Kloster zu verlaufen schien.

Im Inneren des alten Gemauers war es angenehm kuhl. Zwei Monche kamen ihnen entgegen, die ihnen freundlich zunickten und sich an die rechte Wand druckten, um sie passieren zu lassen.

»Und jetzt nach links«, lie? Tobias verlauten, als sie am Ende dieses Gangs angelangt waren.

Alexandra fiel mit einem Mal etwas ein. »Du, ich habe eben deinen Wagen gar nicht gesehen. Oder gibt es hier noch einen zweiten Parkplatz?«

»Nein, nein.« Er winkte ab. »Ich habe auf dem Ruckweg von Portugal einen kleinen Abstecher hierher gemacht. Ich bin uber Frankfurt nach Luxemburg geflogen und von da mit einem Mietwagen weitergefahren, so einem winzigen Fraueneinkaufsauto …«

»Fraueneinkaufsauto?«, wiederholte Alexandra und kniff gereizt die Augen zusammen. »Warum hast du denn den Wagen uberhaupt genommen, wenn er dir nicht gut genug ist? Oder wollte man dir nichts mit mehr PS anvertrauen?«

»Es gab nichts anderes mehr«, stellte er klar. »Au?erdem geht es mir nicht um die PS, von denen dieser Polo im Ubrigen genug hat. Ich habe nur lieber etwas mehr Platz im Wagen.«

»Ja, klar.« Sie grinste breit. »Du musst ja bequem deine Einkaufe aus dem Baumarkt und ein paar Kasten Bier verstauen konnen.«

»Sagt die Frau, die selbst einen protzigen Audi fahrt!«

»Ein Audi, der fast drei?ig Jahre auf dem Buckel hat, ist kein protziger Audi, sondern ein Klassiker.«

»Voila, da sind wir. Letztes Zimmer auf der rechten Seite.« Er deutete auf die Tur am Ende des Gangs, in den durch ein schmales, hohes Fenster Sonnenlicht fiel.

Alexandra schloss auf und nahm Tobias die Tasche ab. »Also dann … Wir sehen uns spater, ich mochte mich erst mal mit meiner Umgebung vertraut machen.«

»Lass dir ruhig Zeit«, gab er feixend zuruck und sah zu, wie sie die Tur hinter sich schloss. Dann zahlte er leise die Sekunden, bis Alexandra die Tur wieder offnete und nach drau?en auf den Gang kam.

»Das ist mein Zimmer?«, fragte sie unglaubig. »Dieser Monch hat mir nicht zufallig den Schlussel fur die Abstellkammer gegeben, oder?« Sie drehte sich nach links und betrachtete die Abstande zwischen den Turen auf derselben Gangseite. »Schlie? mal bitte dein Zimmer auf!«, forderte sie Tobias auf.

Mit einem Schulterzucken kam er ihrer Bitte nach und trat dann einen Schritt zur Seite, damit Alexandra in den Raum sehen konnte.

»Ich fasse es nicht!« Ihre Augen blitzten argerlich, als sie sich wieder zu Tobias umwandte. »Du hast dir einfach das gro?ere Zimmer unter den Nagel gerissen! Das ist eine Frechheit!«

»Ich war halt vor dir hier«, hielt er gelassen dagegen. »Au?erdem sind die beiden Zimmer auf den Verlag reserviert worden, aber nicht auf einen bestimmten Namen.«

Jetzt reichte es Alexandra wirklich! »Du warst vor mir hier? Was ist denn das fur ein Argument? Wenn es danach geht, habe ich Anspruch auf das gro?ere Zimmer. Schlie?lich war ich ursprunglich die Einzige, die herkommen sollte. Du hast dich blo? an mich drangehangt, um mir ein paar Tage rund um die Uhr auf die Nerven gehen zu konnen.« Kaum hatte sie zu Ende gesprochen, wunschte sie, sie hatte kein Wort gesagt. Es war Tobias wieder mal gelungen, sie so weit aus der Reserve zu locken, dass sie unsachlich wurde. Das war ihr schon ein paarmal im Verlag passiert, wenn es zu Uberschneidungen bei den Themen ihrer Magazine gekommen war. Obwohl es eindeutig gewesen war, dass Tobias sich bei ihren Ideen bedient hatte, um mit eigenen Artikeln zu glanzen, war er immer so geschickt vorgegangen, dass er keine Spuren hinterlassen hatte.

»Bruder Andreas hat mich gefragt, welches Zimmer ich haben wollte, das gro?e oder das kleinere, und da habe ich mich fur das gro?e entschieden, weil ich schon in diesem Zwergenauto unterwegs sein muss«, erklarte er mit Unschuldsmiene. »Ich wusste nicht, wie gro? der Unterschied zwischen beiden Zimmern sein wurde.«

Sie brummte etwas Unverstandliches.

»Wir konnen ja …«, begann Tobias nachdenklich.

Wollte er ihr tatsachlich vorschlagen, dass sie die Zimmer tauschten? Sollte sie auf ein solches Angebot eingehen? Oder wurde sie sich nur selbst damit schaden, weil sie ihm damit die Gelegenheit gab, sie spater als Diva hinzustellen, die sich nicht mit einem kleinen Zimmer begnugen konnte?

»… dein Bett in mein Zimmer schieben, dann haben wir gleich viel Platz«, beendete er seinen Satz und zwinkerte ihr zu.

Alexandra verdrehte die Augen und schnaubte frustriert. »Tobias, kannst du eigentlich ein einziges Mal auf deine anzuglichen Bemerkungen verzichten? Wird dir das nicht irgendwann mal langweilig? Oder wenigstens peinlich?«

Wahrend er breit grinsend dastand, wandte sie sich ab und ging zuruck in ihr Zimmer … als ihr plotzlich etwas Schwarzes entgegengeschossen kam und sie vor Schreck einen Schrei ausstie?.

3. Kapitel

»Was ist denn das?«, rief Alexandra erschrocken und machte einen Satz nach hinten, bis sie sah, dass es sich bei dem schwarzen Etwas, das nun in der offen stehenden Tur zu ihrem Zimmer sa?, um eine Katze handelte. Offenbar hatte ihr Aufschrei das Tier so irritiert, dass es sich nicht weiter von der Stelle ruhrte, sondern den Kopf leicht schrag legte und Alexandra aus grunen Augen aufmerksam betrachtete.

»Sieht nach einer Katze aus«, meinte Tobias. »Vermutlich ist das Kater Brown.«

»Pater Brown?«, fragte sie. »Wo ist Pater Brown?«

»Nicht Pater, sondern Kater Brown.«

»Wie lange bist du schon hier, dass du alles und jeden kennst?«, wollte Alexandra wissen, da sie der Verdacht beschlich, dass Tobias einen deutlichen Wissensvorsprung vor ihr hatte, was die Verhaltnisse im Kloster anging.

»Nicht mal eine Stunde. Von dem Kater wei? ich auch nur, weil einer der anderen Monche am Empfang nach ihm gefragt hatte, als ich gerade einchecken wollte. Vielleicht ist das auch gar nicht Kater Brown, sondern irgendeine andere Katze.« Tobias zuckte mit den Schultern. »Ich frage mich nur, wie er da reingekommen ist …« Alexandra warf einen Blick in ihr Zimmer, dann nickte sie. »Das Fenster ist zum Luften geoffnet. Bestimmt ist er auf diesem Weg eingestiegen.«

Plotzlich wurde eine Tur auf der anderen Seite des Flurs aufgerissen.

»Geht das eigentlich auch etwas ruhiger?«, polterte Bernd Wilden, uber den Alexandra sich erst vor ein paar Minuten im Foyer so geargert hatte. »Sie?«, fuhr er sie an, dann wanderte sein Blick weiter zu Tobias. »Und Sie auch schon wieder! Na, dann wundert mich ja gar nichts mehr. Horen Sie, ich habe mich in mein Zimmer zuruckgezogen, weil ich in Ruhe telefonieren muss, und ich ware wirklich sehr dankbar, wenn Sie dafur sorgen konnten, dass meine Gesprachspartner keine Hintergrundgerausche mitbekommen, die sie glauben lassen, ich wurde mich auf einer Dorfkirmes befinden.« Er bedachte sie mit einem weiteren vorwurfsvollen Blick und zog die Tur zu seinem Zimmer wieder hinter sich zu.

»›Sie schon wieder‹?«, fragte Alexandra. »Dann bist du auch schon mit ihm aneinandergeraten?«

»Ja, auf dem Parkplatz. Ich hatte meinen Wagen abgestellt und war ausgestiegen, da kommt er mit seinem Porsche Cayenne auf mich zugerast, springt raus und brullt mich an, ich solle seinen Platz frei machen.«

»Wilden im Porsche Cayenne? Braucht er nicht eine Leiter, um uberhaupt in den Wagen einsteigen zu konnen?«

»Nicht nur das.« Tobias lachte. »Ich vermute, dass da auch noch eine Spezialfirma ranmusste, um den Sitz so umzubauen, damit er uber das Lenkrad schauen kann. Dieser Kerl ist einfach unertraglich.«

»Oh, hast du etwa deinen Meister gefunden?«, erkundigte sie sich amusiert.

»Ach, Quatsch! Ich habe ihm gesagt, er solle woanders parken, schlie?lich waren noch genug Platze frei, aber der Kerl hat sich einfach auf dem Absatz umgedreht und ist weggestiefelt. Seinen Wagen hat er vor meinem stehen lassen. Wenn ich jetzt auf die Schnelle wegmusste, kame ich nicht aus der Lucke. So was macht mich wirklich sauer.«

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