in sein Bewu?tsein drang. Und als er endlich erwachte, mu?te er noch einige Minuten warten, bis er die Muskeln bewegen konnte.

Er ging schwankend in die kleine Kabine zur Kontrolltafel und schaltete fluchend die Alarmanlage aus. Er hatte vergessen, da? die Alarmglocke Impulse aussandte, und wu?te nicht sicher, ob die Wande seines Schiffes diese Impulse abschirmen wurden. Die Suchgerate reagierten wild, die Nadeln zuckten zwischen den Positiv- und Negativgrenzen hin und her. Er wu?te, da? ein Schiff zweiter Ordnung vorbeigeflogen war.

Soviel konnte er an seinen Skalen ablesen. Aber er hatte ein Experte sein mussen, um den Typ des Schiffes, seine Geschwindigkeit und die Entfernung, in der es an ihm vorbeigeflogen war, zu bestimmen.

Nach ein paar Minuten beruhigten sich die Nadeln. La Roque blieb vor der Kontrolltafel stehen. Er war uberzeugt, da? der Zwischenfall Folgen haben wurde. Und er behielt recht. Die Storungen traten nach einer halben Stunde wieder auf und dauerten vier Stunden an. Manchmal zitterten die Nadeln wie verruckt, manchmal schlugen sie mit lautem Klicken an den Endpunkten der Skalen auf. La Roque war unfahig, aus diesem Wirrwarr etwas herauszulesen.

Ein Schiff zweiter Ordnung, das sich auf geradem Kurs befand, sandte nur wenige elektromagnetische Wellen von niedriger Frequenz aus. Die Wellenfront war kegelformig, und an der Spitze des Kegels befand sich das Schiff. Durch die Beschleunigung dehnte sich der Kegel aus. Wenn ein Schiff nicht in gerader Linie flog, sondern alle paar Minuten oder Sekunden seinen Kurs anderte, wurde die Form der Wellenfront ziemlich kompliziert, die sich au?erdem spiralenformig bewegte. Die Spuren eines solchen Fluges zu verfolgen, mu?te einen qualifizierten Mathematiker zur Verzweiflung treiben. Ein Amateur war von vornherein auf verlorenem Posten. Im Umkreis von Milliarden Meilen vibrierte der Raum rund um die beiden Sonnen von Wellenfronten, die einander kreuzten, und jede versetzte die Nadeln auf La Roques Suchgeraten in wildes Zittern, und jedes Zittern lie? neue Schwei?bache aus den Poren des Fluchtlings brechen. Er erkannte, da? sein eigenes Schiff ebensolche Wellenfronten hinterlassen haben mu?te, die anderen Schiffen aufgefallen waren.

Er fragte sich, was seine Verfolger tun wurden und ob das System irgendwelche Planeten enthielt, die den Verfolgern Schwierigkeiten bereiten konnten. Er hatte nichts dergleichen gesehen, und auf der Karte war auch nichts eingezeichnet.

Aber solche Planeten konnten im truben Licht der beiden Sonnen fast unsichtbar sein, und wenn es solche Planeten gab, dann konnten sie eine Hilfe fur ihn bedeuten. Sie mu?ten Quadratmeile um Quadratmeile abgesucht werden.

Die Frage von primarer Wichtigkeit lautete: Wie lange wurden die Verfolger bleiben? Sicher, wenn sie genug Geduld besa?en, wurden sie warten, bis er keine Vorrate mehr hatte.

Vielleicht nahmen sie an, da? er einen Unfall gehabt oder sich auf einer Station von Gesetzlosen niedergelassen hatte. Wenn er keine Strahlungen oder Wellen aussandte, gaben sie viel leicht die Suche auf. Das konnte er tun. Die Dunkelheit storte ihn nicht besonders und im Schiff war es warm genug — sogar zu warm. Offensichtlich hatte er die Heizung falsch eingestellt.

Dann reagierten die Suchgerate nicht mehr, und La Roque wartete. Er schwitzte noch immer, jetzt nicht mehr vor Angst, sondern wegen der Hitze im Schiff. Es wurde immer unertraglicher.

Er entfernte seine au?ere Kleidung und fuhlte sich dann etwas besser.

Die Zeit kroch dahin. Er hatte nichts weiter zu tun, als sein eigenes Unbehagen zu fuhlen, das sich standig steigerte. Er verfluchte die Konstrukteure des Schiffes, die seine Einrichtung so kompliziert gestaltet hatten, da? ein normaler Mensch nicht damit umgehen konnte, die Manner, die die Me?gerate erfunden hatten, mit deren Hilfe er die Temperatur unter Berucksichtigung der Entfernung der beiden Sonnen eingestellt hatte. Seine eigenen Rechenkunste zu verfluchen, darauf kam er nicht.

Schon war er beinahe entschlossen, etwas weiter weg von den Sonnen zu fliegen, als ein Zittern der Zeiger der Suchgerate ihn rasch zur Anderung seines Entschlusses bewog. Er wartete und schwitzte. Und die Temperatur stieg.

Als er es schlie?lich aufgab, betrug die Temperatur hundertfunfzig Grad Fahrenheit. Noch dazu hatte die Klimaanlage zu arbeiten aufgehort, wie die anderen Gerate, die er abgeschaltet hatte, um moglichst wenig Strahlungen zu erzeugen. Die Luft im Schiff war verbraucht. Wenn man das alles in Betracht zog, dann hielt er es ohnehin verhaltnisma?ig gut aus. Aber langsam lie? seine Willenskraft nach. Auf schwachen Beinen ging er zum Schaltbrett und stellte die Sehfenster ein.

Die Energie zu fluchen, fehlte ihm. Sekundenlang konnte er nur in starrem Schreck auf die Sehfenster starren — und erkennen, wie falsch wieder einmal seine Annahmen gewesen waren.

Mit der Heizung war alles in Ordnung. Aber eine der Son nen — er wu?te nicht, welche — fullte das vordere Sichtfenster fast vollstandig aus, mit ru?igem Purpurrot. Er mu?te sich etwa drei?ig- oder vierzigtausend Meilen von ihrer Oberflache entfernt befinden. Seine Hand zuckte zu einem der Schalter, aber sofort zuckte sie wieder zuruck. Mit diesem Schalter wurde er das Schiff nur geradewegs in das Inferno, das ihm das Vorderfenster zeigte, hineintreiben. Er mu?te das Schiff wenden.

Er stellte die Steuerung ein, und es war ihm gleichgultig, welche Wellen er damit aussandte. Die Kontrollknopfe waren gluhend hei?, als er sie beruhrte. Der Geruch verbrannten Oles drang ihm in die Nase, als die Gyroskope sich drehten. Das Schiff erzitterte. Angespannt beobachtete er, wie es wendete.

Seine Hand lag bebend auf dem Schaltbrett. Aber das rote Gluhen auf dem Vorderfenster wich nur kurz dem friedlichen Schwarz des Raumes. Das Schiff begann um seine Langsachse zu rotieren.

Verzweifelt druckte er auf die Knopfe, die anderen Gyroskope setzten ein, aber das Schiff anderte die Position seiner Langsachse nur um etwa drei?ig Grad und drehte sich weiter.

Er wurde quer durch den Kontrollraum gewirbelt, prallte an die gegenuberliegende Wand. Er schrie auf, als er das hei?e Metall spurte. Wieder scho? sein Korper quer durch den Raum, schlug abermals gegen eine Wand. La Roque versuchte, sich zum Schaltbrett zu kampfen, seine Brandwunden zu ignorieren. Da versagte die Isolation des Schiffes. Die Wassertanks, die sich au?en am Rumpf entlangzogen, enthielten nur noch hei?en Dampf und konnten dem Druck nicht mehr widerstehen. Gerade als La Roque das Schaltbrett erreichte, hullte ihn eine Welle siedendhei?en Dampfes ein.

Im Suchschiff richtete sich der Mann auf, der an den Beobachtungsgeraten sa?.

„Das war es wohl. Jetzt ist er erledigt. Ich frage mich nur, was er so nahe bei den beiden Sonnen gemacht hat.“

„Vielleicht wollte er sich verstecken“, meinte der Zweite Pilot.

„Und vielleicht glaubte er, die Sonnen wurden die meisten seiner Wellen und Strahlen schlucken. Aber ich verstehe nicht, wie er annehmen konnte, er konne dort fur langere Zeit bleiben.“

„Ich wei?, was ich an seiner Stelle getan hatte. Ich hatte das Schiff in die Trojanische Position gebracht und abgewartet.

Dort hatte er unbegrenzt lange bleiben konnen. Ich wundere mich, da? er das nicht versucht hat.“

„Vielleicht hat er es versucht“, sagte ein Navigator, der bisher geschwiegen hatte. „Wenn ein so kluger Mann wie Sie das geschafft hatte, so kann man doch von so einem Burschen nicht das gleiche erwarten. Haben Sie schon jemals einen Planeten im Trojanischen Punkt irgendwelcher Doppelsonnen gesehen?

Ich wette, nein. Die Trojanische Losung funktioniert ausgezeichnet im Fall von der Sonne und Jupiter. Sie wurde auch bei der Erde und beim Mond funktionieren, da die Erde achtzigmal mehr Masse hat als der Mond. Aber ich kenne kein Zweiersystem, in dem die Klasseverhaltnisse ahnlich gelagert sind. Der Unterschied mu?te mindestens funfundzwanzig zu eins betragen.

Wenn er geringer ist, la?t sich die Trojanische Losung nicht durchfuhren. Fragen Sie mich nicht, warum. Den mathematischen Grund kann ich Ihnen nicht erklaren. Aber ich wei?, da? es stimmt. Die Stabilitatsfunktion bricht mit uberraschender Scharfe, wenn das Verhaltnis funfundzwanzig zu eins nur um weniges unterschritten wird. Unser entflohener Freund wu?te das nicht, genauso wenig wie Sie, und parkte sein Schiff direkt in der Bahn der sich schnell bewegenden Sonne.“

Er zuckte mit den Schultern und wandte sich ab.

„Leben und lernen, sagt man. Aber die Schwierigkeit liegt wohl darin, wie man uberlebt, wahrend man lernt.“

FEUERFEST

Hart wartete eine volle Stunde, nachdem die letzten Gerausche verstummt waren, bevor er vorsichtig die Tur seines Unterschlupfs offnete. Sogar dann fuhlte er sich noch minutenlang unsicher. Erst als er das Vorratslager grundlich durchsucht hatte, krauselte ein verachtliches Lacheln seine Lippen.

„Diese Narren!“ murmelte er. „Sie untersuchen ihre Ladungen uberhaupt nicht. Wie, glauben sie denn, konnen sie ihre Zonen kontrollieren, wenn so inkompetente Leute am Werk sind.“ Er blickte auf die Analysatoren am Unterarm seines Raumanzugs und revidierte seine Meinung ein wenig — die Luft im Lagerraum war pures Kohlendioxyd. Jeder, der Harts Wagnis unternommen hatte, aber ohne den Luftvorrat, uber den er verfugte, hatte es nicht uberlebt. Trotzdem, sie hatten nachsehen mussen, dachte der Agent.

Aber er hatte gar keine Zeit, die Handlungsweisen anderer zu analysieren, er hatte seinen eigenen Job zu tun, und allzu lange durfte er nicht dazu brauchen. Wie schlampig auch immer die Organisation dieser Abschu?station war, es gab keine Chancen, irgendwelche ihrer wichtigen Bereiche gefahrlos zu erreichen.

Erfolg und Tod lagen nahe beieinander.

Er glitt zuruck zu der Kiste, in die sein durch den Raumanzug an Umfang verdoppelter Korper kaum gepa?t hatte, setzte sorgfaltig wieder den Deckel darauf und versiegelte ihn neu.

Dann stellte er die Kiste weiter nach hinten, um der Moglichkeit zu entgehen, da? sie vielleicht als erste geoffnet wurde.

Dazu mu?te er mehrere andere Behalter nach vorn schieben.

Sie waren zwar gro?, aber nichts auf dieser im freien Fall befindlichen Station besa? ein Gewicht, und er beendete die Arbeit rasch fur einen Mann, der an das Fehlen jeglicher Schwerkraft nicht gewohnt war. Mit seinen Vorbereitungen zufrieden, ging Hart zur Tur des Lagerraums, aber bevor er sie offnete, blieb er stehen, um noch einmal im Geist seinen Plan durchzugehen.

Er mu?te in der Nahe des au?eren Randes der Station sein.

Der Geheimdienst war nicht in der Lage gewesen, Plane von dieser Abschu?station zu erhalten — eine Tatsache, die ihn eigentlich zum Nachdenken anregen sollte. Aber es gab keine Zweifel daran, wie er vorgehen mu?te. Der Lagerraum und die Wohnquartiere mu?ten gleich unter der Oberflache der Sphare sein. Dann wurde eine Abteilung mit Maschinen und Kontrollsystemen sich anschlie?en. Und in der Mitte, innerhalb der Abschirmung, die den Gro?teil der Station ausmachte, befand sich der „hei?e“ Sektor — die Raume, die die Kernreaktoren enthielten, die ferngesteuerte Maschinerie, die die Torpedos scharfmachte, die Torpedos, die der Hauptgrund fur die Existenz der Station waren.

Viele solcher Strukturen kreisten um die Erde. Jede Nation auf dem Globus unterhielt mindestens eine und fur gewohnlich sogar mehrere. Hart hatte eine solche Station besucht, die seinem Land gehorte, um sich mit der Technik und wenigstens einigerma?en mit der Schwerelosigkeit vertraut zu machen. Er hatte die Plane der Station sorgfaltig studiert und sich von Wissenschaftlern die Funktion aller Teile erklaren lassen, ebenso, wie sich die Stationen der Westlichen Allianz von anderen unterschieden.

Und was das Wichtigste war, sie hatten ihm darlegen mussen, auf welche Weise man diese Stationen zerstoren konnte. Hart lachelte zynisch, als er daran dachte. Diese Leute, die das Vergnugen personlicher Freiheit der Zweckma?igkeit vorzogen, wurden sehen, was Zweckma?igkeit zu vollbringen imstande war.

Aber sein Zogern war nicht zweckma?ig. Er hatte seine Plane bereits lange vorher gemacht. Und es war hochste Zeit, da? er an ihre Ausfuhrung ging. Er mu?te sich in der Nahe von Raketentreibstoff befinden, und ein Teil der Luft in der Station mu? te genug Sauerstoff enthalten, um atembar zu sein. Ohne noch weiter zu zogern, offnete er die Tur und glitt hinaus in den Korridor.

Er ging nicht blindlings. Winzige Detektoren, die am Armgelenk seines Raumanzugs eingebaut waren, wurden ihn warnen, denn sie reagierten auf die infraroten Strahlen, den Wasserdampf, das Kohlendioxyd und sogar auf die Atemgerausche, die von einem Menschen ausgingen — au?er dieser Mensch trug einen nicht metallischen Anzug wie Hart. Offensichtlich besa? das Personal dieser Station aber nicht solche Anzuge, denn zweimal wahrend der ersten zehn Minuten wurde der Saboteur durch ein Reagieren seiner winzigen Instrumente in ein Versteck getrieben. Wahrend dieser zehn Minuten hatte er bereits ein gutes Stuck der au?eren Zone zuruckgelegt.

Er lernte rasch, da? ein Gebiet, in dem eine Kohlendioxyd- Atmosphare aufrechterhalten wurde, in seiner Ausdehnung beschrankt war. Wahrscheinlich diente es als Quarantane-Zone fur neu

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