waren sie in diesem Fall in Gefahr, ebenfalls von Assmann aus dem Weg geraumt zu werden? Alexandra verdrangte diesen unschonen Gedanken schnell und versuchte, sich auf das Wesentliche – die Spurensuche – zu konzentrieren.

Nachdem Kurt Assmann und sie die Handynummern ausgetauscht hatten, verlie?en Tobias und sie wieder den Saal. An der Tur blieb Alexandra noch einmal stehen und drehte sich um: »Sagen Sie mal, Herr Assmann,

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